Das klang doch fast zu schön, um wahr zu sein, als das Statistische Landesamt in der vergangenen Woche meldete: "6.063 Kinder mehr in Sachsens Kitas". Ein Geburtenboom, der ganz heimlich stattfand? - "Insgesamt 272.786 Kinder wurden im Freistaat Sachsen am 1. März 2013 in Kindertageseinrichtungen betreut, 6.063 mehr als im Vorjahr." Aber in dem Wort "Kita" steckt mehr drin, als man zuerst vermutet.

“Das waren 140.062 Jungen und 132.724 Mädchen bzw. 164.363 Nichtschulkinder und 108.423 Schulkinder.” Da ist also auch die Hortbetreuung mit enthalten. Allein die Zahl der Schulkinder, die im Hort betreut wurden, stieg binnen Jahresfrist von 105.584 auf die besagten 108.423. Der Zuwachs an fast 3.000 Plätzen geschah vor allem im Bereich der 8 bis 11 Jahre alten Schulkinder. Zeichen dafür, dass die Ganztagsschulbetreuung in Sachsen ausgebaut und angenommen wurde. Was vor allem mit der Beschäftigungssituation der Eltern zu tun hat: Die höchsten Betreuungsquoten bei Hortkindern haben zwangsläufig Dresden (89,5 %), Leipzig (88,3 %) und Chemnitz (87 %):

“Von den in Tageseinrichtungen betreuten Kindern waren 15,7 Prozent jünger als drei Jahre (2012: 15,9 Prozent) und in der Regel Krippenkinder, 44,5 Prozent waren drei Jahre und älter (2012: 44,5 Prozent) und gingen noch nicht in die Schule – also im Kindergartenalter und 39,7 Prozent gingen neben der Schule noch in den Hort (2012: 39,6 Prozent)”, so die sächsischen Statistiker. “Für die Kinder unter einem Jahr betrug die Besuchsquote 2,5 Prozent und bei Kindern im Alter von einem bis unter drei Jahren 60,0 Prozent. Für die Kinder von drei bis unter sechs Jahren lag die Besuchsquote bei 95,6 Prozent.”

Auch das merken die Statistiker aus Kamenz noch an: “Für 99,9 Prozent der Kinder war eine Betreuung an 5 Tagen pro Woche vereinbart. Für die Mehrzahl der Nichtschulkinder (80,9 Prozent) bestand ein Betreuungsvertrag für 36 und mehr Stunden pro Woche. An der Mittagsverpflegung in den Tageseinrichtungen nahmen 91,7 Prozent der Kinder teil (Nichtschulkinder 98,9 Prozent und Schulkinder 80,6 Prozent).”Auch das Thema Förderung betonten sie: “6.105 Kinder, die eine Tageseinrichtung besuchten, hatten einen nachgewiesenen erhöhten Förderbedarf wegen körperlicher bzw. geistiger sowie drohender oder seelischer Behinderung und erhielten zum Stichtag mindestens eine sogenannte Eingliederungshilfe nach SGB XII/SGB VIII.”

Dass die Zahlen, die prozentual für Sachsen quasi stabil blieben, im Detail deutliche Veränderungen zeigten, war dann aus den Tabellen abzulesen. Denn mehr als die Hälfte des Betreuungszuwachses gab es natürlich in der vorschulischen Betreuung. Den größten Zuwachs gab es dort ausgerechnet im finanzklammen Leipzig, wo die Zahl der betreuten 1- bis 6-Jährigen binnen Jahresfrist von 17.652 auf 18.525 stieg. In Dresden gab es im selben Zeitraum einen leichten Zuwachs von 21.178 auf 21.469. Die Landeshauptstadt hat also schon seit Jahren einen größeren Vorlauf – was Geburten anbetrifft genauso wie an verfügbaren Betreuungsplätzen.

Leipzig hat es augenscheinlich geschafft, 900 zusätzliche Betreuungsplätze zu schaffen.

Aber das reicht nicht. Auch das zeigt eine Zahl des Statistischen Landeamtes deutlich. Während die Betreuungsquote bei den 1- bis 3-Jährigen landesweit bei 60 Prozent liegt, hat sie in Leipzig 2013 gerade einmal 46,5 Prozent erreicht. Damit ist Leipzig landesweit das Schlusslicht. Die beiden Landkreise Leipzig und Nordsachsen kommen auf rund 75 Prozent, Dresden schafft es immerhin auf 53,3 Prozent, Chemnitz auf über 63 Prozent. Die Zahlen sind deshalb so wichtig, weil es genau jene Altersjahrgänge sind, für die die jungen Eltern in den Großstädten dringend Betreuungsplätze suchen, um selbst wieder in einen Gelderwerb zurückzukehren.

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Um den Dresdner Betreuungswert zu erreichen, müsste Leipzig allein 500 zusätzliche Krippenplätze schaffen, für den Chemnitzer Betreuungswert wären es fast 1.000.

Was Leipzigs junge Eltern erleben, ist also durchaus ein mit Zahlen fassbares Phänomen.

Stichtag für die Erhebung war übrigens der 1. März.

Am Montag, 2. September, reichte das Statistische Landesamt dann noch die neue Zahl des Kita-Personals nach. Mehr Kinder in den Einrichtungen bedeutet natürlich auch zusätzliches Personal: “33.091 Personen (2012: 31.932) waren am 1. März 2013 in den 2.815 sächsischen Kindertageseinrichtungen (2012: 2.800) tätig.” Neben 27.362 Frauen waren auch 1.449 Männer in den Kindertageseinrichtungen beschäftigt. Bei männlichem Betreuungspersonal hatte es einen Zuwachs von 238 gegeben, beim weiblichen Personal um 746.

Die komplette Meldung des Landesamtes für Statistik: www.statistik.sachsen.de/download/200_Mi-2013/mi16613.pdf

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