Das ist doch mal eine Nachricht. "Zahl der Beschäftigten an Sachsens Hochschulen weiter gestiegen", meldete das Statistische Landesamt am 29. Juli. Die Wissenschaftsministerin und der Finanzminister werden sich auf die Schenkel geklopft haben: So macht man das in Sachsen: Man kürzt Geld und Personalstellen und hat am Ende mehr Beschäftigte. Klingt das jetzt zynisch? - Zahlen können so schön trügerisch sein.

“An den 27 Hochschulen und zwei Hochschulkliniken in Sachsen waren 2012 insgesamt 41.491 Personen beschäftigt”, meldete das Statistische Amt aus Kamenz. 21.657 Mitarbeiter an den sächsischen Hochschulen waren weiblich, 25.134 Beschäftigte (60 Prozent) waren dem wissenschaftlichen und künstlerischen Personal zuzuordnen. Im nichtwissenschaftlichen Bereich, zu dem unter anderem der Pflegedienst, die Verwaltung sowie die Bibliotheken zählen, arbeiteten 16.357 Personen (39 Prozent). “Erfasst wurden dabei alle Beschäftigungsfälle unabhängig von der Dauer des Arbeitsverhältnisses, der Arbeitszeit oder der Finanzierung”, betont das Amt und weist damit auch darauf hin, dass Beschäftigte in Sachsen eben nicht gleich Beschäftigte sind. Gezählt wird alles – vom Prof bis zur Stundenkraft.

Und wenn man das weiß, verknappt sich das Ganze. Denn hauptberuflich waren im wissenschaftlichen und künstlerischen Bereich nur 11.281 Menschen als wissenschaftliche
und künstlerische Mitarbeiter, 2.224 als Professoren, 485 als Lehrkräfte für besondere Aufgaben sowie 143 Dozenten und Assistenten tätig.

11.001 waren nebenberuflich beschäftigt, betont das Amt. Der Blick in die Tabelle spricht dann Bände. Die Zahl der bestellten Professorinnen und Professoren hat sich gegenüber 2011 tatsächlich um sieben (7) leicht erhöht auf besagte 2.224. Dafür befindet sich die Zahl der angestellten Dozentinnen und Dozenten seit 2003 im Sinkflug. Von damals noch 513 sind im Jahr 2012 nur noch 143 übrig geblieben. Die Zahl der wissenschaftlichen und künstlerischen Mitarbeiter hat von 6.754 auf 11.281 deutlich zugelegt. Viele von ihnen sind nur befristet angestellt.

Aber regelrecht aufgeschwemmt wird die Zahl der Hochschulbeschäftigten durch das so genannte nebenberufliche Personal. Das sind in der Regel Studierende, die als Hilfskräfte immer öfter da einspringen, wo es mit dem vorhandenen Personal nicht mehr zu schaffen ist. 2011 ist die Zahl der “wissenschaftlichen Hilfskräfte” in dieser Zählung regelrecht explodiert – von 1.774 im Vorjahr auf 7.719. 2012 ist sie noch weiter angestiegen – auf 8.454.

“Im Verwaltungs-, technischen und sonstigen Bereich waren unter anderem 4.269 in der Verwaltung, 3.532 im Pflegebereich, 2.634 als Technisches Personal und 1.171 Auszubildende/Praktikanten tätig. 407 Professorinnen und 1.817 Professoren lehrten und forschten hauptberuflich, das sind 7 mehr als im Jahr 2011. 29 Juniorprofessoren und 10 Juniorprofessorinnen waren 2012 an Sachsens Hochschulen beschäftigt, die meisten (13) in der Fächergruppe Mathematik, Naturwissenschaften”, vermeldet das Statistische Landesamt weiter.Und dann erinnern die Statistiker daran, das Sachsens Hochschulen mittlerweile nur noch funktionieren, weil sie mit einem enormen Aufwand Drittmittel einwerben. “29 Prozent der Beschäftigten (12.210) an den sächsischen Hochschulen wurden 2012 aus Drittmitteln finanziert. Seit 2004 stieg die Finanzierung aus Drittmitteln kontinuierlich an.”

Fast ein Drittel des Personals an Sachsens Hochschulen wird schon aus Drittmitteln finanziert? – Das ist eine Menge. Und es erklärt auch, warum so viele sächsische Hochschulmitarbeiter nur befristet angestellt sind: Ihre Anstellung ist an die eingeworbenen Projektgelder gebunden. Wenn die Projekte auslaufen und keine Anschlussfinanzierung zustande kommt, stehen komplette Forscherteams wieder im Regen.

Was die am Montag vorgelegte Statistik natürlich nicht verrät: Wieviele Hochschulmitarbeiter sind tatsächlich fest angestellt? Und fest heißt: unbefristet.

Für 2011 gibt es so eine Statistik. Da bleibt vom hauptberuflichen wissenschaftlichen und künstlerischen Personal – 2011 immerhin 13.588 Personen (2012: 14.133) – nicht mehr viel übrig: Von den 13.588 waren ganze 3.605 unbefristet angestellt.

Der Maßstab sind nach wie vor die tatsächlich vom Freistaat zur Verfügung gestellten “Personalstellen”, auch wenn die Hochschulen jetzt scheinbar über das eigene Budget selbst entscheiden dürfen. Und die Zahl dieser Personalstellen ist seit 1998 permanent rückläufig – von 20.922 im Jahr 1997 auf 18.218 im Jahr 2011. Das sorgt unter anderem dafür, dass die Zahl der besetzten Professuren dauerhaft sinkt. Nur dummerweise sinken die Studierendenzahlen nicht. Im Gegenteil: Sie sind im Lauf des Jahrzehnts kräftig angestiegen.

Dass jetzt die Zahl der scheinbar an Sachsens Hochschulen “Angestellten” zu wachsen scheint, hat genau hier ihre Ursache – die Hochschulen versuchen, ihre Arbeit mit Drittmitteln und immer mehr in Mini-Jobs aufgesplittete Budgets zu bewältigen.

Aber wahrscheinlich werden sich Finanzminister und Wissenschaftsministerin trotzdem ein Bienchen an die Brust heften. So kann man wachsende Beschäftigtenzahlen generieren, indem man einfach weiterkürzt. Für den größten Teil der so Beschäftigten heißt das dann in der Regel: für weniger Geld befristet arbeiten. Auch so kann man einen Forschungsstandort auf Sparflamme halten.

Zur Statistik:
www.statistik.sachsen.de/download/200_Mi-2013/mi14213.pdf

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