Der sächsische Flüchtlingsrat weist auf einen aktuellen Abschiebungsfall hin, der in Dresden eine Solidaritätskundgebung provoziert hat. Es geht um Familie H., die von der Ausländerbehörde getrennt wurde. Der Vater wird den Angaben zufolge heute mit seinen Söhnen über Düsseldorf nach Armenien abgeschoben. Die psychisch erkrankte Mutter, die seit der Abholung von Vater und Söhnen am gestrigen Abend stationär behandelt werde, bleibe mit ihrer zehnjährigen Tochter zurück. Nach einem gescheiterten Abschiebeversuch sei sie suizidgefährdet; Anfang August habe sie versucht, sich das Leben zu nehmen. Wenige Wochen später sei der Vater ihres Ehemanns einem Herzinfarkt erlegen.

Juliane Nagel, Sprecherin der Linksfraktion für Migrations- und Flüchtlingspolitik, erklärt: Das Schicksal der Familie H. schockiert mich. Die Staatsregierung agiert weiter mit harter Hand gegen Familien – 2016 gab es in Sachsen mindestens 20 Familientrennungen durch Abschiebung (Drucksache 6/8097). 2017 waren es bisher mindestens drei. Die gestrige Abschiebung reiht sich ein in eine zutiefst inhumane Asylpolitik, die auch der sächsische Innenminister verantwortet. Um die Abschiebestatistik zu polieren, werden auch gut integrierte Familien zerrissen, die Gesundheit ihrer Mitglieder gefährdet, Erkrankungen ignoriert.

Der Schutz des Familienlebens ist ein Menschenrecht (Art. 6 Grundgesetz, Art. 8 Europäische Menschenrechtskonvention, Artikel 9 UN-Kinderrechtskonvention). In Deutschland wird es offenbar nur Einheimischen wirklich gewährt. Die CDU versucht vor der Wahl offenbar rigoros, dem rassistischen Ruf der Straße gerecht zu werden. Wir fordern, alle Familien zu schützen – Schluss mit der Trennung durch Abschiebung! Auch die Familie H. muss wieder vereint werden, damit ihr Leid nicht noch größer wird.

Das Innenministerium hat im Fall der Familie H. offenbar seine eigenen Maßstäbe verletzt. Vor einem Jahr wies man darauf hin, dass im Falle einer Aufenthaltsbeendigung Einzelfallprüfungen vorgenommen werden, wonach die „Umstände des Einzelfalls, insbesondere die Intensität der familiären Bindungen, das Alter der Kinder, die Betreuungsbedürftigkeit einzelner Familienmitglieder und die voraussichtliche Dauer der Trennung“ einbezogen werden müssen (Drs 6/5205). Dennoch fiel die Familie H. offenbar der Behördenwillkür zum Opfer: Während die Dresdner Ausländerbehörde für den 2. November 2017 eine amtsärztliche Untersuchung der erkrankten Mutter ansetzte, schlug die Zentrale Ausländerbehörde gestern einfach zu.

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Ein Blitzlicht in einen drögen Wahlkampf, in dem alle ungelösten Probleme unter den Tisch gelächelt werden

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