Am Mittwoch, 23. Januar, lud die Grünen-Fraktion des Sächsischen Landtages zu einer Pressekonferenz. Thema: die sächsischen Verkehrsprojekte, die die Staatsregierung immer wieder für den Bundesverkehrswegeplan anmeldet. Aus Berlin war der grüne Bundestagsabgeordnete Stephan Kühn zu Gast. Der mahnt immer wieder regelmäßig, dass der Freistaat sich bei seinen Anmeldungen auf das konzentrieren sollte, was auch wirklich eine Chance auf Umsetzung hat.

Denn es geht nicht nur den Kommunen und Ländern so: Die Zeit der großen Bauprojekte auf Kredit ist vorbei. Viel zu viele Politiker haben in den vergangenen Jahrzehnten die Chance genutzt, sich mit gigantischen Bauprojekten Ruhm einzuheimsen. Manche davon sind zum Milliardengrab geworden – so wie aktuell der Großflughafen Berlin. Auch wenn das Wort “Milliardengrab” eher irreführend ist. Denn die Großprojekte werden ja nicht wirklich teurer, als sie auch bei realistischer Planung geworden wären. Doch um solche Projekte durchzusetzen, haben sich nicht nur Politiker, sondern auch Planer und Unternehmen immer wieder darauf verständigt, die Kostenvoranschläge so gering wie möglich anzusetzen, die Projekte also von vornherein billiger anzupreisen, als sie am Ende wirklich kommen.

Das Ergebnis sind mittlerweile Dutzende solcher zu knapp kalkulierten Bauvorhaben, die den kleineren und eigentlich wichtigeren Bauprojekten die Finanzen entziehen. Doch mittlerweile hat selbst im sonst so gern verschwenderischen Berlin eine Nüchternheit Einzug gehalten, die dem Verpulvern der knappen Mittel zumindest einen Dämpfer versetzt. Sichtbar auch im Verkehrsministerium, wo man mittlerweile begriffen hat, dass selbst der Erhalt der schon gebauten Verkehrsstrukturen mittlerweile so teuer ist, dass für Neubauten eigentlich kein Budget mehr zur Verfügung steht.

Entsprechend hat man die Gelder für die im Bundesverkehrswegeplan angemeldeten Verkehrsprojekte auf Jahre hinaus drastisch zusammengestrichen. Von fast 200 Millionen Euro, die Sachsen noch 2006 bekam, auf rund 90 Millionen Euro in den vergangenen Jahren. Und seit 2012 steht nicht einmal mehr ein Zehntel der ursprünglichen Summe zum Verbauen zur Verfügung. Zeit zum Umdenken also eigentlich auch vor Ort.Und so fordern auch Sachsens Grüne jetzt endlich einen Abschied vom Wunschdenken bei den Bauplänen für Bundesfernstraßen in Sachsen. “Substanzerhalt muss endlich vor Aus- und Neubau gehen”, sagte Stephan Kühn, Dresdner Bundestagsabgeordneter und verkehrspolitischer Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion am Mittwoch.

“Die Bundesregierung hat endlich das reale Problem des Straßenzustands in Deutschland erkannt und setzt vordringlich auf Sanierung. Für das Jahr 2013 sind nur noch 27 Millionen Euro und im Jahr 2014 nur noch 14 Millionen Euro für den Aus- und Neubau von Fernstraßen in Sachsen vorgesehen. Auch für die Jahre danach ist keine Steigerung der Mittel geplant. Selbst die zusätzlichen 14 Millionen Euro aus einem gesonderten Programm im Jahr 2013 ändern daran nichts. Allein die Kosten für die begonnenen Projekte in Sachsen belaufen sich auf 189 Millionen Euro. Im Investitionsrahmenplan des Bundes von 2011 bis 2015 sind weitere sächsische Straßenbauprojekte in Höhe von 313 Millionen Euro enthalten. Die laufenden Projekte binden die Mittel weit über das Ende des Jahrzehnts”, schildert Kühn die Situation.

Für die Sanierung von Sachsens Fernstraßen seien hingegen 99 Millionen Euro (2013) und 109 Millionen Euro (2014) vorgesehen.

“Wirtschaftsminister Sven Morlok (FDP) muss endlich damit brechen, unrealistische Projekte für den Bundesverkehrswegeplan (BVWP) anzumelden”, stimmte ihm Eva Jähnigen, verkehrspolitische Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion, zu. “So würde allein die B87n (Leipzig-Torgau) mindestens 360 Millionen Euro Kosten umfassen. Anstelle einer weiteren Wunschliste im Straßenbau dürfen nur die realisierbaren Schienenprojekte Chemnitz-Leipzig, Dresden-Görlitz und Plauen-Bad Brambach-Cheb für den BVWP angemeldet werden.”

Die Neubaustrecke Dresden-Prag mit der Untertunnelung des Erzgebirges bezeichnete Kühn angesichts der Mittelknappheit beim Eisenbahnbau als “Tillichs Wolkenkuckucksheim”.

“Statt von neuen Milliardenprojekten zu träumen, muss die Strecke Berlin-Dresden endlich fertig gestellt werden. So könnte man in gut drei Stunden von Berlin aus Prag erreichen. Das Lärmproblem auf der Elbtaltrasse kann mit überschaubaren Investitionen in den nächsten Jahren verringert werden. Neubautrassen, die jahrzehntelang nicht kommen werden, helfen den Betroffenen nicht.”

Eckpunktepapier der Grünen-Fraktion: www.gruene-fraktion-sachsen.de/fileadmin/user_upload/eckpunktepapiere/2013-01-23_bundesstrassen_ej.pdf

Präsentation zur Pressekonferenz am 23. Januar: www.gruene-fraktion-sachsen.de/fileadmin/user_upload/Stellungnahmen/Vortrag_PK_23_01_13_Bundesfernstrassen_Sachsen.pdf

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