Am Sonntag, 26. März, setzte die Bürgerinitiative Pro Pödelwitz, unterstützt durch viele Aktive verschiedener Umweltverbände und durch Bürgerinnen und Bürger aus der Region, ein Zeichen für den Erhalt ihres Dorfes im Leipziger Südraum. Die MIBRAG macht schon seit Jahren Druck, das Dorf zum Abbaggern freizugeben, obwohl die Kohle unter Pödelwitz gar nicht gebraucht wird. Jedenfalls nicht für das Kraftwerk Lippendorf.

Das Problem ist: Der Freistaat selbst spielt bei der Braunkohle eine mehr als zwielichtige Rolle und tut gern so, als sei gar nichts geklärt, wenn man erst wenige Jahre zuvor den Betroffenen großmundig erklärt hatte, dass – in diesem Fall – der Ort Heuersdorf der letzte sein würde, der den Kohlebaggern geopfert werden würde.

Pödelwitz steht zwar auf Bergbauvorbehaltsfläche. Aber als das Kraftwerk Lippendorf seine Betriebsgenehmigung bekam, wurde das mit den schon genehmigten Fördermengen im Tagebau Schleenhain untersetzt. Die Kohle würde locker bis 2040 reichen. Aber in den letzten Jahren hat die MIBRAG deutlich mehr Kohle abgebaut, als für den Betrieb von Lippendorf benötigt wurde.

Gerade der grüne Landtagsabgeordnete Dr. Gerd Lippold wurde nicht müde nachzufragen, wo diese zusätzliche Kohle hingeschafft wurde. Denn eigentlich schuf die MIBRAG damit neue Tatsachen, die schon ahnen ließen, dass sie damit Druck auf die sächsischen Behörden aufbauen würde, weitere Abbaufelder zu genehmigen und Pödelwitz zum Abbaggern freizugeben.

Und genauso windelweich äußerte sich im Herbst dann auch das Oberbergamt im MDR.

„Zur Frage, ob das Dorf weichen müsse, äußerte sich in dem MDR-Beitrag auch das Sächsische Oberbergamt. Unter Bezug auf die Einordnung des Gemeindegebietes von Pödelwitz als Vorbehaltsgebiet Braunkohle in den geltenden Braunkohlen- und Regionalplänen wurde die Aussage getätigt, dass die Zukunft des Dorfes nun in einem bergrechtlichen Planfeststellungsverfahren geklärt werden müsse. Der maßgebliche Braunkohlenplan ‚Vereinigtes Schleenhain‘ von 2011, der Grundlage eines Betriebsplanverfahrens wäre, trifft jedoch über die Ausweisung als Vorbehaltsgebiet hinaus explizit keine regionalplanerische Festlegung zur Perspektive der Ortslage Pödelwitz“, stellte Lippold damals fest.

Aber die Bestrebungen der MIBRAG, Pödelwitz freizuziehen und zum Abbaggern vorzubereiten, gehen weiter – gegen den Widerstand eines Teils der Bewohner.

Am Sonntag bekamen sie nun doppelte mediale Schützenhilfe – von Greenpeace und von Gerd Lippold, der extra anreiste an den Rand des Schleenhainer Tagebaus.

„Als vor wenigen Jahren der wenige Kilometer südlich von Pödelwitz gelegene Ort Heuersdorf für die Braunkohle abgebaggert wurde, geschah das mit der Begründung, durch dieses Opfer den Betrieb des Kraftwerkes Lippendorf bis zum Ende seiner damals geplanten 40-jährigen Laufzeit zu sichern. Die zugrunde liegenden Planungen stammten noch aus der Zeit vor der Energiewende und vor dem Pariser Klimaschutzabkommen“, kommentiert der energie- und klimapolitische Sprecher der grünen Landtagsfraktion die Entwicklung. „Heute wissen wir, dass bereits Heuersdorf umsonst geopfert wurde. Um die nationalen Klimaschutzziele zu erreichen, muss und wird ein erheblicher Teil der bereits genehmigten Kohlevorräte in der Erde bleiben.“

Nur tut Sachsens Regierung nach wie vor so, als würden die nationalen Klimaschutzziele, die ein Abschalten der meisten Kohlekraftwerke schon vor 2030 bedingen, für Sachsen nicht gelten. Und man ignoriert auch die Tatsache, dass viele Kohlekraftwerke auch schon aus Wirtschaftlichkeitsgründen vom Netz gehen werden. Es ist schon heute so viel Strom in den Netzen, dass die Börsenpreise einen wirtschaftlichen Betrieb vieler dieser Kraftwerke nicht mehr absichern.

