Im Saal der "Villa" werden gerade noch die letzten Debatten zum bevorstehenden Wahlkampf geführt, als Sebastian Czich, frisch gekürter Stadtratskandidat im Wahlkreis rings um Reudnitz-Thonberg, Stötteritz und Probstheida (ua.) auf der Bank Platz nimmt. Erstaunlich konzentriert ist der Parteitag verlaufen, der erste Schritt zu einem geschlossenen Wahlkampf scheint an diesem Samstag gemacht. Doch was wollen die Piraten eigentlich ändern? Sebastian Czich mit einer klaren Ansage im Interview: Wir haben unter anderem 12 Sofortmaßnahmen, die nichts kosten werden.

Hallo Sebastian Zschisch.
Czich.
Also Zich gesprochen?
Ja.

Zich, Zich – ich glaube jetzt hab ichs. Also Hallo Sebastian Czich, die Piraten auf ihrem Kreisparteitag oder wie nennt Ihr das?

Unsere Aufstellungsversammlung für den Stadtrat mit gekoppeltem Kreisparteitag.

Also heute Kandidaten und Wahlprogramm auf einmal. Also – wie ist die Grundlinie, was sind die drei, vier großen Themen der Piraten im Kommunalwahlkampf?

Erst wollten wir nur genau 10 Vorschläge machen, welche die Stadt nichts kosten, also ganz einfach zu finanzieren sind, aber eine Menge bringen würden. Nun sind es sogar 12 geworden. Unsere Kernthemen sind dabei, dass wir den Eindruck haben, dass der Stadtrat eher so eine Kungelrunde ist. Jetzt wurde es ja schon ein bisschen aufgelockert durch das von den Piraten initiierte Livestreaming, aber immer noch fehlt uns hier zum Beispiel, dass die Dinge, die der Stadtrat so behandelt, den Menschen im Vorfeld wirklich bekannt sind.

Es geht hier ganz klar um Transparenz, Nachvollziehbarkeit.

Weiter geht es uns natürlich auch um so menschliche Themen wie Asyl in Leipzig, wir stehen da ganz klar für eine Toleranz zu der sich auch alle anderen Kandidaten hier bekannt haben. Dabei vermissen einige von uns auch einfach den weltoffenen Charme der Stadt Leipzig – eine Einschätzung, der auch ich mich anschließen kann nach den teilweise unseligen Diskussionen der letzten Zeit. Wobei ich dennoch denke, dass da eben gewisse Elemente, die eben auch Teil unserer Gesellschaft sind, die treibenden Kräfte sind und es eben nicht die Masse der Leipziger ist.

Wollen wir mal bei dem Thema Stadtrat in die Tiefe gehen? Wie siehst Du Ausschüsse im Stadtrat, welche mit als “geheim” oder eben nicht öffentlich zugänglichen Akten Umgang haben? Gibt es dazu seitens der Piraten eine Idee, denn ganz einfach ist ja auch für eine Stadt nicht unbedingt der Umgang mit Ausschreibungen und daran hängenden Bietern und Firmen? Ist für Euch derjenige, der mit der öffentlichen Hand, also letztlich mit dem Bürger Geschäfte machen möchte nicht zwingend auch zur Transparenz verpflichtet?

Meine ganz persönliche Vorstellung bei diesem nicht leichten Thema ist, dass es solche Ausschüsse nicht geben darf. Zumindest nicht in der Form wie bisher. Ja, es muss sicher gewisse Gremien geben, wo man sich über Themen schon mal im kleinen Kreis unterhält, sie vorbereitet um mit Fachkräften gemeinsam eine gewisse sachliche Form herzustellen. Ich finde dabei auch nicht, dass dies Stadtratsmitglieder sein müssten, wofür haben wir sonst gut ausgebildete Verwaltungsmitarbeiter. Diese halte ich aufgrund ihrer Einstellung nach Fachkompetenz für besser geeignet, eine Voreinschätzung vorzunehmen.

Allerdings müssen diese Diskussionen und Vorentscheidungen transparent und für den interessierten Menschen nachvollziehbar gezeigt werden. Ohne geheime Akten, welche unter Verschluss gehalten werden und fair auch für die wirtschaftlich Kleineren, also das auch mal der Schlossermeister oder andere lokale Gewerke etwas mehr Aufträge erhalten, als immer nur die immer Gleichen in Leipzig.
Wie soll das gehen?

Das ist heute mit der verfügbaren Technik leicht umzusetzen. Informationen können ganz leicht für alle sichtbar im Internet veröffentlicht werden. Das existierende elektronische Ratsinformationssstem eRIS ist da ein Beispiel, wenn auch kein besonders gutes. Wer behauptet, es wäre nicht möglich, der möchte einfach nicht.

So kann man eben auch im gesetzlich möglichen Rahmen kommunale Vergabeverfahren automatisieren. Es fällt schon auf, dass eben die kleineren Unternehmen in Leipzig hier irgendwie nie wirklich zum Zuge kommen. Dies scheint in der Tat ein Phänomen in Leipzig zu sein.

Habt Ihr weiterführende Ideen in den Bereichen Wirtschaft, den immer drängender werdenden Energiethemen? Etwas, womit man Euch ja nicht immer gleich verbindet.

