Vielleicht sollte man sie wirklich trennen, die beiden Dörfer Burghausen und Rückmarsdorf im Leipziger Westen, so wie es die beiden Ortschaftsräte im Januar beantragt haben. Dabei ging es nur um aktuelle Bevölkerungszahlen, die die beiden Ortschaftsräte gern separat ausgewiesen haben wollten, um die Ortsteilpolitik besser justieren zu können. Aber während Rückmarsdorf den Verwaltungsvorschlag akzeptiert, will Burghausen die Trennung.

Auch wenn man eigentlich nichts gegen die Nachbarn hat, mit denen man gemeinsam im Jahr 2000 nach Leipzig eingemeindet wurde. „Die Ortsteile Rückmarsdorf und Burghausen werden verwaltungstechnisch getrennt“, beantragt der Ortschaftsrat Burghausen in einem neu gefassten Antrag, nachdem die Verwaltung einen entgegenkommenden Vorschlag gemacht hatte.

Dass man ortsgenaue Bevölkerungszahlen braucht, ist natürlich verständlich. In den amtlichen Statistiken werden die beiden Ortsteile stets gemeinsam erfasst. 4.700 Einwohner haben sie – gemeinsam. Wenn man sie auseinanderklamüsiert, kommt man auf etwa 1.800 Einwohner in Burghausen und 2.900 in Rückmarsdorf, wobei beide Dörfer massiv vom Bauboom der 1990er Jahre profitierten, als hier reihenweise neue Wohnungen vor den Toren der großen Stadt Leipzig hochgezogen wurden, was viele Leipziger natürlich zum Umziehen bewog.

Die Steuerungsprobleme werden erst deutlich, wenn die Ortschaftsräte über Dinge wie Schulen, notwendige Kita-Plätze oder Pflegeplätze diskutieren wollen.

Und so beantragten die beiden Ortschaftsräte im Januar gemeinsam: „Historisch betrachtet sind die beiden Ortsteile Burghausen und Rückmarsdorf zum 01.01.2000 aus der Gemeinde Bienitz heraus nach Leipzig eingemeindet worden.

Beide Ortsteile werden seitdem von dem jeweiligen Ortschaftsrat vertreten.

Jegliche statistische Betrachtungen der Stadt Leipzig werden jedoch für beide Ortsteile gemeinsam vorgenommen. Gemäß §30 (1) Punkt 7 Hauptsatzung der Stadt Leipzig (Stand Juni 2019) gehört zu den Aufgaben der Ortschaftsräte ,die Information … in Ortschaftsratsangelegenheiten‘.

Diese Aufgabe des Ortschaftsrates kann nicht gewissenhaft ausgeübt werden, da die veröffentlichten Statistiken nicht für den jeweiligen Ortsteil repräsentativ sind. Dies betrifft u. a. Angaben zu Bevölkerungszusammensetzung und Altersstruktur. Damit konnten Fragen zur Schulentwicklung oder z. B. Teilfachplan Offene Seniorenarbeit 2019 nicht präzise durch den Ortschaftsrat an die Bürger übermittelt bzw. abgebildet werden.

Deswegen begehren die Ortschaftsräte Rückmarsdorf und Burghausen die verwaltungstechnische Trennung der beiden Ortsteile und bitten hiermit um Zustimmung. Eine Trennung wirkt sich positiv auf die Verwirklichung der Demokratie und auf die Nähe zum Bürger aus.“

Mit Verwaltung hat das also eher nichts zu tun, sondern mit ortsgenauen Zahlen.

Worauf das Amt für Statistik und Wahlen der Stadt dann auch positiv reagierte und als Vorschlag für einen Beschluss formulierte: „Im Zuge einer verbesserten informationellen Versorgung der Ortschaftsräte Burghausen werden statistische Daten – soweit diese separiert für die o. g. Ortsteile verfügbar sind – zukünftig differenziert ausgewiesen. Dies betrifft insbesondere die im Antrag VII-A-00711 angesprochenen Daten zu Bevölkerungsstruktur und -entwicklung. Verfügbar gemacht werden differenzierte Daten fortan im Leipzig-Informationssystem (statistik.leipzig.de).

Weiter wird die vierteljährliche Ermittlung und Veröffentlichung der Einwohnerdaten der Stadtbezirke und Ortsteile im Statistischen Quartalsbericht und im Statistischen Jahrbuch für die beiden Ortschaften entsprechend ergänzt.

Darüber hinaus werden den Ortschaftsräten Burghausen und Rückmarsdorf auf Nachfrage weitere entsprechend differenzierte statistische Daten zur Verfügung gestellt, soweit diese für das jeweilige Ortschaftsgebiet vorhanden oder erschließbar sind.“

Also eigentlich alle Wünsche erfüllt. So sah es auch der Ortschaftsrat von Rückmarsdorf und fasste seinen Antrag neu: „Es erfolgt keine verwaltungstechnische Trennung der Ortsteile Rückmarsdorf und Burghausen. Stattdessen werden alle regelmäßigen statistischen Informationen und Publikationen, insbesondere zu Bevölkerungsstruktur im Leipzig-Informationssystem, dem Statistischen Quartalsbericht und dem Statistischen Jahrbuch zukünftig differenziert für die Ortsteile Burghausen und Rückmarsdorf ausgewiesen und als Einzelberichte den Ortschaftsräten und Ortsvorstehern bereitgestellt.“

Der Ortschaftsrat Rückmarsdorf hat entsprechend in seiner Sitzung am 19. Mai beschlossen, den Verwaltungsstandpunkt zu übernehmen. Womit er darauf reagiert, dass der Ortschaftsrat Burghausen sein Beharren auf dem Ursprungsantrag als neu gefassten Antrag formuliert hat. Siehe oben.

Natürlich muss es gar nicht zur verwaltungstechnischen Trennung kommen. Denn die Ortschaftsräte können zwar Anträge formulieren – entscheiden wird darüber eh der Stadtrat. Und der tagt zu diesem Thema wieder am 10. Juni in der Kongresshalle. Und wirklich erhebliche Gründe, dem Verwaltungsangebot nicht zu folgen, sind nicht sichtbar.

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