Rund 2.000 Spielminuten lang war die Zweitliga-Saison für die Fußballerinnen des FFV Leipzig. Doch die Entscheidung über den Klassenerhalt fiel erst in der allerletzten Minute. In einer hochdramatischen Schlussphase erkämpften sich die Leipzigerinnen zum Saisonfinale am vergangenen Sonntag beim Tabellennachbarn Blau-Weiß Hohen Neuendorf ein 1:1-Unentschieden und sicherten sich damit den Verbleib in der 2. Bundesliga.

Das junge FFV-Team von Trainer Hendrik Rudolph ist definitiv keine Truppe, die Gefallen an Mauer-Fußball findet. Doch im überlebenswichtigen Spiel in Hohen Neuendorf sollte der Erfolg aus einer sicheren Abwehr heraus gesucht werden – so zumindest der Plan des Coaches. Das Problem: Gerade in der Defensive taten sich arge Besetzungssorgen auf. Christin Janitzki war per Gelb-Rot-Sperre aus dem Magdeburg-Spiel zur Untätigkeit verdammt.

Dazu kam, dass Natalie Horn und Sophie Görner mit Zerrungen zu kämpfen hatten und ihr Einsatz bis zum letzten Moment fraglich war. Görner konnte ins Rennen geschickt werden, bei Horn schätzte Rudolph das gesundheitliche Risiko als zu hoch ein. Zudem verzichtete er auf die 18-jährige Paula Strang, die in einem Formtief steckt. Also musste ordentlich umgebaut werden: Laura Birne rückte von der Außen- in die Innenverteidigung und Routinier Claudia Strähle – eigentlich eine Stürmerin – sollte Ruhe und Erfahrung in die Außenverteidigung bringen.

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Wie souverän seine Mannschaft dennoch das brisante Spiel bestimmte, überraschte selbst den Trainer. “Wir haben in der 1. Halbzeit überhaupt nichts zugelassen. Wir sind viel gelaufen und es war ein richtig gutes, ballsicheres Spiel.” Einzig im Abschluss fehlte die letzte Konsequenz und das berühmte Quentchen Glück. So zimmerte Safi Nyembo nach Traumpass von Lisa Pfretzschner den Ball nur an die Lattenunterkante und scheiterte kurz vor der Pause an Hüterin Jankowska. Zuvor hatte auch Marie-Luise Herrmann mit einem Schuss aus der zweiten Reihe das Ziel nur knapp verfehlt.

Torlos ging es in zweiten 45 Minuten, zu deren Beginn sich der FFV fünf “Chaosminuten” leistete, wie es Trainer Rudolph beschrieb. In dieser Phase hatten die Leipzigerinnen Glück, dass Hohen Neuendorf eine Riesen-Chance zur Führung nicht nutzen konnte. Dann allerdings übernahmen die Gäste wieder das Ruder und hatten ihrerseits durch einen Nyembo-Kopfball eine gute Möglichkeit. Letztlich schien alles auf ein 0:0 hinauszulaufen, bis sich die Ereignisse in der Schlussphase förmlich überschlugen.

In der 79. Spielminute nutzte Sommer eine der wenigen Unaufmerksamkeiten in der FFV-Abwehr, ließ Pfretzschner aussteigen und schob aus spitzem Winkel zum 1:0 für Hohen Neuendorf ein. So kurz vor dem Ende war Leipzig nun doch noch auf dem ungeliebten Relegationsplatz gelandet, wollte sich aber keineswegs damit abfinden.

Rudolph hatte die Möglichkeit eines Rückstandes taktisch bereits vorbereitet, brachte umgehend Gäbler für Förster und stellte auf Dreierkette um. Die Maßnahme zeigte Erfolg, denn nur fünf Minuten später zog Marie-Luise Herrmann (Rudolph: “Marie hat ein Riesen-Spiel gemacht!”) aus halbrechter Position und fast 30 Meter Torentfernung einfach mal ab und knallte den Ball zum 1:1-Ausgleich in den Winkel (84.). Nun hatte Hohen Neuendorf wieder den “Schwarzen Relegations-Peter”.

Als Leipzig sehnsüchtig auf den Abpfiff wartete, rückte doch noch einmal Torhüterin Lisa-Maria Weinert in den Mittelpunkt. Zunächst rettet sie das remis, als sie einen Schuss aus dem Dreiangel fischte. Dann allerdings brachte sie in der 90. Minute die durchgelaufene Anna Laue zu Fall, was das “dicke Ende” der Partie einläutete. Schiri Schultz entschied auf Notbremse, zeigte auf den Elfmeterpunkt und der entsetzten Weinert die rote Karte.
FFV-Coach Rudolph war außer sich, bemängelte vor allem, dass ein der Situation vorangegangenes klares Foul an Lübcke nicht geahndet worden war und sah die Felle in allerletzter Minute doch noch davonschwimmen. Da sein Auswechselkontingent aber noch nicht erschöpft war, schickte er Reserve-Hüterin Sandra Schumann zwischen die Pfosten. “Den hältst du!”, gab ihr Rudolph noch mit auf den Weg. Laue ging selbst zum Punkt, schoss schlecht, Schumann wehrte ab, der Nachschuss strich über die Latte ins Aus. Der FFV hatte den Klassenerhalt geschafft!

“Das war brutal!”, stöhnte der völlig geschaffte Trainer. “Ich habe mich Pfingsten schon in Würzburg bei der Relegation verbringen sehen.” Diese Reise muss nun das Team von Blau-Weiß Hohen Neuendorf anreten.

Info: Wie der FFV Leipzig am Freitag vermeldete, hat Hendrik Rudolph sein Traineramt inzwischen “aus persönlichen sowie beruflichen” Gründen niedergelegt und wird dem verein damit im kommenden Zweitliga-Jahr nicht mehr zur Verfügung stehen.
SV Blau-Weiß Hohen Neuendorf vs. FFV Leipzig 1:1 (0:0)
2. Bundesliga/ Staffel Nord/ Frauen, 22. Spieltag

SV Blau-Weiß Hohen Neuendorf: Jankowska – Voss, Andonova, Behrendt, Konsek, Kollek, Siwinska, Targatz, Grimske (67. Janowitz), Laue, Sommer. Trainer: Jan Scharlowsky.
FFV Leipzig: Weinert – Görner (90. Schumann), Pfretzschner, Lübcke, Birne, Reichenbach, Herrmann, Heller, Strähle (80. Gäbler), Nyembo, Nauesse (87. Förster). Trainer: Hendrik Rudolph.

Torfolge: 1:0 Sommer (79.), 1:1 Herrmann (84.). Schiedsrichter: Verena-Kordula Schultz (Wolfsburg). Gelbe Karten: Laue (Hohen Neuendorf), Birne, Nauesse (beide FFV). Rote Karte: Weinert (FFV/ 90./ Notbremse). Zuschauer: 480 im Sportplatz an der Niederheide, Hohen Neuendorf.
:
7.) 1.FC Lübars (26 Punkte/ -8 Tore)
8.) Magdeburger FFC (26 Punkte/ -12 Tore)
9.) FFV Leipzig (25 Punkte/ -14 Tore)
10.) Hohen Neuendorf (25 Punkte/ -30 Tore)
11.) USV Jena II (22 Punkte/ -25 Tore)
12.) Viktoria Berlin (15 Punkte/ 26 Tore)

Mehr Informationen zur 2. Bundesliga:
www.dfb.de/index.php?id=3085

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