Nun einen Impuls sehen wir in der Idee, freies W-Lan für alle Bürger zu realisieren. Die gesetzliche Grundlage ist jetzt da, damit nicht derjenige für das Verhalten der User haftbar ist, der dies anbietet. Da ist zum Beispiel unsererseits angedacht, dass man einfach erstmal jedes städtische Gebäude mit einem W-Lan-Zugang ausrüstet.

Wie seht Ihr dabei die Kostenfrage? Also hinter dem W-Lan-Funk ist ja immer noch ein Anbieter, welcher den Zugang ins Netz realisieren muss, Traffickosten hat usw.?

Es gibt doch in Leipzig Anbieter, welche das bereits gratis anbieten. Wenn also die Stadt selbst dies in einem viel größeren Stil anbieten würde, wären die Kosten im Vergleich gesehen so klein, dass dies nicht der Grund sein kann es nicht umzusetzen. Beispielsweise die Firma “Westnetz” realisiert es bereits so. Sie vergeben einfach den Zugangsschlüssel hausweise und gut ist. (Anm. d. Red.: Es gibt schon auch Endversorgerpreise bei http://westnetz.org in Plagwitz aber sie sind gering)

Das ist natürlich nur ein weiteres Thema – 11 weitere, welche wir sofort umsetzen wollen, stehen online einsehbar ebenso fest.

Die Vorschläge werden wir einfach mal verlinken – sich selbst ein wenig zu informieren, gehört auch zum Wahlrecht. Vielleicht noch etwas zu Euren Kandidaten – Ihr habt nun in jedem Wahlkreis einen Kandidaten. Vergleichsweise wenig, wenn man so die anderen sieht.

Mindestens ein Kandidat pro Wahlkreis, es gibt auch einen mit drei Kandidaten und ich selbst trete auf Platz 2 mit Maren Müller im Wahlkreis 3 an.
Du bist ja schon etwas länger dabei bei den Piraten – ist dass für Euch ein Fortschritt nach unruhigen Zeiten im Kreisverband?

Was wir heute hier mit dieser Aufstellung und dem Parteitag gemacht haben, ist vom Verfahren her – also immer Aufstellung und Programmarbeit zu kombinieren – eine Kopie des Bundesparteitages in Bochum. Ich finde es war der beste Kreisparteitag, den wir je gemacht haben und es war eine fröhliche Runde. Da würde ich schon mal sagen, dass ist ein echter Fortschritt. Die Leute müssen halt auch mitziehen wollen und das ist bei den Leipziger Piraten der Fall. Ich bin hier der “Verwaltungspirat” als gelernter Restaurantfachmann- mich freut das wir hier sehr konzentriert gearbeitet haben.

Apropos Wir – wie viele Piraten segeln eigentlich gerade in Leipzig?

Wir haben im Kreisverband 178 Mitglieder, dass ist schon ganz gut. Im Kern die richtig Aktiven sind wir so um die 30 – manchmal auch mehr, dass hängt auch mit den jeweiligen Aktionen zusammen. Aber gerade das Thema eingeschrieben Mitglieder ist eines, womit wohl jede Partei zu kämpfen hat.

Letzte Gesprächs-Wende – Maren Müller ist nun überraschend bei Euch angelandet. Mittlerweile ist sie schon fast eine Leipziger Prominente. Wie kam das aus Deiner Sicht?

Was da wirklich stattgefunden hat, hat nicht nur heute und hier stattgefunden. Maren hat sich vor über 3 Monaten bei uns gemeldet, hat ihre Ideen und die Ziele eines gemeinsamen Bündnisses vorgestellt und war deshalb auch mehrfach zu Besuch bei uns. Da haben auch wir sie bei einem Piraten – Stammtisch besser kennengelernt und mitbekommen, was sie alles für Themen hat. Und die fanden und finden wir einfach gut. Schon lange vor der “Lanz-Geschichte” also.

Die L-IZ war bei der “Bündnis Leipzig”-Gründung vor Ort. Dort war es noch vollkommen offen, ob und welche Themen das neue Bündnis finden wird. Das war hier offenbar anders?

Aus meiner Sicht war das, was wir schon vor Monaten debattiert haben, heute nur der Schlusspunkt. Bereits im November 2013 haben wir Maren gesagt, dass es einen Beschluss vom Kreisparteitag Mitte 2013 gab und gibt, nachdem die Piraten eine ganz eigene Liste mit eigenen Kandidaten zur Stadtratswahl aufstellen. Sicher haben wir auch noch mal überlegt, uns dann aber logisch an den Beschluss gehalten und gesagt – nein, wir gehen mit niemandem zusammen.

Sie hat sich immer bemüht, dass wir irgendwie zusammenkommen mit dem “Bündnis” auch heute und hier. Es war darüber hinaus immer auch mal zwischendurch im Gespräch, dass sie gern auch bei uns kandidieren kann.

So sei es also – ich danke für das Gespräch.

Der 12-Punkte-Plan der Leipziger Piraten

http://piraten-leipzig.de/2014/02/zwoelf-punkte-fuer-ein-halleluja/

Zum Ergebnis der Kandidatenaufstellung der Piraten

http://piraten-leipzig.de/2014/02/stadtratskandidatenliste-vollstaendig-piraten-nehmen-buendnis-fuer-leipzig-mit/

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