Am Donnerstag, 12. Dezember, legte der Sächsische Rechnungshof (SRH) seinen diesjährigen Jahresbericht mit Prüfungsergebnissen aus dem Kommunalbereich vor. Er stellt darin auch die Situation der Kommunalfinanzen dar. Mit einer recht deutlichen Erkenntnis: Obwohl die Steuereinnahmen im Jahr 2012 zum dritten Mal in Folge auf ihren bislang höchsten Wert stiegen, reichte dies bei weitem nicht aus, um die gestiegenen Ausgaben zu kompensieren.

In Zahlen: Hatten die sächsischen Kommunen 2011 noch 9,557 Milliarden Euro Gesamteinnahmen, waren es 2012 nur noch 9,450 Milliarden. Dem aber stand ein Anstieg der Ausgaben von 9,329 Milliarden Euro auf 9,567 Milliarden gegenüber.

Wie dramatisch die Lage ist, benennt der Bericht so: “Bei den Kreisfreien Städten erreichte nur die Stadt Chemnitz erneut einen positiven Finanzierungssaldo. Die Landkreise, von denen im Vorjahr noch die Hälfte ein positives Ergebnis erwirtschaftete, wiesen im Jahr 2012 allesamt negative Finanzierungssalden aus. Auch der Anteil der kreisangehörigen Kommunen, die das Jahr mit einem negativen Finanzierungssaldo abschlossen, stieg von rund 43 auf 51 %.”

Seit 2006 sind es nach Analyse des Rechnungshofes vor allem die “Hartz IV”-Kosten, die in den Kommunen einen deutlich höheren Anteil der Ausgaben machen. Damit wurde vor allem der Anteil für freie Investitionsbudgets reduziert.

Erstmals seit neun Jahren erwirtschafteten die sächsischen Kommunen also ein insgesamt negatives Ergebnis. Noch niedriger fiel der Finanzierungssaldo zuletzt im Jahr 1997 aus. Am stärksten wuchsen im Vergleich zum Vorjahr die Ausgaben für soziale Leistungen. Und die wirklich dramatischen Knackpunkte kommen erst noch.

Der Präsident des Sächsischen Rechnungshofs, Prof. Dr. Karl-Heinz Binus, weist auf bedeutende Entscheidungen hin, die den künftigen finanziellen Handlungsspielraum der Kommunen maßgeblich beeinflussen werden: “Ab 2020 fließen keine Mittel mehr aus dem Solidarpakt II und die nächste EU-Förderperiode endet. Zudem wird die Bevölkerung Sachsens von derzeit 4 auf 3,8 Mio. Einwohner geschrumpft sein. Die Kommunen stehen dann vor der Herausforderung, trotz sinkender Zuweisungen handlungsfähig zu bleiben.”
Die sächsischen Kommunen haben 2012 ihre Schulden aus Krediten zwar weiter abgebaut. Sie waren damit insgesamt in der Lage, ihre längerfristigen Verpflichtungen einzudämmen. Demgegenüber wuchs jedoch der Schuldenstand in den ausgelagerten Bereichen insgesamt zum dritten Mal in Folge.

Prof. Dr. Binus betont: “Die sächsischen Kommunen, die Beteiligungsgesellschaften sowie die Eigenbetriebe wiesen zum 31.12.2012 statistisch insgesamt einen um rund 300 Millionen Euro höheren Schuldenstand als im Vorjahr aus. Mehr als drei Viertel der Schulden der Kommunen sind den ausgelagerten Bereichen zuzurechnen.”

Er weist wiederholt darauf hin, dass trotz der im Regelfall begrenzten Haftung der Kommunen für ihre Eigen- und Beteiligungsgesellschaften deren Verschuldung ein entsprechendes Risikopotenzial birgt, das sorgfältig zu überwachen ist.

Auch zur Umstellung des kommunalen Rechnungswesens auf die Doppik und zur kommunalen Rechnungsprüfung nahm der Rechnungshof Stellung. Bei Letzterem mit der deutlichen Kritik an jene Kommunen, die die Rechnungsprüfung an externe Gesellschaften auslagern und damit eigene Kompetenzen aufgeben.

