Der Passagierflugverkehr auf dem Flughafen Leipzig/Halle kam zwar während des Corona-Shutdowns teilweise zum Erliegen. Dafür aber nahm der Frachtflugverkehr weiter zu. Mit entsprechender Zunahme des nächtlichen Lärms. Mit den Ausbauplänen befürchten die Fluglärmbetroffenen logischerweise weiter zunehmende Lärmbelastungen. Die Bürgerinitiative „Gegen die neue Flugroute“ fordert deshalb jetzt Unterstützung für ein Gegengutachten zu den Flughafenplänen.

Aus der Perspektive einer Landesregierung, die einen Frachtflughafen für ein Symbol wirtschaftlichen Erfolges hält, waren die Zahlen aus dem April, als die ganze Republik im Shutdown war, geradezu eine Erfolgsmeldung: Während im März das Luftfrachtvolumen deutschlandweit massiv zurückging, z. B. in Frankfurt um -17,1 %, war der Rückgang in Leipzig mit -2,3 % moderat. Die Fracht-Flugbewegungen, und damit der Lärm, stiegen laut Flughafensprecher Schuhart sogar um 3,8 % gegenüber März 2019.

Aber umwelt- und klimafreundlich ist das nicht. Und der kerosingetriebene Frachtflugtransport kann auch nicht wirklich ein nachhaltige Zukunftsmodell sein, auch wenn er ideal zur globalisierten Wirtschaftsweise passt. Doch auch diese Wirtschaftsweise ist mit Corona in die Kritik geraten, denn der Shutdown machte auch deutlich, wie abhängig mittlerweile auch Deutschland von sensiblen Importen besonders aus China ist, eine Abhängigkeit, die mit dem Flughafenausbau noch verstärkt werden soll.

Deutschland und/oder andere EU-Staaten müssen systemrelevante Güter wieder selbst produzieren. Das reicht von Schutzausrüstung bis hin zu Medikamenten, bei denen es auch schon vor Corona gewaltige Lieferprobleme gab. Es gibt schlicht überlebenswichtige Bereiche in der Grundversorgung eines Landes, die nicht privatisiert und outgesourct werden dürfen. Und ob die restlichen Produkte alle per Über-Nacht-Express um die Welt fliegen müssen, ist völlig ungeklärt.

Wenn der Freistaat Sachsen den Ausbau des Frachtflughafens forciert, passiert das bislang völlig ohne Augenmerk darauf, was da eigentlich umgeschlagen wird und ob dieser Frachttransport tatsächlich durch die Luft erfolgen soll oder viele Frachten nicht besser in einem gut ausgebauten Güterschienennetz transportiert werden könnten.

Die Umweltbelastungen der neuen Ausbaupläne sind jedenfalls aus Sicht der Bürgerinitiative völlig unterbelichtet. Und so ein wenig klingt auch der Verdacht an, dass der Freistaat als Hauptgesellschafter auf eine fundierte Umwelt- und Klimaverträglichkeitsprüfung keinen Wert gelegt hat.

Die Klimaprüfung aber fordert die Bürgerinitiative jetzt direkt bei den beiden zuständigen Ministern an: Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD), der direkt für den Flughafen zuständig ist, und Umweltminister Wolfram Günther (Bündnis 90/Die Grünen), der für die Umweltbelange zuständig ist.

Die Bürgerinitiative fordert in ihren Anschreiben auch die finanzielle Unterstützung für unabhängige Gegengutachten und verweist dabei auf das Land Nordrhein-Westfalen, das so ein Gegengutachten für den Flughafen Düsseldorf unterstützt hat.

Und eine Klimaverträglichkeitsprüfung gemäß Bundes-Klimaschutzgesetz sollte eigentlich selbstverständlich sein in einer Zeit, in der Deutschland daran arbeitet, seine in Paris eingegangenen Klimaschutzverpflichtungen auch einzuhalten. Dazu dürften nicht nur der Kohleausstieg und ein deutlicher Rückgang der Verbrenner im Straßenverkehr gehören, sondern auch eine deutliche Absenkung der Umweltbelastungen durch die deutschen Flughäfen.

Der Brief an Martin Dulig (der an Wolfram Günther ist gleichlautend).

Flughafen Leipzig/Halle: Leipzig zieht bei einer Nichtbeteiligung im Planverfahren tatsächlich den Rechtsweg in Betracht

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