Vom 14. bis 16. November trifft sich die Bundes-SPD zu ihrem Parteitag in Leipzig. Einerseits mitten in den Koaltionsverhandlungen mit der CDU, andererseits nach wie vor schwer um ihre eigene Basis ringend, wollen die Genossen in den kommenden zwei Tagen erörtern, wie links sie sein möchte, wohin sie der bisherige Kurs gebracht hat und was zukünftig mehr Zustimmung als die zurückliegenden 25,7 Prozent bei der Bundestagswahl 2013 bringen könnte.

Den Bundesparteitag der SPD hat Generalsekretärin Andrea Nahles auf der Neuen Messe in Leipzig am Donnerstag, 14. November, eröffnet. Nahles bereitete ihre Parteigenossen darauf vor, das Wahlergebnis vom 22. September tief zu analysieren. “Eine Volkspartei, die nur 25,7 Prozent geholt hat, die kann nicht alles richtig gemacht haben”, so Nahles vor 600 Delegierten und 2.500 Gästen. Sie wolle die SPD wieder zu einer starken linken Volkspartei machen, doch die Mitglieder dürften dies nicht mit Selbstmitleid machen.

Nahles lobte das konstruktive Denken, welches in der Partei im Vorfeld zur Bundestagswahl stattgefunden habe und dass die SPD so geschlossen stehe wie lange nicht. “Die SPD ist wieder bei sich, sie ist nur noch nicht wieder genügend bei der Bevölkerung”, sagte die Generalsekretärin. Die Partei sei unter Wert gestartet. “Doch das passiert uns nicht noch mal”, so Nahles.
Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung sprach heute das Grußwort zur Eröffnung des SPD Bundesparteitags auf der Neuen Messe. “Willkommen zu Hause”, sagt Jung vor 600 Delegierten und 2500 Gästen und erinnerte an das 150jährige Jubiläum, welches die Partei im Mai in Leipzig gefeiert hatte. “Und obwohl seit unserer Gründung 150 Jahre vergangen sind, kämpfen wir heute noch für einen Mindestlohn”, so Jung.

“In meiner Stadt, wie in vielen anderen auch, arbeiten 16.000 Menschen 40 Stunden die Woche und haben trotzdem nicht genug zum Leben. Und dann muss die Kommune die Kosten der Unterkunft tragen”, klagte der OBM an. Er rief dazu auf, eine neue kommunale Ordnung zu verankern. “Denn gerade auf kommunaler Ebene spüren die Menschen die direkten Auswirkungen der Politik.” Als Beispiel nannte er, unter anderem, wenn Jugendtreffs geschlossen werden müssten. Als Vizepräsident des Deutschen Städtetags beobachte er ein Auseinanderdriften von armen und reichen Städten.
Ex-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück bedankte sich auf dem SPD Bundesparteitag auf der Neuen Messe in Leipzig bei seinen Genossen. “Ihr habt mir applaudiert. Jetzt ist es an mir, Euch zu applaudieren”, so Steinbrück. Das Wahlergebnis nannte er enttäuschend. “Ja, wenn der Wahlkampf so gut gestartet wäre wie er dann zum Ende hin gelaufen ist, dann hätten wir wahrscheinlich ein besseres Ergebnis eingefahren”, sagte er. Steinbrück übernahm den Hauptteil der Verantwortung für diese Niederlage und lobte das Wahlprogramm der SPD in der Bundestagswahl, welches er vom ersten bis zum letzten Wort vertreten habe.

Dennoch müsse er zugeben: “Unser Programm hat nicht die Überzeugungskraft entwickelt, die wir uns erhofft hatten.” Daraus müsse die Partei lernen, dass es nicht darum gehe, die besseren Krisenmanager zu sein sondern die besseren Perspektiven zu eröffnen.

Er höre gelegentlich den Einwand, dass die Große Koalition die Partei klein mache und widerspricht dem entschieden. “Ich schlage vor, dass wir unsere Kraft mehr denn je darauf verwenden, das Gegenteil zu erreichen. Das heißt, unsere Leistungen und Erfolge zu unterstreichen. “Unbenommen der Wohlfühl-Wahlkämpfer von CDU/CSU haben viele Bürger das Gefühl von Ohnmacht”, so Steinbrück. Hier komme die SPD ins Spiel. Mehr denn je müsse sie gegen Resignation und Rückzug aus dem Politischen arbeiten. Die SPD könne sich seiner Solidarität, die er ihr seit seinem Parteieintritt im Jahre 1969 entgegenbringe, auf immer sicher sein, sagte Steinbrück.