Aber das Hauptproblem wird die zunehmende Finanzierungskrise der Kommunen. Denn nachdem ostdeutsche Kommunen jahrelang finanziell besser dastanden als westdeutsche, ist das Ganze im letzten Jahr umgekippt. Obwohl die allgemeinen Steuereinnahmen gestiegen sind. Doch das reicht in Sachsen nicht ansatzweise, um die zurückgehenden Zuweisungen zu kompensieren. Klartext Rechnungshof: “Den in den letzten beiden Jahren jeweils gesunkenen Zuweisungen und ähnlichen Mitteln des Bundes und des Freistaates Sachsen standen steigende Steuereinnahmen gegenüber. Jedoch sanken die Zuweisungen und dgl. in höherem Maße als die Steuereinnahmen stiegen, was insgesamt zu einem geringeren Einnahmenvolumen führte.”

“Die sächsischen Kommunen verzeichnen erstmals seit neun Jahren ein negatives Gesamtergebnis. Das ist ein Weckruf für die Staatsregierung, die Entwicklung der kommunalen Finanzlage mit höchster Aufmerksamkeit zu beobachten”, erklärt dazu Antje Hermenau, Vorsitzende und haushaltspolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Sächsischen Landtag. “Die Staatsregierung sollte prüfen, wie die kommunale Finanzlage wieder gestärkt werden kann. So könnte der kommunale Finanzausgleich angepasst oder den Kommunen dauerhaft zusätzliche Investitionshilfen vom Freistaat gegeben werden. Auch bei den Ausgaben muss die Staatsregierung prüfen, ob es für die Kommunen Entlastungen geben kann. Hier könnte man u.a. über die Absenkung bestimmter Standards nachdenken.”

Dass die Kommunen die zunehmende Last der Verbindlichkeiten in Eigengesellschaften auslagern, findet sie alarmierend. “Der Freistaat darf den Pfad der Tugend nicht verlassen. Denn eine solide Finanzbasis ist schnell verspielt. Innerhalb von nur drei Jahren hat die Verschuldung von kommunalen Beteiligungsunternehmen (z.B. Wohnungsgesellschaften oder Wirtschaftsförderungsgesellschaften) um zwölf Prozent zugenommen. Die kommunale Gesamtverschuldung stieg um vier Prozent. Diesen Trend empfinde ich als besorgniserregend”, sagt Hermenau.

Und nicht alle Kommunen profitierten vom Steuerzuwachs. Ein Drittel der Kommunen hatte tatsächlich rückgängige Steuereinnahmen, dazu gehörte auch Leipzig.

“Problematisch sehen wir insbesondere die Schuldenverlagerung von rund 300 Millionen Euro auf kommunale Unternehmen allein im Jahr 2012. Die Aufgaben- und Finanzierungsschwierigkeiten der Kommunen werden in Schattenhaushalte ausgelagert und damit der unmittelbaren Kontrolle der Kommunalparlamente entzogen. Mehr und mehr wird auch das Insolvenzrisiko für Kommunalunternehmen relevant”, erklärte ihrerseits Marion Junge, kommunalpolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke. “Das vom Landtag in der Sächsischen Gemeindeordnung verankerte besondere Spekulationsverbot hat sich als nur halbherzig erwiesen. Die Zweckverbände nutzen Derivate weiterhin zur ‘Optimierung’ der kommunalen Zinsbelastungen. Erfolg haben sie dabei nicht. – Ich hoffe sehr, dass das Parlament den seit heute vorliegenden Bericht mit den kommunalen Prüfergebnissen bald behandelt und die Anregungen des Rechnungshofes aufgreift. Anders war das leider beim Vorgängerbericht (Drucksache 5/10506) – dieser blieb zunächst elf Monate im Ausschuss liegen.”

Die Jahresberichte des Sächsischen Rechnungshofes:
www.rechnungshof.sachsen.de/pages/index.html

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