Auch vor den mächtigsten Gemäuern machen die Veränderungen des Klimas keinen Halt. Hitze- und deutlich längere Trockenperioden machen sich in historischen Gebäuden bemerkbar. Dabei sind Kulturdenkmale so sensibel wie unsere Umwelt. Geringe Luftfeuchte ist eine Gefahr für zahlreiche Kunstgattungen. Staatsminister Thomas Schmidt hat heute (28. August 2020) in Augustusburg zusammen mit dem Sächsischen Landeskonservator Alf Furkert und Wissenschaftlern ein Forschungsprojekt vorgestellt, das die klimatischen Einflüsse auf Denkmale untersucht.

In dem gemeinsamen Projekt erforschen die Otto-Friedrich-Universität Bamberg und das Institut für Diagnostik und Konservierung an Denkmalen in Sachsen und Sachsen-Anhalt e. V. (IDK) Kulturdenkmale, an denen Schäden durch Trockenheit bereits erkennbar sind. Ziel ist es, aus den erfassten Daten geeignete Strategien zu entwickeln, um Kulturdenkmale besser vor den klimatischen Änderungen zu schützen. Das Projekt mit dem Titel »Schadensrisiko für Kulturgut aufgrund zu geringer relativer Luftfeuchte in Innenräumen von national wertvollen Kulturgütern« wird von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt gefördert.

„Waren bisher meist zu hohe Luftfeuchten in historischen Gebäuden ein Problem, werden jetzt in Innenräumen zunehmend kritische Luftfeuchtewerte unter 40 Prozent gemessen. Diese geringen Luftfeuchten sind eine Gefahr für unsere zahlreichen Kunstschätze aus organischen Materialien, wie Leinwandgemälde, Papier- und Ledertapeten und gefasste Holzoberflächen, aber auch Wandmalereien“, sagte Staatsminister Schmidt.

Dabei könne es zu irreversiblen Schäden wie beispielsweise Rissbildung, Lockerung und Substanzverlust der Farbfassung kommen. „Die klimatisch bedingten Veränderungen und die daraus resultierenden Auswirkungen auf die Denkmale werden nunmehr in einer nationalen Umfrage erfasst und ausgewertet. Mit der anschließend zu erarbeitenden Strategie können wir hoffentlich viele Zeugnisse unserer Geschichte besser für unsere Nachkommen erhalten.“

„Der Auslöser für das Forschungsprojekt ist zu Recht die Sorge davor, was alles auf dem Spiel steht, wenn uns kein Ausweg aus der Klimakrise gelingt. Eine ungehemmte Erderwärmung von mehr als zwei Grad Celsius im Vergleich zur vorindustriellen Zeit würde ja zu teils irreversiblen Veränderungen nicht nur für Umwelt und Wirtschaft, Natur und Ressourcen führen.

Auf der Kippe stehen dann auch Kulturgüter wie Denkmale und Gemälde. In Gefahr ist somit nichts Geringeres als Geschichte. Das müssen wir aber bewahren – als prägenden Teil menschlichen Daseins. Der Kulturgüterschutz ist eine der Kernaufgaben der Deutschen Bundesstiftung Umwelt“, sagte Alexander Bonde, Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt.

In Sachsen werden vier Fallbeispiele, an denen Schäden durch Trockenheit bereits erkennbar sind, näher untersucht. In der Kirche des Schlosses Augustusburg bilden der Cranach-Altar und die Cranach-Kanzel von 1572 zwei der zentralen Ausstellungstücke des Schlossmuseums. Nach siebenjähriger Restaurierung wurde der Altar unter anderem mit einer „Klimabox“ ausgestattet, um eine Klimapufferung der Rückseite zu erreichen.

Schloss Moritzburg besitzt den weltweit größten Bestand barocker Ledertapeten. Diese wurden in den letzten Jahren aufwendig saniert und zeigen erneut Schäden in Form von Schrumpfungsrissen, welche auf die extremen Hitzeperioden zurückzuführen sind. Außerdem werden die Wandmalereien in der Albrechtsburg Meißen sowie der große Flügelaltar von 1515/1516 in der St. Nikolai-Kirche in Döbeln untersucht.

An den vier ausgewählten Beispielen wird das Klima am Objekt lokal erfasst. Mit diesen Daten kann das Raum- und Mikroklima in Hinblick auf seine Veränderungen erfasst und auf Schadensrisiken hin ausgewertet werden. Weiterhin wird die klimatische Umgebung an den vier Standorten miteinander verglichen.

Um zusätzliche Daten zu erhalten, sind Verwalter von historischen Liegenschaften (Institutionen und Privatpersonen) aufgerufen, sich an einer Umfrage zu beteiligen. So soll ein möglichst breites Bild der aktuellen Lage in ganz Deutschland entstehen. Denkmaleigentümer finden den Fragebogen unter: https://www.soscisurvey.de/kleiner_40/

Das IDK betreut die vier sächsischen Denkmalobjekte bereits seit vielen Jahren und konnte daher die Problematik der Trockenheit frühzeitig erkennen und dieses Projekt initiieren. Das IDK arbeitet eng mit dem Landesamt für Denkmalpflege in Sachsen (LfD) und dem Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt (LDA) sowie weiteren Akteuren, gemeinnützigen Trägern, Denkmalnutzern und -eigentümern zusammen.

Für ausgewählte Schwerpunktthemen und Projekte, die im Auftrag und in Zusammenarbeit mit dem LfD und dem LDA bearbeitet werden, erfolgte eine Förderung durch den Freistaat Sachsen und das Land Sachsen-Anhalt.

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