Der deutsch-türkische Journalist Deniz Yücel und die türkische Journalistin Asli Erdogan werden in diesem Jahr gemeinsam mit dem mit 30.000 Euro dotierten Leipziger „Preis für die Freiheit und Zukunft der Medien“ geehrt. Mit Deniz Yücel und Asli Erdogan wurden nach Ahmet Altan (2009), Nedim Sener (2015) sowie Can Dündar und Erdem Gül (2016) erneut Preisträger gewählt, die durch die türkische Justiz unter Präsident Erdogan bedroht werden bzw. bereits inhaftiert sind. Durch die Wahl ihrer Preisträger solidarisiert sich die Medienstiftung mit allen aufgrund ihres Einstehens für eine freie Berichterstattung unter massiven Repressionen stehenden Journalisten in der Türkei.

„Mit der Vergabe unseres Preises an Deniz Yücel und Asli Erdogan ist ein Versprechen an den zum G20-Gipfel in Deutschland weilenden Präsidenten Recep Tayyip Erdogan verbunden. Seine Regierung und er werden die Forderung nach einer Rückkehr zur Pressefreiheit und nach Freilassung willkürlich verhafteter Journalisten ebenso wenig loswerden wie die Verantwortung für ihr politisches Handeln, für das sie eines Tages werden Rechenschaft ablegen müssen“, erklärt Stephan Seeger, Geschäftsführender Vorstand der Medienstiftung der Sparkasse Leipzig.

„Ein bekanntes Wort des Theologen Martin Niemöller endet mit der Zeile: ‚Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte‘. In diesem Sinne betont die Jury des Medienpreises, dass wir uns nicht an die Verfolgung von Journalisten in der Türkei gewöhnen werden“, bekräftigt Seeger. „Mit Deniz Yücel und Asli Erdogan ehren wir zwei Journalisten, die ernsthaft und streitbar ihrer Arbeit nachgehen, die das einstige Demokratieversprechen der türkischen Republik ernstnehmen und die wegen ihrer kritischen Berichterstattung durch eben diese Republik verfolgt werden.“

„Wir begrüßen die Wahl der Preisträger sehr“, sagt Lutz Kinkel, Geschäftsführer des Europäischen Zentrums für Presse- und Medienfreiheit in Leipzig. Kinkel weiter: „Präsident Erdogan trampelt auf der Europäischen Charta für Pressefreiheit herum und entfernt sich damit immer weiter vom demokratischen Konsens Europas. Mit Gummiparagrafen versucht die türkische Justiz, oppositionelle Stimmen zum Schweigen zu bringen. Deniz Yücel ist einer von mehr als 150 inhaftierten Reporterinnen und Reporter. Wir müssen Präsident Erdogan klarmachen: Journalismus ist kein Verbrechen.“

Die Statements früherer Leipziger Medienpreisträger finden Sie auf der Homepage der Stiftung. Die Preisverleihung findet am 6. Oktober 2017 in Leipzig statt.

Über die Preisträger

Deniz Yücel wurde 1973 in Flörsheim am Main geboren und besitzt die deutsche und türkische Staatsbürgerschaft. Nach Studium und Arbeit als freier Journalist war er zwischen 2007 und 2015 Redakteur der taz. Seit 2015 ist Deniz Yücel Türkei-Korrespondent der WeltN24-Gruppe. Durch seine Arbeit geriet er mehrfach mit den türkischen Behörden in Konflikt. Am 25. Dezember 2016 wurde Yücel zum wiederholten Mal verhaftet. Ihm wird vorgeworfen, „Propaganda für eine terroristische Vereinigung und Aufwiegelung der Bevölkerung“ betrieben zu haben. Seine strafrechtliche Verfolgung gilt als politisch motiviert.

Asli Erdogan wurde 1967 in Istanbul geboren. Sie studierte Informatik und Physik und war u. a. Mitarbeiterin am CERN in Genf. Seit 1990 verfasste sie mehrere Novellen und Romane wie z. Bsp. „Kirmizi Pelerinli Kent“ („Die Stadt mit der roten Pelerine“). Von 1998 bis zu ihrer Verhaftung am 16. August 2016 arbeitete sie für die linksliberale türkische Tageszeitung „Radikal“ sowie für die türkisch-kurdische Zeitung „Özgür Gündem“. Erdogan wird „Propaganda für eine illegale Organisation“, „Mitgliedschaft in einer illegalen Organisation“ sowie „Volksverhetzung“ vorgeworfen. Am ersten Prozesstag ordnete der Richter aus gesundheitlichen Gründen ihre Entlassung aus der Untersuchungshaft an. Der Prozess wurde fortgesetzt und eine Ausreisesperre verhängt, die im Juni 2017 vorerst wieder aufgehoben wurde.

Über den Leipziger Preis für die Freiheit und Zukunft der Medien

Mit dem „Preis für die Freiheit und Zukunft der Medien“ ehrt die Medienstiftung der Sparkasse Leipzig seit 2001 jährlich Journalisten, Verleger und Institutionen, die sich mit hohem persönlichem Einsatz für die Freiheit und Zukunft der Medien engagieren. Der Preis soll auch die Erinnerung an die friedliche Revolution in Leipzig am 9. Oktober 1989 wachhalten (www.leipziger-medienstiftung.de).

Weitere Informationen unter: www.leipziger-medienstiftung.de

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