Gruppenbild am Tagebaurand. Foto: Grüne Landtagsfraktion Sachsen
Gruppenbild am Tagebaurand. Foto: Grüne Landtagsfraktion Sachsen

„Und dennoch will die EPH-Tochter MIBRAG den Tagebau sogar noch um neue Abbaufelder erweitern und dafür weitere Menschen umsiedeln und die Dörfer Pödelwitz und Obertitz zerstören. Ein solches Vorhaben ist völlig aus der Zeit gefallen“, kritisiert der Abgeordnete. „Niemand braucht die Kohle unter Pödelwitz. Das Dorf ist der MIBRAG einfach im Weg, wenn es um die ökonomischste Abbauführung geht. Die Gewinnmaximierung für tschechische Oligarchen ist aber kein Gemeinwohlziel, das die Vernichtung eines 700-jährigen Dorfes mit historischer Bausubstanz und gewachsener Sozialstruktur rechtfertigt!“

Und dann wird er richtig deutlich, wen er die Aussitz-Politik in Dresden aufs Korn nimmt: „Der Widersinn und die Gemeinwohlschädlichkeit dieses Vorhabens sind so offensichtlich, dass das doch selbst durch die Braunkohlebrille von CDU und SPD in Sachsen unübersehbar sein sollte!“

Lippold jedenfalls will den Widerstand der Bürger in den bedrohten Dörfern unterstützen.

„Die Bürgerinnen und Bürger vor Ort sowie immer mehr engagierte Menschen im ganzen Land werden nach dem gestrigen Tag weiter dafür sorgen, dass weitere Versuche zur Zerstörung des Dorfes auf breite Öffentlichkeit und entschiedene Abwehr treffen. Dieses Engagement wird immer weiter wachsen, bis endlich gesichert ist, dass das Dorf auch für die nächsten 700 Jahren eine Zukunftschance bekommt“, sagt er. „Gegen den Widerstand der fest zur Rettung ihrer Heimat entschlossenen Pödelwitzer hat die MIBRAG im Verein mit Oberbergamt und Staatsregierung keinerlei realistische Chance, jemals an die Kohle unter Pödelwitz zu kommen. Jede weitere Fortsetzung des Vorhabens kostet nur Geld und politisches Kapital.“

Aber auch nach den Finanzrisiken der Braunkohletagebaue hat er ja schon mehrfach die Regierung angefragt, die augenscheinlich nicht mal wissen will, ob die Revitalisierung der Tagebaue finanziell gesichert ist und die Tagebaubetreiber genügend Rücklagen gebildet haben.

Und seine Forderung zu Pödelwitz: „Ich fordere die Staatsregierung dazu auf, diesem Treiben ein Ende zu setzen und umgehend klar zu machen, dass ein etwaiger Antrag auf Genehmigung eines Rahmenbetriebsplanes, der die Abbaggerung von Pödelwitz und Obertitz zum Ziel hat, keinerlei Genehmigungschance hätte!“

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Köpping (heute Integrationsministerin) bestritt ihren Wahlkampf um den Posten des Landrates Landkreis Leipzig im Jahr 2000 auch mit dem Slogan, daß Heuersdorf leben müsse. Um hernach als frisch gewählte Landrätin sofort nach einem neuen Standort für das abzubaggernde für Heuersdorf zu suchen.

Einige Jahre später eröffnete sie als Landtagsabgeordnete der SPD und SPD-Vize den Schautagebau zwischen den Braunkohlerestlöchern Störmthaler und Markkleeberger See. Selbstredend mit der Großpösnaer Bürgermeisterin, Protagonistin von Lantzsch und dem Chef des “sozio-kulturellen” Vereins Kuhstall, der wiederum höchstpersönlich das Quadfahren am Störmthaler See fördert.

Seit dem werden insbesondere Kinder und Jugendliche, wohl auch gerne im Unterricht, durch diesen Schautagebau geschleust, damit diese lernen, wie unverzichtbar das “schwarze Gold” ist. Leider, leider “verschwindet” hierfür der eine oder andere Ort. Daß diese Orte Heimat, Natur und Umwelt, Lebensgrundlage sind, wird beim Spiel in Matsch und mit Shaufel “spielend” verdrängt.
So wird sächsiche Bildungspolitik betrieben.

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