Zu den umstrittensten Maßnahmen während der Coronakrise gehörte das Verbot für Schüler/-innen, vor Ort in den Klassen unterrichtet zu werden. Bei hohen Inzidenzwerten fand der Unterricht praktisch komplett zu Hause statt, was sowohl aus sozioökonomischer als auch aus psychologischer Sicht für viele Betroffene ein Problem darstellte. Die AfD-Fraktion im Leipziger Stadtrat hatte für die Ratsversammlung am Mittwoch, dem 23. Juni, einen Antrag eingereicht, der darauf abzielte, ähnliches in Zukunft zu vermeiden. Konkret ging es um Luftfiltergeräte in Klassenzimmern.

Der Gedanke dahinter: Wenn viele Schulen mit diesen Geräten ausgestattet wären, würde sich die Infektionsgefahr reduzieren und Präsenzunterricht könnte selbst bei hohen Inzidenzwerten möglich bleiben.Präsenzunterricht sei für die Entwicklung der Kinder unverzichtbar, argumentierte AfD-Stadträtin Sylvia Deubel. Das hätten auch Wissenschaftler/-innen betont. Vor allem im Winter seien Luftfilter sinnvoll, weil es in dieser Jahreszeit nicht möglich sei, permanent zu lüften. „Warum sich die Stadtverwaltung so sehr gegen die Anschaffung stemmt, ist unverständlich.“

Konkret hatte die AfD aber erst einmal nur beantragt, die Anschaffung für alle Schulen zu prüfen – auch in finanzieller Hinsicht. Die Stadtverwaltung verweist auf wissenschaftliche Studien und Empfehlungen des Umweltbundesamtes, wonach Stoßlüftung einen deutlich stärkeren Effekt habe als der Einsatz von Luftfiltern. Deshalb habe man entschieden, solche Geräte nicht flächendeckend anzuschaffen.

„Hinzu kommt, dass derzeit keine gesetzliche Grundlage besteht, um Schulen trotz der Ausstattung mit mobilen Lüftungsgeräten bei Überschreiten einer entsprechenden Inzidenz weiter offenzuhalten“, heißt es seitens der Verwaltung. „Der flächendeckende Einsatz solcher Geräte würde damit keinen Beitrag zu einem Normalbetrieb von Schulen während der Pandemie leisten.“ In Schulen, die nicht ausreichend lüften können, laufe jedoch ein Probebetrieb.

Karsten Albrecht aus der CDU-Fraktion hielt sich kurz. Er sagte, dass es in Anbetracht der aktuellen Entwicklungen, beispielsweise beim Impffortschritt, sowieso kaum Bedarf dafür gebe, und fragte, warum es im Sitzungssaal des Stadtrates ein solches Gerät gibt, aber dieses für Schulen als nicht nötig erachtet werde.

Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) entgegnete, dass es sich um eines jener Testgeräte handle, die dort zum Einsatz kommen, wo Lüften nicht oder nicht richtig möglich sei. Das sei im Ratssaal der Fall. Aktuell sei es jedoch ausgeschaltet, weil ein vorheriger Probebetrieb gezeigt habe, dass es zu laut ist.

Es sei so laut, dass die AfD ihr eigenes Wort nicht verstehen würde, ergänzte Grünen-Stadträtin Stefanie Gruner. Sie verwies zudem noch einmal darauf, dass die Verwaltung bereits genau das mache, was die AfD fordere: prüfen. Thomas Köhler aus der Freibeuter-Fraktion warnte vor einer „trügerischen Sicherheit“. Er habe selbst überlegt, einen solchen Antrag zu stellen, diese Idee jedoch wieder verworfen.

Am Ende der Debatte verwies Schulbürgermeisterin Vicki Felthaus (Grüne) darauf, dass „gesunde Raumluft nicht erst seit Corona ein Thema“ sei. „Das prüfen wir schon länger.“ Unabhängig vom Nutzen sei es für die Stadt aber auch aus finanziellen und terminlichen Gründen fast unmöglich, Luftfiltergeräte in allen Klassenzimmern zu installieren. Das wären laut Felthaus ungefähr 10.000 Räume.

Der Stadtrat stimmte so letztlich – mit Ausnahme der AfD – geschlossen gegen diesen Antrag.

Die Debatte vom 23. Juni 2021 im Stadtrat

Video: Livestream der Stadt Leipzig

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