Johannes Lichdi hat die Nase voll. Am Dienstag, 24. Juli, hat der Grünen-Abgeordnete Strafanzeige gegen Reinhardt Boos, Dr. Olaf Vahrenhold und weitere Mitarbeiter des Sächsischen Landesamtes für Verfassungsschutz gestellt. Grund für die Anzeige ist die augenscheinlich gezielte Aktenvernichtung bei den Verfassungsschutzbehörden seit dem Auffliegen des "NSU"-Skandals. Und das Schreddern scheint einfach weiterzugehen.

“Seit reichlich einer Woche verlangen wir Grünen den Stopp jeglicher Aktenvernichtung bei Verfassungsschutz und Landeskriminalamt (LKA). Dass in laufenden Ermittlungsverfahren keine Akten vernichtet werden, sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Trotzdem hat Innenminister Markus Ulbig (CDU) bis heute keinerlei Anweisung zur Verhinderung der fortgesetzten Schredderung getroffen”, kritisiert Lichdi die Schredderung von Akten, die augenscheinlich allesamt Bezug auf Ermittlungen im rechtsextremen Milieu haben und möglicherweise auch auf Verbindungen zur 1998 in Sachsen untergetauchten Terrorgruppe Böhnhardt, Mundlos, Zschäpe.

Lichdi ist rechtspolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Sächsischen Landtag und Vertreter im 3. Untersuchungsausschuss “Neonazistische Terrornetzwerke in Sachsen”. Und während die Oppositionsparteien im Sächsischen Landtag sich in quälend langen Verhandlungsrunden bemühten, einen Untersuchungsausschuss zu den Vorgängen um die Terrorzelle zu initiieren, ging das Aktenschreddern während der letzten acht Monate wohl ungehindert weiter.
“Ich habe deshalb Strafanzeige wegen sogenannten Verwahrungsbruchs erstattet. Nach Paragraf 133 Strafgesetzbuch wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer als Amtsträger dienstliche Schriftstücke zerstört, beschädigt oder unbrauchbar macht. Jetzt muss die Staatsanwaltschaft handeln und gegebenenfalls weitere Akten sicherstellen”, erklärt Lichdi.

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“Es ist ein unglaublicher Vorgang, dass seit dem Bekanntwerden der Pannen sächsischer Behörden bei der Verfolgung der Straftaten des ‘NSU’ über 800 Aktenstücke mit Personenbezügen zu sächsischen Neonazis einfach unwiederbringlich vernichtet wurden und dies mit – wohlgemerkt rechtswidrig falsch angewandten – datenschutzrechtlichen Bestimmungen begründet wird. Unser Rechtsstaat wird damit gleich in zwei Richtungen pervertiert: rechtswidrige Vernichtung behördlicher Vorgänge und öffentliche Diskreditierung des Grundrechtes auf Datenschutz.”

Die Strafanzeige ging am 24. Juli, etwa 18 Uhr, bei der Staatsanwaltschaft Dresden ein (per Fax). Die Strafanzeige als PDF:
www.gruene-fraktion-sachsen.de

Hintergrund zur Vernichtung von Aktenteilen durch Verfassungsschutz:
www.gruene-fraktion-sachsen.de

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