Es ist etwas verloren gegangen – auch und gerade bei einigen unserer gewählten Volksvertreter: das Bewusstsein dafür, dass sie von den Bürgern des Landes gewählt wurden und von ihren Steuergroschen bezahlt werden. Da darf man nicht nur Transparenz in Handeln und Reden verlangen, sondern auch Transparenz bei Einkommen und Abhängigkeit. Ein Thema, das jetzt zwei Landtagsabgeordnete der Linken auf den Tisch packen.

Denn die wenigsten Abgeordneten im Sächsischen Landtag haben ihre (Neben-)Einkünfte veröffentlicht. Nur ein Bruchteil davon legt seine Ausgaben der erhaltenen Steuergelder offen. Dies soll sich ändern, finden die beiden Leipziger Landtagsabgeordneten Juliane Nagel und Marco Böhme (Die Linke) und fordern außerdem eine Kranken- und Rentenkasse für alle, in die auch Abgeordnete einzahlen sollen.

„Für uns ist es selbstverständlich, dass sämtliche Einkommen von gewählten Mandatsträger/-Innen offengelegt werden sollten. Auch Kleinstbeträge von monatlich unter 1.000 Euro müssen dazu zählen, was allerdings derzeit beim Landtagspräsidenten und damit der Öffentlichkeit nicht angezeigt werden muss. Dort beginnt die Anzeigepflicht für Nebeneinkünfte erst ab 1.000 Euro im Monat“, kommentieren Nagel und Böhme ihren Vorstoß.

„Unsere (Neben-)Einkünfte und vor allem unsere Ausgaben der Öffentlichen Gelder veröffentlichen wir seit Beginn unserer Mandatszeit im Jahr 2014 freiwillig unter unseren Internetseiten und fordern das auch von unseren Abgeordnetenkolleg/-innen, weil es hier um öffentliche Mandate und letztlich Steuergeldern geht.“

Außerdem fordern die beiden Abgeordneten, dass sich auch Abgeordnete an der solidarisch finanzierten Kranken- und Rentenversicherung beteiligen und von ihrer Möglichkeit Gebrauch machen, statt in den Pensionsfonds oder in privaten Versicherungen in die gesetzlichen Kassen einzuzahlen.

„Abgeordnete erhalten dafür einen entsprechenden Betrag von der Parlamentsverwaltung, der sich jeweils an den gesetzlichen Höchstbeträgen anlehnt“, erklären sie. „Wir fordern, dass die gesetzlichen Kassen gestärkt werden und sich Besserverdienende nicht in eigene Systeme wie Pensionsfonds oder private Versicherungen zurückziehen. Solidarität funktioniert nur, wenn alle mitmachen. Daher sind wir seit Legislaturbeginn 2014 gesetzlich rentenversichert wie maximal 13 andere Abgeordnete im Landtag und zahlen selbstverständlich auch in die gesetzliche Krankenversicherung.“

Im Doppelhaushalt 2017/2018 ist unter dem Punkt „Vorsorgebeiträge der Mitglieder des Sächsischen Landtags nach §§ 13 und 14a SächsAbgG“ nachzulesen, dass der Freistaat als  Vorsorgebetrag der Abgeordneten für die Rentenoption 191.100 Euro bereitgestellt hat. Geteilt durch 12 Monate und ca. 1.209 Euro Rentenversicherungsbeitrag ergibt das 13 Personen.

„Eine offizielle Kleine Anfrage dazu wurde von der Landtagsverwaltung nicht zugelassen“, fügen Nagel und Böhme noch an.

Das heißt: Für 13 Landtagsabgeordnete ist es selbstverständlich, solidarisch in die gesetzliche Rentenkasse einzuzahlen, der große Rest – rund 90 Prozent des Landtags – nutzt lieber die elitären Möglichkeiten der staatlichen Pensionskasse oder Privatversicherungen. Eigentlich ein sehr klarer Punkt, der zeigt, wie selbstverständlich abgehoben selbst im armen Sachsen die meisten gewählten Abgeordneten sind. Wie realitätsnah aber will so ein Parlament entscheiden, wenn es nicht einmal Verständnis für die normalen Lebensbedingungen der nicht verbeamteten und pensionierten Bürger hat?

26 Prozent der Leipziger Beschäftigten drohen Mini-Renten

26 Prozent der Leipziger Beschäftigten drohen Mini-Renten

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar