Normalerweise wäre es in einer Demokratie so, dass verantwortliche Ministerien auch im realen Handeln alle Güter abwägen und das transparent machen. Zum Beispiel den wirtschaftlichen Vorteil einiger Konzerne gegen Gesundheit und Lebensqualität der Bürger, die vom Handeln dieser Konzerne betroffen sind. Aber vor dieser Aufgabe scheut Sachsens Regierung im Fall des Frachtflughafens Leipzig/Halle seit Jahren zurück. Wenigstens das Umweltministerium spricht noch mit den Betroffenen.

Es stimmt schon: Es gab auch schon ein entsprechendes Treffen mit der Bürgerinitiative „Gegen die neue Flugroute“ im Wirtschaftsministerium. Aber Folgen etwa zur Lärmminderung am Frachtflughafen, der selbst im Corona-Jahr immer neue Frachtumschlag-Rekorde meldet, hatte das bislang keine.

Ein erstes Treffen mit dem sächsischen Umweltminister gab es in Leipzig im Juli dieses Jahres, bei welchem der Betrieb und Ausbau des Frachtflughafens Leipzig/Halle sowie die damit verbundenen Emissionen im Mittelpunkt standen.

Nun kam es auf Initiative der Grünen-Fraktion im Leipziger Stadtrat zu einem erneuten Gespräch zwischen Vertretern diverser Bürgerinitiativen aus dem Umfeld des Flughafens und Vertretern des sächsischen Umweltministeriums. Beim Erstgespräch im Juli hatte man sich auf einen Fragekatalog geeinigt, der nun abgearbeitet werden soll. Im Vordergrund sollten dabei die Möglichkeiten gemeinsamer Bemühungen zu Emissionsminderungen am Frachtflughafen stehen, erklärt Matthias Zimmermann, Pressesprecher der Bürgerinitiative „Gegen die neue Flugroute“. Grundlage dafür bilde der Koalitionsvertrag der sächsischen Landesregierung.

In dem heißt es auf Seite 52: „Wir verstärken an den Luftfahrtstandorten die Bemühungen zur Reduktion von CO2-Emissionen und Lärmemissionen im Luftverkehr. Wir unterstützen die Bemühungen um eine weitgehende Abschaffung der kurzen Südabkurvung am Flughafen Leipzig/Halle.“

„Die Bürgerinitiativen sind mit großen Erwartungen in die Gespräche gegangen, wenngleich sie aus Erfahrung ähnlicher Diskussionen mit der CDU-SPD geführten Vorgängerregierung auch die derzeitigen politischen und rechtlichen Handlungsspielräume nicht überschätzen“, sagt Zimmermann.

Und auch dieses Treffen zeichnet erst einmal die nächsten Schritte vor: Zur Frage der Start- und Landeentgelte am Flughafen Leipzig-Halle (Lärmklassen bzw. Lärm-und Emissionszuschläge), die auch in der Fluglärmkommission nochmals aufgegriffen werden sollen, vereinbarte man, dass die Bürgerinitiativen einen Vorschlag für eine stärkere Spreizung der Start-und Landeentgelte nach Emissionsgesichtspunkten einbringen sollen.

Das Umweltministerium erklärte sich seinerseits bereit, den Wunsch der Bürgerinitiativen nach einer unterstützenden Finanzierung eines unabhängigen Gutachtens zum geplanten Ausbau des Frachtflughafens innerhalb der Staatsregierung zu verfolgen und in Gespräche mit den Vertretern der Mitteldeutschen Flughafen AG einzubringen. Die Bürgerinitiativen hatten ein Gegengutachten beantragt, mit dem all das besser beleuchtet werden soll, was das Gutachten des Flughafens außer Acht gelassen hat.

Denn wo der Flughafen keinerlei Grund sieht, auf eine Vermehrung der Frachtflüge zu verzichten, sehen die Betroffenen heute schon die wichtigen Parameter für Emissionen aller Art überschritten. Eben nicht nur die Lärmemissionen, die das Flughafenumfeld ausgerechnet in der Nachtzeit massiv belasten, sondern auch was Schadstoffemissionen wie CO2 betrifft.

Klimafreundlich ist dieser Flughafen nicht. Und aufgrund der viel zu niedrigen Landeentgelte ist er auch zum Sammelplatz besonders lauter Frachtmaschinen geworden und soll auch noch zum Militärflughafen ausgebaut werden.

Eine Petition wendet sich direkt gegen den weiteren Ausbau des Frachtflughafens, den Bund und Land 2017 ohne Rücksicht auf die betroffene Bevölkerung am Flughafen einfach beschlossen haben und dessen Planungen der Flughafen seit einem Jahr forciert. Die Zahl von 5.000 Unterstützer/-innen für diese Petition wurde inzwischen überschritten.

Wobei die Bürgerinitiativen ja ihre Erfahrungen gesammelt haben mit erfolgreichen Petitionen, die sogar der Bundestag befürwortet hat: Das Bundesverkehrsministerium ignoriert bis heute die Umsetzung der Petition zur Abschaffung der Kurzen Südabkurvung.

Von einer gewollten Lärmminderung über wirksame Landeentgelte kann am Frachtflughafen Leipzig keine Rede sein

Von einer gewollten Lärmminderung über wirksame Landeentgelte kann am Frachtflughafen Leipzig keine Rede sein

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