Mit Zahlen hat es Markus Ulbig nicht so. Bis 2014 fand er auch seine „Polizeireform 2020“ ganz toll und die Kritik der Opposition völlig daneben. Dann half die SPD dabei, seinen Einsparquatsch zu beenden. Seitdem redet er anders. So wie am 27. November in Dresden-Pieschen bei einer CDU-Bürgerversammlung. Da meinte er, die 1.000 zusätzlich benötigten Polizisten gäbe es schon 2022. Stimmt nicht, gab’s postwendend die Korrektur aus der Opposition.

Am 17. November schon bei der Vereidigung von 611 neuen Polizeimeister-, Polizeikommissar- und Kriminalkommissaranwärtern in Riesa tat Ulbig so, als wäre der Personalzuwachs seine Idee gewesen und nur eine kleine Korrektur.

„Der Freistaat Sachsen hat vor zwei Jahren aufgrund der veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und den Herausforderungen für die Sicherheitsbehörden den ursprünglich geplanten Stellenabbau bei der Polizei Sachsen gestoppt“, formulierte es sein Ministerium. „Darüber hinaus wurden weitere 1.000 Stellen geschaffen und in diesem Zusammenhang der Einstellungskorridor auf 600 in diesem und 700 ab 2018 erhöht. Damit steigt die Zahl der Neueinstellungen kontinuierlich an (2014: 314; 2015: 412; 2016: 521). Bis etwa 2025 werden in Sachsen über 14.000 Polizisten sowohl im Polizeivollzugsdienst als auch in der Verwaltung arbeiten.“

Da stand also noch das rechnerisch richtigere Jahr 2025.

Warum er dann zehn Tage später von 2022 redet, ist zumindest Enrico Stange, innenpolitischer Sprecher der Linksfraktion, nicht recht einleuchtend.

Die Polizeistärke, wie sie sich nach Rechnung von Enrico Stange ergibt. Grafik: Linksfraktion, Enrico Stange
Die Polizeistärke, wie sie sich nach Rechnung von Enrico Stange ergibt. Grafik: Linksfraktion, Enrico Stange

„Auch mit 14.000 Beamten wird eine ausreichend präsente und präventive Polizeiarbeit kaum möglich sein. Aber davon abgesehen: Ulbigs Taschenspielertrick ist dreist! Ausgangspunkt aller Berechnungen ist der Abschlussbericht der Fachkommission zur Evaluierung der Polizei. Die forderte im Dezember 2014 eine Aufstockung um 1.000 Stellen. Der Ist-Stand lag damals bei 11.140. Dieser Wert wird frühestens 2024 um 1.000 Beamte übertroffen – sofern die Alters- und sonstigen Abgänge sowie die Zugänge innerhalb der prognostizierten Korridore liegen“, rechnet Stange vor.

Aber mit genau solchen Zahlen hat Ulbig auch gegenüber Valentin Lippmann, dem innenpolitischen Sprecher der Grünen, argumentiert. Auch der fragt regelmäßig nach der Personalbesetzung der sächsischen Polizei. Am 15. November suggerierte dann Ulbigs Antwort tatsächlich, dass man die 1.000 zusätzlichen Polizisten schon 2022 haben werde. Verwaschen werden die Zahlen auch deshalb, weil Ulbig gern die Verwaltung mit einrechnet, obwohl es eigentlich um reale Polizeivollzugsbeamte geht. Und dann operiert er auch noch gern mit dem Stellenplan, der mit der realen Stellenbesetzung eher weniger zu tun hat. Was schon 2017 einen Stellenzuwachs  von 129 suggeriert, obwohl es tatsächlich 35 Polizeibeamte weniger sein werden als vor einem Jahr. Erst ab 2019 greift tatsächlich der erhöhte Einstellungskorridor für frisch ausgebildete Polizisten.

Ergebnis: Das Plansoll wird früher vermeldet, auch wenn die realen Zahlen von Vollzugsbeamten tatsächlich erst zwei Jahre später erreicht werden, nämlich 2024.

Auf deren Zahl muss sich Ulbigs Rechnung beziehen, betont Stange. Und auch da ist der Ausgangspunkt 2014, als die SPD in der Regierung endlich eine Korrektur in Ulbigs Polizeipolitik durchsetzte, eigentlich nicht der richtige, aber zumindest ehrlicher, als das Schrumpfjahr 2017 zur Grundlage zu nehmen, kommentiert Enrico Stange: „Auf der Jagd nach der schnellen Schlagzeile legt Ulbig nun einfach den Personalbestand von 2017 zugrunde, der seit 2014 um etwa 450 Beamte geschrumpft ist. Das ist unehrlich und wohl Ausdruck des verzweifelten Bemühens, Argumente für seinen Verbleib im Kabinett zu finden.“

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