Für seine Rede erhielt er Minuten dauernden stehenden Applaus.
Die FDP hat mit ihrer Schlappe bei der Bundestagswahl eine gerechte Strafe bekommen. Diese Meinung vertritt Parteivorsitzender Sigmar Gabriel heute auf dem Bundesparteitag in Leipzig: “Die FDP ist endlich dort, wohin man gehört, wenn man nur noch eine radikale Politik für eine kleine gemeinwohlfeindliche Klientel betreibt – nämlich raus aus dem Bundestag.” Wenn dies, vor dem Hintergrund des eigenen schwachen Ergebnisses, auch nur ein schwacher Trost sei, so scheint die Partei in die Lücke stoßen zu wollen.

Diesen Vorschlag machte der ehemalige Kanzlerkandidat Peer Steinbrück: “Schnappen wir uns den Begriff des Liberalismus in seiner Ursprünglichkeit, den die FDP preisgegeben hat.” Zuvor hatte er es die Aufgabe des nächsten Jahrzehnts genannt, mehr Demokratie zu wagen und nannte die Rückgewinnung des Politischen, die Renaissance einer sozialen Marktwirtschaft, den Schutz der Freiheit und Selbstbestimmung des Einzelnen als Ziele.
Sigmar Gabriel bleibt Vorsitzender der SPD. Auf dem Bundesparteitag in Leipzig bestätigten ihn die 588 Delegierten mit 83,6 Prozent im Amt. Gabriel hatte zuvor einen Rechenschaftsbericht abgelegt, in welchem er den Wahlkampf der diesjährigen Bundestagswahl aufarbeitete. “Es gibt nichts zu beschönigen”, so Gabriel. Die SPD hat am 22. September das zweitschlechteste Wahlergebnis bei einer Bundestagswahl eingefahren.

Gabriel hatte für seine Rede einen verhaltenen Applaus geerntet und Hannelore Kraft, Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen, hatte gewünscht, dass ihm kräftiger zugeklatscht würde. “Das kann ein Parteivorsitzender immer mal brauchen”, so Kraft. Dem kamen die Genossen am Nachmittag, nach Gabriels Wiederwahl nach. Er erhielt stehende Ovationen. Gabriel nahm die Wahl an mit den Worten: “Ich danke für ein durch und durch ehrliches Wahlergebnis, aus das ist gut für so einen Parteitag.”
Die SPD verfügt über solide Finanzen. Dies ist das Fazit des Finanzberichts von Schatzmeisterin Barbara Hendricks auf dem heutigen Bundesparteitag in Leipzig. “Die Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen steigen wieder”, so Hendricks. Im vergangenen Jahr hatte die SPD, besonders durch die ihr gehörende Deutsche Druckerei- und Verlagsgesellschaft (DDVG) Einbrüche hinnehmen müssen. Die DDVG hält Anteile an Medienbetrieben, vorrangig Tageszeitungen, in ganz Deutschland. Zu 23,1 Prozent gehört ihr die Mediengruppe Madsack, welche wiederum die 100prozentige Eignerin der Leipziger Druckerei- und Verlagsgesellschaft, welche unter anderem die Leipziger Volkszeitung heraus gibt, ist.

Dadurch spürt auch die SPD den Umbruch in der Medienwirtschaft. “Die Medien werden durchgeschüttelt, allen voran die Printmedien”, so Hendricks. Die DDVG hatte im vergangenen Jahr ein positives Ergebnis eingefahren. Durch die Insolvenz der Frankfurter Rundschau jedoch, an welcher die DDVG mit 90 Prozent beteiligt war, kehrte sich dieses ins Negative. Die DDVG war für ihr Vorgehen bei der Rundschau von Journalistenverbänden stark kritisiert worden.

Für das laufende Jahr stellte Hendricks eine positive Bilanz in Aussicht. “Alles mit der Insolvenz der Rundschau Zusammenhängende ist nun bereinigt”, sagte die Schatzmeisterin. Sogar die vorsorglich getroffenen Rückstellungen könnten aufgelöst werden. “Wir haben mit unseren Finanzen einen attraktiven Wahlkampf bestritten ohne uns in den Ruin zu treiben”, resümierte sie.

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