Sie reden und reden, malen sich die Welt schön, preisen jeden winzigen Verwaltungsakt als Verbesserung der Welt - aber dabei wird nicht mal die Zerstörung wertvollen Bodens in Sachsen gestoppt. Kritisieren die Grünen die sächsischen Landesfürsten zu Unrecht? - Natürlich nicht. Wer im Jahr 2014 gegen Windmühlen wettert und nicht mal die Zerstörung von Ackerfläche stoppen kann, der gehört nicht wirklich in die Zeit.

Dabei war 2013 auch in Sachsen Jahr der Nachhaltigkeit. Auch die Staatsregierung feierte den 300. Geburtstag des Begriffes Nachhaltigkeit aus dem Werk “Sylvicultura oeconomica” des Sächsischen Oberberghauptmanns Hans Carl von Carlowitz. Doch was von Carlowitz damals vor allem auf den sächsischen Wald bezog, muss im 21. Jahrhundert auf den kompletten Bereich von Wirtschaft, Politik, Biodiversität angewendet werden. Alles hängt mit allem zusammen. Es gibt keine geschlossenen Kreisläufe und die Reparatur dessen, was heute in der Jagd nach einem Quäntchen Profit vernichtet wird, wird Jahrzehnte oder Jahrhunderte dauern.

“Die fortschreitende Flächenversieglung ist eines der größten Umweltprobleme in Sachsen. Mehr versiegelte Fläche heißt weniger Lebensraum für gefährdete Arten, weniger Fläche für vorbeugenden Hochwasserschutz, weniger Ackerland und weniger Erholungsmöglichkeiten für Menschen”, kritisiert Gisela Kallenbach, umweltpolitische Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion.

Da CDU-Umweltminister Frank Kupfer dieses Problem standhaft ignoriert, fordert die Grüne-Fraktion jetzt per Antrag die “Flächenneuversiegelung in Sachsen [zu] reduzieren”. Die dazugehörige Debatte steht am Mittwoch, 29. Januar, auf der Tagesordnung des Landtags.

“Wer ernsthaft Bodenschutz betreiben will, braucht ein Konzept für den Stopp der Flächenneuversiegelung. Dieser politische Wille fehlt CDU und FDP in Sachsen völlig. Aus unserer Sicht muss der Flächenneuverbrauch bis 2020 auf nahe Null verringert werden”, erklärt Kallenbach. “Dafür braucht die Staatsregierung ein Entsieglungsprogramm, untersetzt mit finanziellen, personellen und rechtlichen Mitteln. Voraussetzung ist, dass weitere Flächenversiegelungen mit -entsiegelungen gekoppelt werden. Dies geschieht bislang kaum. Ausgleich und Ersatz sollten jedoch vorrangig in der Nähe des Eingriffsorts stattfinden. Bislang sind die Kompensationen oft wahllos und verstreut. Zudem wird die Umsetzung von Entsiegelung schlecht kontrolliert.”
Trotz massiv zurückgehender Einwohnerzahlen weiten sich in Sachsen die Siedlungs- und Verkehrsflächen auf der “Grünen Wiese” aus.

“Diese Entwicklung ist keine Überraschung, sondern ein Ergebnis der Beton-Verkehrspolitik von CDU und FDP. Ein Ende ist nicht in Sicht. So haben CDU und FDP im Landesentwicklungsplan Sachsen (2012) mehr als 130 Ortsumgehungsstraßen festgeschrieben. Nur wenige davon sind aus unserer Sicht notwendig”, stellt Kallenbach fest.

Nach den letzten offiziellen Aussagen der Staatsregierung wurden in Sachsen immer noch 8,2 Hektar Fläche täglich neu in Anspruch genommen. (Quelle: Landesentwicklungsplan 2012 – Umweltbericht mit Klimacheck) Das entspricht der Größe von ca. 11 Fußballfeldern. Ein Teil davon sind rekultivierte Braunkohleflächen, der größte Teil allerdings Verkehrs-, Baugebiets,- und Gewerbegebietsflächen.

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Im Jahr 2012 erreicht die in der Landestatistik geführte Siedlungs- und Verkehrsfläche ca. 235.000 Hektar. Damit stieg der Anteil in Sachsen seit 1992 von 10 auf 12,4 Prozent. Im Zeitraum 2007 bis 2012 ist die Siedlungs- und Verkehrsfläche um ca. 17.000 Hektar angewachsen. Gleichzeitig sank die Einwohnerzahl um rund 190.000 Einwohner (> 4 Prozent). Die Landwirtschaftsfläche ging in Sachsen seit dem Jahr 2000 um rund 14.000 Hektar zurück.

Das Gemeinsame Handlungsprogramm der Staatsministerien des Innern sowie für Umwelt und Landwirtschaft aus dem Jahr 2009 sah eine Verringerung der täglichen Neuinanspruchnahme durch Siedlungs- und Verkehrsflächen auf unter zwei Hektar bis zum Jahr 2020 vor. Dieses Ziel wurde aber weder im Landesentwicklungsplan noch im Landesverkehrsplan festgeschrieben. Sachsen schichtet immer noch ein Maximum an Fördergeldern in den Straßenneubau um. Allein mit EFRE-Mitteln sollen in der Förderperiode 2007-13 (abrechenbar bis 2015) für 618 Millionen Euro Straßen gebaut werden.

“Der Staatsregierung fehlt es an Problembewusstsein. 2009 haben sich Innen- sowie Umwelt und Landwirtschaftsministerium in einem gemeinsamen Handlungsprogramm verpflichtet, die Flächeninanspruchnahme bis 2020 auf unter zwei Hektar pro Tag zu reduzieren. Konkrete Programme, wie das erreicht werden soll, sind aber weder im Doppelhaushalt noch im Landesentwicklungsplan oder im Landesverkehrsplan zu finden. Auch im aktuellen Landesumweltbericht Sachsen 2012 sucht man vergeblich nach konkreten Aussagen. Dort wird nur hilflos auf den Landesentwicklungsbericht 2010 verwiesen. Darüber hinaus wurde das Geld für Brachflächenrevitalisierung auf von 9,8 Millionen Euro (2011) auf 5 Millionen Euro (2014) halbiert. Nötig ist nicht die Kürzung, sondern der Ausbau der Förderung”, fordert Kallenbach.

Der Grünen-Antrag “Flächenneuversieglung in Sachsen reduzieren” (Drs 5/13157):
www.gruene-fraktion-sachsen.de/5f57212b.l

Landesentwicklungsbericht 2010. Das Thema Flächeninanspruchnahme wird in Kapitel 3.4 behandelt:
www.landesentwicklung.sachsen.de/download/Landesentwicklung/LEB2010.pdf

SMUL, Bodenversiegelung und Flächeninanspruchnahme:
www.umwelt.sachsen.de/umwelt/boden/12210.htm

Gemeinsames Handlungsprogramm der Staatsministerien des Innern sowie für Umwelt und Landwirtschaft von 2009 in einer Pressemitteilung:
www.medienservice.sachsen.de/medien/news/138434

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