Die Brücke zwischen Gießerstraße und Engertstraße erstrahlt nun nächtens in Blau. Damit wollen die Leipziger Wissenschaftlerinnen Professor Sylke Nissen und Karin Lange "die Aufenthaltsqualität am Karl-Heine-Kanal auch in den Abendstunden verbessern". Die Installation ist Schlussstein des REURIS-Projektes der EU zur Revitalisierung urbaner Fließgewässer.

“Ich kann gar nicht erwarten, dass es dunkel wird”, lautete am späten Montagnachmittag, 14. Mai, der sehnlichste Wunsch der Leipziger Soziologieprofessorin Sylke Nissen. Denn eine Lichtinstallation entfaltet ihre ganze Wirkung erst dann, wenn es rundherum so richtig dunkel ist.

Doch auch zur sonnenhellen Vorabendstunde war bei der Einweihung des elektrischen Farbenspiels gut zu erahnen, wie es künftig des Nächtens unter den Bögen der Brücke zwischen der Gießerstraße und der Engertstraße aussehen wird: nämlich blau.

“Mit der Beleuchtung der Brücke möchten wir dazu beitragen, die Aufenthaltsqualität am Karl-Heine-Kanal auch in den Abendstunden zu verbessern”, erläuterten die Leipziger Sozialwissenschaftlerinnen Professor Sylke Nissen und Karin Lange das Anliegen der Installation. Zur Umsetzung der Idee holten sie die Leipziger Leuchten GmbH, die Stadtwerke Leipzig, die Firma Seecon Ingenieure und die Stadtverwaltung Leipzig als Partner mit ins Boot.Die heutige Fußgängerbrücke entstand im späten 19. Jahrhundert als Gleisbrücke über den gerade entstehenden Kanal. Denn zur planmäßigen Erschließung des Fabrikenareals im Leipziger Westen gehörte ein Gleisanschluss für jedes Gewerbegrundstück zum Bahnhof Plagwitz – und von dort aus in die Welt. Wo heute Fußgänger und Radfahrer die Stadtlandschaft am Wasser durchqueren, verlief ursprünglich das Industriegleis P 1.

Die nächtliche Illumination der heutigen Fußgängerbrücke stellt zugleich den Schlusspunkt des EU-Projektes REURIS dar. REURIS steht dabei für “Revitalisation of Urban River Spaces”. Die Erkenntnisse des Projektes legten Sylke Nissen und Karin Lange in dem “Praxishandbuch zur Revitalisierung urbaner Fließgewässer” vor. Es trägt den programmatischen Titel “Wasser in der Stadt”. Es steht für einen Bewusstseinswandel, dass Flüsse für den städtischen Raum einen Gewinn darstellen – und eben keine Bedrohung.Mitgewirkt haben an dem europäischen Projekt Partner aus den polnischen Städten Bydgoszcz und Katowice, aus dem westböhmischen Plzen und der mährischen Hauptstadt Brno, mit der Leipzig ohnehin partnerschaftlich verbunden ist, sowie aus der Schwabenmetropole Stuttgart und eben aus Leipzig.

“Unsere Initiativen sollten die lokale Identifikation der Anwohner und Besucher stärken und die Sensibilität für die Gewässer im Herzen von Lindenau und Plagwitz erhöhen”, so Nyssen und Lange über ihre Aktivitäten im Leipziger Westen. Öffentlichkeitswirksamer Höhepunkt war die Aktion “Bis ans Ende der Welt” zu Pfingsten 2011 mit dem Kölner Aktionskünstler Frank Bölter.

Vor der Bootstour auf dem Karl-Heine-Kanal falteten Anwohner unter der Anleitung von Frank Bölter ein Mega-Papierboot. Das hielt sich dann über mehrere Kanalbiegungen und Brückendurchfahrten hinweg über Wasser. Doch ganz in der Nähe der nun nachtaktiven Brücke erlitt das Wasserfahrzeug dann doch Schiffbruch.

Dem großen Traum der Leipziger von einer – wenigstens touristischen – Wasserstraße von Leipzig-Plagwitz bis ans Meer tat das keinen Abbruch. Im Gegenteil: Leipzigs Baubürgermeister Martin zur Nedden (SPD) hofft weiter auf den Kanaldurchstich zwischen Lützner Straße und dem Lindenauer Hafen. Und darauf, dass dieser noch in diesem Jahr ins Werk gesetzt wird.

Diese Hoffnung verband der Stadtbaurat am frühen Montagabend mit der Bewunderung dafür, dass sich durch die Installation mit dem Wasser und dem Licht zwei Elemente begegnen.

www.reuris.gig.eu

www.reuris.uni-leipzig.de

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