Im März wurde der sogenannte „Flügel“ innerhalb der AfD zum Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes erklärt. Das betrifft logischerweise auch die sächsische AfD, wo dieser rechtslastige „Flügel“ ganz und gar keine kleine Splittergruppe ist. Und das macht nicht nur dem Bundesamt für Verfassungsschutz mehr Arbeit, auch die sächsischen Verfassungsschützer bekommen jetzt mehr zu tun. Die Linke-Landtagsabgeordnete Kerstin Köditz wollte das natürlich etwas genauer wissen.

Und zumindest hat sie jetzt die Bestätigung durch das sächsische Innenministerium, dass die AfD-Teilorganisation „Der Flügel“ im Freistaat jetzt beobachtet wird. Es handle sich für das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) um eine „erwiesene extremistische Bestrebung“ im Sinne des Verfassungsschutzgesetzes, teilte Minister Roland Wöller auf Anfrage der Sprecherin der Linksfraktion für antifaschistische Politik, Kerstin Köditz, mit (Drucksache 7/2038).

Und die Personen, die sich bislang diesem vom Thüringer AfD-Rechtsaußen Björn Höcke dominierten „Flügel“ zugerechnet haben, sind keine braven Bürger, die sich etwas besorgter geben als andere. Mit der Entscheidung zur Beobachtung stellt auch der Verfassungsschutz fest, dass man es mit Leuten zu tun hat, die unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung gefährden.

„Damit wird bestätigt, dass der Geheimdienst zuständig ist und verdeckt vorgehen kann“, kommentiert es Kerstin Köditz. „Daran ändere sich ,zunächst auch nichts durch die in den Medien zwischenzeitlich angekündigte Auflösung des Flügels zum 30. April 2020‘, heißt es weiter. Allerdings: Über konkrete Aktivitäten des ,Flügels‘ kann oder will das Innenministerium offenbar keine Auskünfte erteilen – dazu lägen ,keine Erkenntnisse‘ vor, heißt es.

Das Innenministerium beruft sich darauf, nicht öffentlich über den Zeitraum berichten zu dürfen, in dem der ,Flügel‘ noch ein Verdachtsfall und kein vollwertiges Beobachtungsobjekt war. Gefragt nach Strukturen der Vereinigung wird lediglich pauschal auf Erkenntnisse ,aus öffentlich zugänglichen Medien‘ verwiesen. Weitergehende Erkenntnisse des LfV wolle man ,zum Schutz nachrichtendienstlicher Zugänge‘ nicht nennen.“

Eine Informationszurückhaltung, die Kerstin Köditz ziemlich seltsam findet.

„Das ist unverständlich“, sagt sie. „Der Flügel ist bundesweit ein Beobachtungsobjekt der Verfassungsschutzbehörden, das maßgebliche Bundesamt hat darüber umfangreich informiert. Und erst vor wenigen Tagen berichtete das LfV Bayern als erste Landesbehörde in einem Jahresbericht ausführlich sowohl über den ,Flügel‘ als auch über die ,Junge Alternative‘. Der ,Schutz nachrichtendienstlicher Zugänge‘ darf in Sachsen nicht zum Schutz der AfD umfunktioniert werden!“

Aber gleichzeitig könnte diese Zurückhaltung ja auch mit einer anderen Tatsache zusammenhängen: Dass auch einige sächsische Staatsbedienstete Mitglied der AfD sind und einige auch mit dem „Flügel“ sympathisieren.

Und deswegen sei für sie auch die Mitteilung nicht nachvollziehbar, „dass nach Kenntnis der Staatsregierung bislang keine Disziplinarverfahren gegen ,Flügel‘-Anhänger eingeleitet worden seien, die zugleich Landesbedienstete sind. Aus Richtung der Innenministerkonferenz war eine andere Gangart angekündigt worden. Und auch im sächsischen Koalitionsvertrag heißt es ganz eindeutig: ,Wir werden konsequent gegen Verfassungsfeinde im Staatsdienst vorgehen.‘ Genau das erwarte ich jetzt auch. Nähere Informationen zum ,Flügel‘ will das LfV Sachsen der Parlamentarischen Kontrollkommission vorlegen. Dieses Gremium tagt allerdings in der Regel geheim – und momentan gar nicht. Ich werde darauf drängen, die nächste Sitzung zeitnah anzuberaumen. Auch in Krisenzeiten darf die Kontrolle des Geheimdienstes nicht ruhen!“

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