Immer kommt Leipzig zu spät. So einen Eindruck könnte man bekommen, wenn man die verzweifelten Bemühungen der Stadt sieht, in die diversen Investitionsförderprogramme des Freistaats zu schlüpfen. Nachdem jahrelang die Mittel für den Kita-Ausbau knapp waren, wird es jetzt für den Schulausbau eng. Und Leipzigs Sozialbürgermeister Thomas Fabian appelliert verzweifelt an die Regierungskoalition: Gebt mehr Fördermittel!

In den vergangenen zwei Jahren ging es noch relativ gut. Aber auch nur, weil die damalige CDU/FDP-Staatsregierung noch ein Extra-Schulhausprogramm für die drei Großstädte aufgelegt hat. Ohne das hätte Leipzig nicht mal einsteigen können in den jetzt immer drängenderen Ausbau des Schulnetzes.

Die Kapazitätsgrenzen sind bereits jetzt an zahlreichen Schulen in Leipzig erreicht, ruft jetzt das Sozialdezernat Alarm, dem ja auch das Schulamt untersteht. Schon zum Schuljahresbeginn mussten in einigen Leipziger Schulen die Klassen über das bislang geltende Maß von 28 Schülern vollgestopft werden. So stoßen momentan 15 von 66 Grundschulen an ihre Grenzen, bei den Oberschulen sind es 9 von 23, von den 16 städtischen Gymnasien haben 13 ihre Kapazität erreicht oder bereits überschritten.

Leipzig ist tatsächlich erst mit zweijähriger Verspätung in das notwendige Schulausbauprogramm gestartet. Das Sonderprogramm für den Schulhausbau war dringendst notwendig. Doch nun droht es im neuen Doppelhaushalt des Freistaats wieder gekappt zu werden.

Der Sozialdezernent ist schlicht verzweifelt – wohl auch, weil nun zwar seine eigene Partei, die SPD, mitregiert. Aber da, wo das Geld dringendst gebraucht wird, um den Bedarf der wachsenden Stadt abzufedern, entstehen unerwartete Löcher.

Die Stadt Leipzig appelliere deshalb an die Landtagsabgeordneten, im aktuellen Doppelhaushalt nicht bei Investitionen in die Sanierung und den Neubau von Schulen zu sparen, so Fabian. In einem Brief an Leipziger Landtagsabgeordnete schreibt Thomas Fabian: „Die im Haushaltsplan des Freistaates Sachsen 2015/16 derzeit vorgesehenen Fördermittel für Schulhausbau wurden offenbar gegenüber den Vorjahren gekürzt und reichen bei Weitem nicht aus.“

Er  appelliert an die Abgeordneten, sich in den noch laufenden Abstimmungen zum Doppelhaushalt für eine Fortsetzung des „Sonderprogramms Schulhausbau Kreisfreie Städte 2013/14“ in bisheriger Höhe einzusetzen. Aus diesem Programm standen Leipzig 32 Millionen Euro zu, die selbst nicht einmal ausreichen, um das drängendste Schulbauprogramm im Umfang von 97 Millionen Euro abzusichern. Aber in die Haushalte von 2015 und 2016 haben die Regierungskoalitionäre nur jeweils 40 Millionen Euro eingestellt für den Schulhausbau – für ganz Sachsen. Die Grünen haben wenigstens eine Anhebung auf 45 Millionen Euro beantragt. Aber auch das wäre zu wenig. Allein die drei Großstädte würden mindestens 50 bis 60 Millionen Euro brauchen. Sie erfahren den Bevölkerungszuwachs und den Druck wachsender Geburten, müssen also auch Schulen zubauen, während in vielen Landkreisen der Kampf um den Schulerhalt weiter geht.

40 Millionen Euro sind ein Witz.

Und so mahnt auch Leipzigs Sozialdezernat, jetzt nicht schon wieder in die falsche Knauserpolitik der alten Regierungskoalition zurückzufallen: “In Leipzig steigen die Geburten- und Schülerzahlen seit Jahren stetig. Wurden hier 2009 noch 4.997 Kinder geboren, waren es im vergangenen Jahr bereits 6.241. Hinzu kommt, dass seit Jahren immer mehr Kinder und Jugendliche im schulpflichtigen Alter nach Leipzig ziehen. Allein in diesem Jahr macht dieser Zuwachs rechnerisch rund 15 Schulklassen zusätzlich aus. Die Bevölkerungsentwicklung der vergangenen Jahre in Leipzig übersteigt alle Prognosen der Statistik-Experten.”

Und zumindest die Minimalsumme, die Leipzig als Förderung im Schulbau braucht, kann Fabian benennen: Den Bedarf an Fördermitteln des Freistaates für den Schulhausbau in Leipzig beziffert die Stadt in diesem und im nächsten Jahr auf jeweils mindestens 16 Millionen Euro. Dies entspricht den Mitteln für Leipzig aus dem „Sonderprogramm Schulhausbau – Kreisfreie Städte 2013/14“. Doch das war eben nur für zwei Jahre gewährt, nachdem gerade die Landtagsabgeordneten aus Leipzig und Dresden bei der knausernden Staatsregierung Druck gemacht hatten, die Schulbauproblematik in den Großstädten überhaupt erst einmal zu akzeptieren. Gerade die Landtagsnachfragen der SPD-Abgeordneten Panter und Mann hatten gezeigt, wie drastisch Leipzig bis 2012 in der Zuteilung bei Schulbau-Fördermitteln benachteiligt wurde. Das Zusatzprogramm von 2013/2014 war ein Tropfen auf dem heißen Stein. Die teuersten Schulbauprojekte kommen erst. Die Gymnasien an der Telemannstraße und der Karl-Heine-Straße stecken in der Warteschleife. Eine Kürzung der Fördermittel würde Leipzig völlig auf dem falschen Fuß erwischen.

„Ohne eine entsprechende Förderung durch den Freistaat kann die Stadt Leipzig die notwendigen Investitionen in den Schulhausbau nicht stemmen“, sagt Fabian, der für große Emotionen eher nicht bekannt ist. Sein Brandbrief an die Landtagsabgeordneten ist ein echtes Novum.

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