Eigentlich hat Leipzig das Zeug zur Kulturhauptstadt. Nur fehlten bislang der Schneid und der Antrag zur Bewerbung. Im Jahr 2011 votierte der Stadtrat zwar bereits über einen Antrag zur Bewerbung um den Titel "Kulturhauptstadt Europas". Im Verwaltungsstandpunkt verwies das Dezernat Kultur dann aber auf die Evaluierung des Bewerbungsverfahrens der Europäischen Kommission.

Ein Ergebnis wurde den Stadträten dann zwar für 2012 in Aussicht gestellt. Aber mit erheblicher Verzögerung hat am 12. Dezember 2013 das Europäische Parlament über eine Neuregelung der Vergabe des Titels “Kulturhauptstadt Europas” abgestimmt. Der Ministerrat hat am 24. März 2014 den überarbeiteten Vorschlag der EU-Kommission zur Weiterführung der Initiative “Kulturhauptstädte Europas” angenommen, der die Vergabe des Titels für die Jahre 2020 bis 2033 regelt.

Seit 2007 muss es tatsächlich die Mehrzahl sein: Kulturhauptstädte. Bis dahin gab es – seit 1985 – jedes Jahr nur eine Kultur(haupt)stadt. Das fokussierte die Aufmerksamkeit und machte es auch Kulturreisenden recht einfach, ihre Urlaubsentscheidungen zu treffen. Zuletzt profitierte Weimar 1999 von dieser Fokussierung. Seit 2000 aber versucht die EU, immer gleich mehrere Städte zum Zug kommen zu lassen. 2000 waren es mal neun, danach jeweils zwei (2010 auch mal drei).

2014 sind es augenblicklich Umea in Schweden und Riga in Lettland, die sich als Kulturhauptstädte bezeichnen können. Wenn man davon noch nichts gehört haben sollte, könnte es durchaus daran liegen, dass sich schon bei zwei Kulturhauptstädten die Aufmerksamkeit spaltet. Verdient hat es jede dieser Städte. Aber wohin fährt man dann, wenn man nur Zeit für einen Kultururlaub hat – nach Umea oder Riga?

2015 hat man die Wahl zwischen Mons in Belgien und Pilsen in der Tschechischen Republik. Ab 2019 wird es dann ganz bunt, dann präsentieren sich jedes Jahr gleich vier Kultur(haupt)städte. In der Regel aus zwei verschiedenen Ländern. Da werden die Städte dann sogar auf nationaler Ebene miteinander konkurrieren. Warum es trotzdem Sinn macht, mehrere Städte gleichzeitig zu nominieren, erklärt der EU-Beschluss so: “Neben den ursprünglichen Zielen der Initiative ‘Kulturhauptstädte Europas’, die darin bestehen, den Reichtum und die Vielfalt der europäischen Kulturen sowie die Gemeinsamkeiten dieser Kulturen herauszustellen und einen Beitrag zum besseren gegenseitigen Verstehen der europäischen Bürger zu leisten, haben die mit dem Titel ‘Kulturhauptstadt Europas’ ausgezeichneten Städte nach und nach eine neue Dimension ins Spiel gebracht, indem sie die mit der Veranstaltung verbundene Hebelwirkung genutzt haben, um ihre Entwicklung im weiteren Sinne entsprechend ihren jeweiligen Strategien und Prioritäten anzukurbeln.”

Für das Jahr 2025 darf Deutschland maximal drei Städte neben Slowenien, das ebenfalls für das Jahr 2025 vorgesehen ist, vorschlagen.

“Derzeit gibt es von zahlreichen Städten Bemühungen, eine Bewerbung vorzubereiten”, stellt Skadi Jennicke, die kulturpolitische Sprecherin der Linksfraktion, fest. Höchste Zeit also, findet sie, dass Leipzig jetzt ernsthaft Bemühungen zeigt, 2025 mit dabei sein zu wollen.

“Leipzig sollte die grundsätzliche Frage, ob und wie eine Bewerbung als ‘Kulturhauptstadt Europas’ – eventuell im Verbund mit Halle – sinnvoll ist, zeitnah prüfen”, erklärt Jennicke zum neuen Antrag der Linken. “Für eine Bewerbung spricht die Chance, sich grundsätzlich und in einmaliger Intensität mit der kulturellen Identität beider Städte auseinander zu setzen. Ein solcher Prozess ist auch bei scheiternder Bewerbung von integrativer Bedeutung für die Stadtgesellschaft.”

Die Kulturhauptstädte 2014:
http://umea2014.org
http://riga2014.org

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