Der Antrag V/A 196, der am 5. Oktober 2011 ins Verfahren ging, ist ein Unikum. Nicht nur, weil ihn die CDU-Fraktion ins Verfahren gegeben hat, sondern auch, weil die Stadtverwaltung nicht "Nein" gesagt hat. Für beide ist eine derart ausgreifende Umwidmung einer Straße ein Novum. Und passieren soll das im Leipziger Norden sogar noch in diesem Jahr. Eigentlich.

Es geht um die Umwidmung der Georg-Schumann-Straße, heute eine der lautesten und verkehrsreichsten Straßen in Leipzig. Und daher auch eine echte Problemstraße. Denn viel Verkehr bedeutet eben nicht auch viel Leben in einer Straße. Die Erfahrung hat die Stadt mit all ihren Magistralen gesammelt, ganz egal, ob genug Platz zum Parken vor den Geschäften war oder gar keiner. Ob es eine Hauptverkehrsstraße war oder gar eine Bundesstraße wie die Georg-Schumann-Straße.

Den Status soll sie verlieren. Noch 2012. Wenn der Umbau im nordwestlichen Teilstück des so genannten Mittleren Rings fertig ist und nach der Fertigstellung der umgebauten Max-Liebermann-Straße in diesem Jahr auch der umgebaute Kreuzungsknoten mit der Landsberger Straße für den Verkehr freigegeben werden kann. Dann kann endlich der Hebel umgelegt werden.

“Die Stadtverwaltung schafft die notwendigen Voraussetzungen, damit unmittelbar nach Fertigstellung der Max-Liebermann-Straße die förmliche Verlegung der Bundesstraßenfunktion B 6 und die tatsächliche Verlagerung der Verkehrsströme erfolgt”, schreibt die CDU-Fraktion in ihrem Antrag, der schon alle wesentlichen Ausschüsse durchlaufen hat. Im Januar zuletzt noch einmal den Fachausschuss für Stadtentwicklung und Bau und die Stadtbezirksbeiräte Nord und Nordwest. Wo der Antrag überall auf Interesse stieß. Denn nicht nur auf das Umlegen der Verkehrsströme warten im Nordwesten eine Menge Leute. Auch die Verkehrsberuhigung und der zukunftsfähige Umbau der Georg-Schumann-Straße selbst stehen auf der Tagesordnung.

Das zeigte im letzten Jahr auch der Workshop des Ökolöwen unter dem Motto “Mach’s leiser”, in dem die nächsten Ideen für eine sinnvolle Umgestaltung und vor allem Lärmberuhigung der Straße entwickelt wurden. Und zwar von den Anwohnern selbst, die heute noch unter dem teilweise höllischen Straßenlärm zu leiden haben.

“Die Negativentwicklung der Georg-Schumann-Straße als Wohn- und Geschäftsstraße ist unübersehbar, wesentliche Ursache ist die Verkehrsbelastung, die den Aufenthalts- und Wohnwert deutlich vermindert und zu ausbleibender Sanierung, Verfall, Leerstand und Trading-Down-Effekten führt. Seit Anfang der 90er Jahre ist es verkehrspolitisch unstrittig, dass in Verbindung mit einer Verlegung der Bundesstraßenfunktion B 6 der Straßenverkehr auf dem Mittleren Ring Nord zu bündeln ist und nachfolgend eine grundlegende Umgestaltung der Georg-Schumann-Straße zur sinnvollen Abwicklung des dort noch verbleibenden Verkehrs notwendig ist”, schrieb die CDU-Fraktion dazu.Und sie bezog sich mit ihrem Antrag explizit auf die Workshop-Ergebnisse: “Eine sinnvolle Lösung wäre eine den Straßenumbau vorwegnehmende Neugestaltung des Straßenraumes mittels Markierung. Damit kann die neue Verkehrsorganisation in der Praxis getestet werden, um bei Bedarf mit vergleichsweise geringem Aufwand nachbessern zu können. Als Grundidee für diese Neuaufteilung des Verkehrsraumes sehen wir den von Bürgern des Leipziger Nordens erarbeiteten Maßnahmevorschlag ‘Georg-Schumann-Allee’ im Rahmen des vom Umweltverband Ökolöwe durchgeführten Projektes ‘Mach`s leiser ! Mitwirken bei der Lärmaktionsplanung in Leipzig’. Die wesentlichen Elemente dieses Vorschlags sind: Umwidmung des Seitenstreifens zu Parkbuchten; angrenzend ein soweit wie möglich durchgehender und benutzungspflichtiger Fahrradstreifen; Führung des Kfz-Verkehrs in der verbleibenden Straßenmitte auf je einem Streifen, bei Gewährleistung der 2-Streifigkeit an Kreuzungszufahrten.”

In der Dienstberatung vom 20. Dezember stimmte die Stadtverwaltung dem CDU-Antrag zu. Brachte natürlich auch einen eigenen Änderungsvorschlag ins Verfahren. Denn bis zur Kreuzung Landsberger Straße ist der Mittlere Ring / B 6 dann zwar fertig und auch zwischen Landsberger Straße und Essener Straße kann der nötige Freiraum durch ein umgesetztes Parkraumkonzept hergestellt werden. Aber mit der “notwendigen Anpassung des Knotens Essener Straße/ Delitzscher Straße/ Max-Liebermann-Straße” sieht es noch nicht so gut aus. Da müssen erst Gelder beantragt werden. Die Stadtverwaltung vertröstet auf die Folgejahre.

Und wo die CDU-Fraktion ein präzisiertes Grundkonzept bis Ende 1. Quartal 2012 sehen möchte, beantragt die Verwaltung doch wieder etwas mehr zeitlichen Puffer: “Die Umsetzung wird im Jahr 2012 in Angriff genommen. Vertiefende Planungen an Lichtsignalanlagen und entsprechende verkehrstechnische Berechnungen unter Berücksichtigung der ÖPNV-Priorisierung sind darüber hinaus erforderlich. Die finanzielle Einordnung dieser vertiefenden Untersuchungen ist zeitnah zu prüfen.”

Das erläutert sie auch noch genauer: “Vertiefende Planungen, verkehrstechnische Berechnungen und Untersuchungen zu Optimierungsmöglichkeiten der Lichtsignalanlagen sind nur unter Beachtung der finanziellen Möglichkeiten und personellen Ressourcen möglich und bisher für 2012 nicht eingeordnet. Der Abschluss dieser Prüfungen kann unter diesen Voraussetzungen nicht bis zum Ende des 1. Quartals 2012 erfolgen.”

Die Bürger von Gohlis, Möckern und Wahren werden das nicht wirklich verstehen. Aber vielleicht wird’s ja zur Ratsversammlung am 29. Februar noch besser erklärt. Da steht der Antrag auf der Tagungsliste.

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar