Es geht für die Distillery-Betreiber um alles: Morgen, am 22. Januar 2014, übergeben sie vor der Stadtrats-Sitzung eine Liste mit über 10.000 Unterschriften an Oberbürgermeister Burkhard Jung. Denn der Erhalt des Technoclubs an der Kurt-Eisner Straße steht auf der Tagesordnung des Rats.

Die Fraktionen von SPD, Grüne und Linke beantragen gemeinsam, dass sich die Stadtverwaltung zum Club bekennt und zusammen mit dem Grundstückseigentümer, der Stadtbau AG, einen Bebauungsplan erstellt, welcher den Erhalt an angestammtem Platze vorsieht. Der erste Plan wollte anstelle der Distillery Wohnhäuser bauen. Das Areal rund um den Bayrischen Bahnhof, zu welchem das Grundstück zählt, wurde im Oktober vergangenen Jahres von der Deutschen Bahn an die Stadtbau AG verkauft. Über die Kaufsumme herrscht Stillschweigen. Stadtbau AG-Sprecher Torsten Woitag sagte damals: “Wir wollen erst ein gutes Gesamtkonzept für das Gebiet erarbeiten” Bisher will aber die Stadtverwaltung, dass der Club spätestens im Jahr 2018 umzieht. Nach einer Schonfrist von vier Jahren soll er Platz machen.

Drei Ratsfraktionen fordern jedoch, dass der Club bleibt. Und erfahren Unterstützung durch die Sammlung: “Über 10.000 Menschen, nicht nur aus Leipzig, haben sich mit ihrer Unterschrift für diese Forderung eingesetzt”, sagt Distillery-Sprecher Martin Driemel und erinnert daran, dass im September vergangenen Jahres bereits 2.000 Menschen für den Club demonstriert haben. Schon damals sollte der Distillery-Erhalt im Stadtrat zur Abstimmung kommen, wurde jedoch in den Fachausschuss für Stadtentwicklung verwiesen. Aus diesem kam er nun unverändert zurück und steht zum zweiten Mal auf der Tagesordnung.

Über zwei Punkte können die Ratsfrauen und -herren abstimmen. Punkt eins: “Die Stadt Leipzig bekennt sich zum Club ‘Distillery’ als wichtigem Bestandteil der Kulturstadt Leipzig.” Punkt zwei: “Die Stadt Leipzig bekennt sich zum Erhalt der Distillery” am Standort Kurt-Eisner Straße 91 und setzt sich dafür gegenüber dem Eigentümer des Geländes, der Stadtbau AG, ein. Insbesondere soll im laufenden Planungsverfahren gesichert werden, dass ein Weiterbetrieb am Standort durch die angestrebte Umfeldbebauung ermöglicht wird.” Es ist also der zweite Punkt, an dem sich das Schicksal der Distillery entscheiden könnte. Ein Bekenntnis zum Club ohne die Sicherung des Standortes würde nichts nützen.

Zur Begründung des Antrags heißt es unter anderem: “Der Leipziger Club Distillery ist seit 1992 zum wichtigen Bestandteil der Leipziger Szenekultur geworden, der weit über die Grenzen Leipzigs bekannt ist. Als ältester Club für elektronische Musik Ostdeutschlands ist die Distillery in der Region der erste Anlaufpunkt, wenn es um anspruchsvolle elektronische Musik geht.” Bereits im Jahr 2005 war der Club vom Kulturausschuss der Stadt als wichtige Einrichtung anerkannt worden. Das Club-Team organisiert Festivals und hat zum Beispiel das Musiklabel “Moonharbour” gegründet. Der Jahresumsatz des Clubs wird auf 650.000 Euro beziffert.

Die Fraktionen von SPD, Grünen und Linke schreiben auch, dass es bisher weder seitens der Deutschen Bahn, welcher das Grundstück zuvor gehört hat, noch von der Stadtverwaltung eine verbindliche Aussage über die Zukunft des Standortes gegeben habe. “Die neue Eigentümerin, eine Projektgesellschaft der Stadtbau AG zeigt sich nach Medienberichten offen, eine gute Lösung zu finden”, so die Fraktionen. Die Distillery strebe aus mehreren Gründen an, den aktuellen Standort zu halten. Eine Standortverlegung birgt unkalkulierbare Risiken für den Club. Neben nicht unerheblichen Neuinvestitionen in Brandschutz, Fluchtwege, Gebäude und Infrastruktur kann sich eine falsche Standortwahl negativ auf die Akzeptanz durch das Publikum auswirken.

Das Hin und Her um die Distillery begann im März 2011, als ein Entwurf zur Entwicklung des Bayerischer-Bahnhof-Geländes anstelle der Distillery Wohnhäuser plante. Bei verschiedenen Bürgerforen und Workshops kam es immer wieder zur Sprache. Die Stadtverwaltung hatte jedoch signalisiert, dass der Club an angestammtem Platze keine Zukunft habe. Inzwischen hat Stadtbau AG-Chef Patrik Fahrenkamp den Technoclub besichtigt. Distillery-Chef Steffen Kache hat den Termin in wohlwollender Erinnerung. Ein eindeutiges Ja zum Erhalt war von dem Baukonzern bisher aber noch nicht zu hören.

Zum Antragspapier der Ratsfraktionen:
www.distillery.de/ex/files/sharing/SaveTheDistillery/AntragStadtrat.pdf

Zum Artikel aus dem Stadtrat vom 22. Januar 2014 auf L-IZ.de
Der Stadtrat tagt: Distillery soll bleiben, wo sie ist

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