Weniger Heimat, mehr Braunkohle – so ließe sich überspitzt die Diskussion über das SPD-Regierungsprogramm für die kommende Landtagswahl zusammenfassen. Auf dem Parteitag am Samstag, den 22. Juni, in Neukieritzsch ging es aber auch um Feminismus, Polizei, Bildungs- und viele weitere Themen.

Die SPD hat ihr Regierungsprogramm für die Landtagswahl 2019 beschlossen. Auf einem Landesparteitag in Neukieritzsch stimmten am Samstag, den 22. Juni, die Delegierten fast einstimmig für den rund 70 Seiten umfassenden Leitantrag. Es gab lediglich zwei Gegenstimmen und eine Enthaltung.

Das Programm enthält hunderte Positionen und Forderungen zu Themen wie Bildung, Kultur, Infrastruktur und Arbeit. Zu diesen wiederum gab es mehr als 200 Änderungsanträge. Einige Abstimmungen gingen mit ausführlichen Diskussionen einher.

So löste gleich der erste Satz im Regierungsprogramm eine Kontroverse aus. Dieser lautete ursprünglich: „Ob hier geboren oder hergezogen: Sachsen ist unsere Heimat.“ Während viele Delegierte den Begriff „Heimat“ als problematisch bewerteten, warb der Landesvorsitzende und Spitzenkandidat Martin Dulig dafür, ihn zu verwenden.

„Heimat“ sei nicht unbedingt ein Ort, sondern „ein Gefühl der Zugehörigkeit und Verbundenheit. Er verstehe die Schwierigkeiten mit dem Wort, weil manche es ausgrenzend meinten. Für ihn solle es jedoch Offenheit ausdrücken. Die Mehrheit der Anwesenden sah es jedoch anders. Statt „Sachsen ist unsere Heimat“ heißt es einleitend nun „Sachsen ist unser Zuhause“.

Umstritten war auch ein Bekenntnis zum Kohleausstieg bis 2038. Ein Antragsteller forderte, stattdessen in das Wahlprogramm zu schreiben, dass der Kohleausstieg 2038 zu spät sei. Vor allem jüngere Delegierte argumentierten damit, dass Klimawandel das bestimmende Thema der Zeit sei und es darum gehe, junge Leute ernst zu nehmen. „Ihr seid die Braunkohlepartei“ bekäme man häufig zu hören. „Wir können uns dann nie wieder bei Fridays for Future blicken lassen.“

Dulig und andere Delegierte hielten dagegen, dass ein Ausstieg aus dem Kompromiss die Gefahr berge, dass es dann nicht zu einem früheren, sondern einem späteren Kohleausstieg kommen könnte. Diesmal konnte sich Dulig durchsetzen. Die große Mehrheit stimmte einem Kompromissvorschlag zu, der lautet: „Wir stehen zum vereinbarten Kohleausstieg bis 2038. Trotzdem wünschen wir uns einen früheren Ausstieg, wenn das möglich ist.“

Weiterhin beschlossen die Delegierten, dass das Wahlalter auf 14 Jahre gesenkt werden soll. Ursprünglich war nur eine Senkung auf 16 Jahre vorgesehen. Die Jusos setzten sich jedoch mit einem Änderungsantrag durch. Keine Zustimmung fand hingegen ein Antrag, konkrete Ziele für Betreuungsschlüssel für Krippe, Kita und Hort in das Regierungsprogramm zu schreiben.

Im Bereich Soziales gab es ebenfalls einige Änderungen. So soll es mehr Schutzeinrichtungen für Opfer sexueller Gewalt geben. Konkret soll es in jedem Landkreis beziehungsweise jeder Kreisfreien Stadt mindestens eine solche Einrichtung geben. Zudem setzt sich die SPD für die Legalisierung von Cannabis ein, ursprünglich jedoch nur für Menschen ab 21 Jahren. Nach einem erfolgreichen Änderungsantrag wurde das Alter auf 18 Jahre gesenkt.

Weitere Beschlüsse: Der Besuch einer Holocaustgedenkstätte in der Schulzeit soll verpflichtend werden und die SPD soll ein Sofortprogramm gegen hohe Mieten fordern. Dabei geht es konkret um zusätzliche 1.000 Sozialwohnungen pro Jahr und einen Mietendeckel für Sachsen.

Das beschlossene Regierungsprogramm wird im Laufe des Montags, 24. Juni, zum Download unter www.spd-sachsen.de zur Verfügung stehen.

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