KommentarNein, so kann man die Nachricht nicht bringen. Nicht ernsthaft. Den „Start der größten Reform in der Geschichte der Autobahn“ kündigt das Bundesverkehrsministerium an. In der Friedrich-Ebert-Straße 72–78 in Leipzig nehmen am Montag die Mitarbeiter des Fernstraßen-Bundesamtes ihre Arbeit auf. Dabei ist auch dieses Projekt des Bundesverkehrsministers längst dabei, zu einem Milliarden-Desaster zu werden. Eigentlich ein Fall für die Satire-Rubrik.

Und die Satiriker haben diesen neuen Fall unkontrollierter Geldverschwendung für eine undurchdachte Idee längst aufgegriffen. Siehe unten dazu das Video aus „Die Anstalt“.

Und auch diesmal wieder hat ein Bundesministerium, statt die Sache selbst zu organisieren und die juristische Beratung einzuholen, 130 Millionen Euro an zwei bekannte deutsche Beratungsunternehmen vergeben, was so langsam den Eindruck verstärkt, dass in Berlin eigentlich niemand mehr regiert und die politische Arbeit längst in private Beratungsgesellschaften abgegeben wurde. Was dann einige Ergebnisse erklärten würde.

Bis hin zu der Tatsache, dass die neue gegründete (http://www.autobahn.de) Autobahn GmbH zwar dem Bund gehört, aber ein privatwirtschaftliches Unternehmen ist, das künftig mit 15.000 Mitarbeiter/-innen staatliche Aufgaben wahrnehmen soll, die laut Grundgesetz eigentlich Landesrecht sind und auch von den zuständigen 16 Landesbehörden bislang leidlich zufriedenstellend erledigt wurden.

Ganz zu schweigen davon – wie es auch der „Frontal 21“-Beitrag, den wir ebenfalls verlinkt haben, beiläufig erwähnt: dass der Autobahnbau eigentlich ein Auslaufmodell ist vor dem Hintergrund des Klimawandels und der überfälligen Mobilitätswende, die im Bundesverkehrsministerium genauso wie in den meisten Landesbehörden eher nachrangig behandelt wird.

Aber Leipzig hat nun ein neues schönes Bundesamt mit 200 Mitarbeiter/-innen. Die eigentliche Autobahn GmbH mit ihren derzeit 10.000 Mitarbeiter/-innen hat ihren zentralen Sitz in Berlin.

Was freilich am meisten verunsichert, ist die Tatsache, dass eigentlich gut ausgestattete Bundesministerien nicht (mehr) in der Lage sind, Dinge überhaupt noch in Eigenregie zu planen und umzusetzen. Ganz so, als wären die ganzen Abteilungen dort nur noch mit Leuten besetzt, die alle wirklich entscheidenden Aufgaben als Auftrag nach draußen vergeben – also „outsourcen“.

Als wäre der Bund nur noch so eine Art aufgeblasene Managementzentrale, die keine Übersicht mehr über die eigenen Finanzströme und Kompetenzen hat. Als hätte sich dort über die Jahre der nach Parteiproporz vergebenen Posten das Peter-Prinzip auf allen Ebenen durchgesetzt.

Also doch eher etwas für die Satire-Rubrik. Und ganz bestimmt nichts für die Rubrik „Mobilität“.

Die Meldung des Fernstraßen-Bundessamtes: Start der größten Reform in der Geschichte der Autobahn

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU, MdB). Quelle: andreas-scheuer.de/presse
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU, MdB). Quelle: andreas-scheuer.de/presse

Mehr als 13.000 Kilometer Bundesautobahnen werden ab dem 1. Januar 2021 von zentraler Stelle aus verwaltet

Berlin/Leipzig, 30. Dezember 2020. Schneller planen, effizienter bauen, betreiben und erhalten: Zum 1. Januar 2021 übernimmt der Bund von den Ländern Planung, Bau, Betrieb, Erhaltung, Verwaltung und Finanzierung der Autobahnen. Ziel der größten Reform in der Geschichte der Bundesfernstraßenverwaltung ist, die Aufgaben zentral in einer Hand zu bündeln und die Leistungsfähigkeit der Autobahnen zu stärken – damit alle Autobahnnutzer von einer modernen, sicheren Infrastruktur profitieren.

Hierfür hat der Bund das Fernstraßen-Bundesamt (FBA) als neue Bundesbehörde und die Autobahn GmbH des Bundes als hundertprozentige Bundesgesellschaft gegründet. Das FBA mit Hauptsitz in Leipzig wird im Wesentlichen hoheitliche Aufgaben übernehmen und insbesondere die zuständige Anhörungs- und Planfeststellungsbehörde für den Bau oder die Änderung von Bundesautobahnen und Bundesstraßen in Bundesverwaltung sein. Die Autobahn GmbH mit Zentrale in Berlin übernimmt Planung, Bau, Erhaltung und Betrieb sowie Finanzierung und vermögensmäßige Verwaltung der Autobahnen.

Andreas Scheuer, Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur: „Die größte Reform in der Geschichte der Autobahn ist im Zeitplan – alle notwendigen Schritte sind getan. Die Autobahn GmbH und das Fernstraßen-Bundesamt sind voll einsatzfähig. Alle laufenden Bauprojekte werden fortgeführt. Neue Projekte können wie vorgesehen starten. Indem wir das Know-how von Fachleuten aus 16 Bundesländern bündeln, lässt sich alles effizienter organisieren und vor allem: Wir haben künftig immer das Bundesfernstraßennetz als Gesamtheit im Blick. Die Menschen in unserem Land brauchen und erwarten leistungsfähige Autobahnen – und genau das bekommen sie.“

Das Versagen des Andreas Scheuer. Das Autobahn Debakel | Die Anstalt

Das Debakel um die Autobahn GmbH – Wie Scheuer scheitert

Stephan Krenz, Vorsitzender der Geschäftsführung der Autobahn GmbH des Bundes: „Planen, effizienter bauen, betreiben und erhalten aus einer Hand – das ist unser Fokus nach dem Betriebsstart am 1. Januar 2021. Wir gestalten die Mobilität der Zukunft mit. Unser Hauptaugenmerk liegt dabei auf einer übergeordneten Netzplanung und der Verringerung von Staupotenzialen.“

Doris Drescher, Präsidentin des Fernstraßen-Bundesamtes: „Wir wollen überregional mit dem Blick über die Grenzen von Bundesländern hinweg agieren und mit unseren interdisziplinären Teams eine Beschleunigung der Planfeststellungsverfahren erreichen. Das Fernstraßen-Bundesamt wird eine zuverlässige Genehmigungsbehörde sein, die offen für den Bürger ist und sich moderner digitaler Instrumente bedient.“

Im Zuge der Reform wechseln rund 10.000 Beschäftigte von den Ländern zum Bund und werden zukünftig für das FBA und die Autobahn GmbH arbeiten. Aktuell belaufen sich die jährlichen Investitionen in das rund 13.200 Kilometer umfassende Autobahnnetz auf etwa 5,5 Milliarden Euro. Zum 1. Januar 2021 gehen rund 4.500 Bauprojekte von den Ländern auf die Autobahn GmbH über.

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