Immer mehr Menschen in Sachsen bekommen Räumungsklagen für ihre Wohnungen zugestellt. Das belegen die Antworten der Staatsregierung auf zwei Kleine Anfragen der Grünen-Landtagsabgeordneten Gisela Kallenbach. Zwischen 2007 und 2013 hat sich die Zahl der Klagen auf Zwangsräumungen in Sachsen von 2.512 auf 3.710 um fast 50 Prozent erhöht. Und die meisten Räumungsklagen gibt es nach wie vor in Leipzig.

In der Landeshauptstadt Dresden fiel die Steigerung mit 87 Prozent (von 440 auf 823) jedoch überdurchschnittlich hoch aus. Dramatisch zugenommen haben die Zwangsräumungen im Bereich des Amtsgerichts Zwickau. Hier gab es eine Steigerung um 160 Prozent (von 95 auf 244).

Statistisch gesehen erhielten im vergangenen Jahr in Sachsen mindestens zehn Personen pro Tag Klagen auf Zwangsräumung ihrer Wohnung oder in selteneren Fällen ihrer Gewerberäume.

“Diese Zahl wird sich dank CDU und FDP noch deutlich erhöhen. Seit dem 1. Mai 2014 gilt das neue Mietrechtsgesetz. Damit wird es möglich, Zwangsräumungen durchzuführen, noch bevor ein Gericht in einer Räumungsklage das Urteil gesprochen hat”, fürchtet Kallenbach. “CDU und FDP im Bundestag haben durchgesetzt, dass Mieter aufgrund einer einstweiligen Verfügung schon vor der Hauptverhandlung vor die Tür gesetzt werden können. Doch ob tatsächlich Zahlungsrückstände bestanden, die eine Kündigung rechtfertigten, ist zu diesem Zeitpunkt noch unklar. Im schlimmsten Fall heißt das: Prozess gewonnen, Wohnung zwangsgeräumt.”

Natürlich hat die Frage, ob es eine Räumungsklage gibt, immer mit dem Einkommen der Betroffenen zu tun. Aber wenn das Geld nicht mal für die gewöhnlichen täglichen Kostensteigerungen reicht, wird es bei Strom und Miete gerade für ärmere Haushalte schnell knapp. Da die Zahl der armen (und eben nicht nur armutsgefährdeten) Haushalt in Leipzig prozentual höher ist, lag die Zahl der vom Amtsgericht Leipzig ausgesprochenen Räumungsklagen schon seit 2005 deutlich über den Zahlen aller anderen Orte in Sachsen. 2012 wurde mit 1.032 Fällen erstmals die 1.000er-Marke überschritten, auch 2013 lag Leipzig mit 1.005 Fällen landesweit an der Spitze, nun aber erstaunlicherweise etwas dichter gefolgt von der Landeshautstadt Dresden mit 895 Fällen im Jahr 2012 und und 823 im Jahr 2013. Was zumindest dafür spricht, dass sich auch in der etwas reicheren Landeshauptstadt ein Teil der Armut verfestigt hat.

“Die sächsische Staatsregierung muss sich dem Thema endlich stellen. Steigende Mieten sind ein wesentlicher Grund für Zwangsräumungen. Wir setzen uns dafür ein, die Obergrenze für Preiserhöhungen bei Bestandsmieten abzusenken. Die Staatsregierung muss in den von Mietsteigerungen aufgrund von Wohnungsverknappung besonders betroffenen sächsischen Ballungsräumen Gebiete ausweisen, in denen die maximale Mieterhöhung innerhalb von drei Jahren auf höchstens 15 statt der üblichen 20 Prozent begrenzt wird”, fordert Gisela Kallenbach. “Darüber hinaus brauchen wir eine bessere Aufklärung. Für Menschen in prekären Situationen können Sozialämter die Mietschulden übernehmen und eine Zwangsräumung verhindern. Darüber zu informieren ist sinnvoller, als die sozialen und finanziellen Folgen zunehmender Obdachlosigkeit in Sachsen zu tragen”, sagt Kallenbach.

In der Antwort zur Kleinen Anfrage “Räumungsklagen und Zwangsräumungen in Sachsen” (Drs. 5/11803) ging die Staatsregierung von 1.874 Räumungsklagen im Jahr 2007 aus.

Dies würde bedeuten, dass sich im Jahr 2013 die Zahl der Zwangsräumungen verdoppelt hätte, stellt Kallenbach fest. In ihren Antworten auf die nachfolgende Kleine Anfrage “Zwangsräumungen von Wohnungen in Sachsen” (Drs. 5/14241) korrigiert die Staatsregierung die Zahl der Räumungsklagen im Jahr 2007 allerdings auf 2.512 deutlich nach oben, so dass sich die Zahl der Zwangsräumungen im Jahr 2013 um 50 Prozent erhöht hat.

Eine Erklärung, wieso die Staatsregierung ihre Zahlen rückwirkend so drastisch ändert, bleibt sie schuldig, merkt die Abgeordnete noch an.

Kleine Anfrage “Räumungsklagen und Zwangsräumungen in Sachsen” (Drs. 5/11803) mit Zahlen von 2005 bis Herbst 2012:
http://edas.landtag.sachsen.de/viewer.aspx?dok_nr=11803&dok_art=Drs&leg_per=5&pos_dok=-1

Kleine Anfrage “Zwangsräumungen von Wohnungen in Sachsen” (Drs. 5/14241) mit den Zahlen für 2012 und 2013:
http://edas.landtag.sachsen.de/viewer.aspx?dok_nr=14241&dok_art=Drs&leg_per=5&pos_dok=202

Zwangsräumungen 2007 bis 2013 tabellarisch von den Grünen zusammengestellt:
www.gruene-fraktion-sachsen.de/fileadmin/user_upload/ua/Zwangsraeumung-Raeumungsklagen_Tabelle_2014-05.pdf

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