Weitverbreitete Pilzschädlinge bei Pflanzen lassen sich mit einer handelsüblichen Chemikalie gezielt bekämpfen, die bislang vor allem in der Medizin eingesetzt wurde. Das haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) und der Staatlichen Universität von Paraná in Brasilien herausgefunden.

Mithilfe eines umfangreichen Experiments sind sie einem neuen Stoffwechselweg auf die Spur gekommen, der sich mit dieser Chemikalie gezielt stören lässt und so viele bekannte Pflanzenpilze am Eindringen in die Wirtspflanze hindert. Über die Studie berichtet das Team in der Fachzeitschrift „Phytopathology“.

Der Pilz Colletotrichum graminicola ist weltweit verbreitet. Er befällt Mais und löst die sogenannte Blatt-Anthraknose aus, bei der die Blätter der Pflanzen zunächst vergilben und letztlich durch Gifte abgetötet werden. Der Pilz vermehrt sich über Sporen, die auf der Pflanzenoberfläche landen.

Dort finden sie eher unwirtliche Bedingungen vor: Es fehlen die meisten Nährstoffe, die die Pilze für ihre Entwicklung brauchen, vor allem Stickstoff. „So bleibt ihnen nur, einen Teil ihrer eigenen stickstoffhaltigen Moleküle abzubauen, zum Beispiel Bausteine der DNA oder RNA, die sogenannten Purine“, sagt der Pflanzenpathologe Prof. Dr. Holger Deising von der MLU.

Die Forscherinnen und Forscher um Deising haben einen Weg gefunden, diese für den Pilz wichtige Überbrückungsphase zu behindern. Hierfür gab das Team Acetohydroxamsäure auf die Pflanzen, die unter anderem zur Behandlung von schädlichen Keimen im menschlichen Magen genutzt wird und von der bekannt ist, dass sie den Abbau von Harnstoff behindern kann. “Die Säure verhindert, dass die eigentlich schädlichen Pilze in die Pflanzen einwachsen und infektiös werden können”, so Deising.

Das Team testete zudem, ob sich die Erkenntnisse von C. graminicola und Mais auf andere Pflanzen und Pilze übertragen lassen. Und in der Tat: Die Säure wirkte auch gegen zahlreiche andere Krankheitserreger, zum Beispiel den Echten Mehltau der Getreide, den Erregern der Kraut- und Knollenfäule der Kartoffel und gegen Mais- und Ackerbohnenrost. “Mit unserer Arbeit haben wir einen völlig neuen Ansatz für die Pathogenbekämpfung entwickelt, der auf einen bereits vorhandenen Wirkstoff zurückgreift und schnell zur Marktreife geführt werden kann”, sagt Deising.

Um zu diesen Erkenntnissen zu gelangen, führten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler umfangreiche Experimente durch. Sie wollten die molekularen Grundlagen dafür verstehen, wie der Pilz zu Beginn einer Infektion an Stickstoff gelangt. Dafür erzeugten sie zunächst eine Reihe von zufälligen Mutationen im Erbgut der Pilze.

„Wir haben die verschiedenen Pilz-Mutanten dann jeweils auf die Pflanzen gesetzt und beobachtet, welche davon nicht mehr infektiös waren“, so Deising. Eine dieser Mutanten hatte einen Defekt im Purin-Abbauweg. Um zu überprüfen, ob für den Infektionsdefekt der Mutanten tatsächlich fehlender Stickstoff verantwortlich war, gaben die Forscher diesen anschließend zusätzlich auf die Pflanzen. „Mit dem zusätzlichen Stickstoff waren auch die harmlosen Mutanten wieder infektiös“, sagt Deising.

Das Team konnte den gleichen Infektionsdefekt bei normalen Pilzen mit Hilfe von Acetohydroxamsäure erzeugen, weil diese auch den Purin-Abbauweg blockiert.

Die Studie wurde vom brasilianischen Bildungsministerium, dem brasilianischen Nationalrat für Forschungsförderung und im Rahmen der durch den Europäischen Sozialfonds (ESF) unterstützten internationalen Graduiertenschule „AGRIPOLY“ an der MLU gefördert.

Zur Studie: Benatto Perino E., Glienke C., Silva A. & Deising H. Molecular Characterization of the Purine Degradation Pathway Genes ALA1 and URE1 of the Maize Anthracnose Fungus Colletotrichum graminicola Identified Urease as a Novel Target for Plant Disease Control. Phytopthology (2020). doi: 10.1094/PHYTO-04-20-0114-R 

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Es gibt 3 Kommentare

Glyphosat wird nicht gegen Pilze eingesetzt. Hier kommt einfach noch eine handelsübliche Chemikalie zusätzlich aus Feld.

Wenn damit ohne genmanipulierte Pflanzen gearbeitet werden kann und das Mittel sich mit der Umwelt “gut” verträgt, könnte zum Beispiel gezeigt werden, dass am Ende Pflanzen auch ohne Glyphosat wachsen können.

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