Die Chancen standen gut wie nie, denn mit dem FSV Zwickau schalteten die Grün-Weißen einen der heißen Titelanwärter selbst aus, andere Teams schwächelten. Gegen Neugersdorf gelang den Leipzigern nun ein verdientes 1:0, das den Sachsenpokal für das Vereinsheim und möglicherweise einen Erstligisten nach Leutzsch bringt. 45 Minuten warfen die Hausherren alles noch vorne, in der zweiten Halbzeit warteten sie klug ab. Am Ende feierten etwa 4.800 Heimfans den Triumph gemeinsam mit der Mannschaft.

Diesen leiteten die Leutzscher mit gewitzten Aktionen vor allem über ihre rechte Seite ein. Alexander Bury und Nicolas Ludwig agierten stark und schnell. Doch die erste Chance resultierte aus einer Standardsituation. Die Flanke aus dem linken Halbfeld erreichte Sascha Rode, kurze Zeit später prüfte Pierre Merkel Gäste-Torwart Samuel Aubele. Auch im weiteren Verlauf sollte er mehr zu tun bekommen als sein Gegenüber Julien Latendresse-Levesque.

Mit schönen Kombinationen, die durchaus an einen Wiederaufstieg in die Regionalliga glauben lassen, überspielten die Hausherren das Mittelfeld ein ums andere Mal. Das 1:0 entstand über die linke Seite, von wo der in dieser Spielphase omnipräsente Alexander Bury den Ball wunderschön ins lange obere Toreck zirkelte (22.).

Passte genau: Alexander Bury hatte den Siegtreffer erzielt. Foto: Jan Kaefer
Passte genau: Alexander Bury hatte den Siegtreffer erzielt. Foto: Jan Kaefer

Mit ihrem erfrischend spielfreudigen Offensivfußball begeisterten die Leutzscher am „Tag der Amateure“ sicher auch Zuschauer der deutschlandweiten ARD-Konferenz, zumal auch das Zweikampfverhalten defensiv passte. Einige Fans ließen es sich dennoch nicht nehmen, von weiter her mal wieder in den Alfred-Kunze zu reisen, wie an den Autokennzeichen zu erkennen war.

Auch etliche Frankfurter Fans waren anwesend, da Leipzig auf der Rückreise vom DFB-Pokalfinale am Samstag lag. BSG Chemie und Eintracht Frankfurt sind durch eine Fanfreundschaft verbunden, die auch in einem Banner während der Pause zum Ausdruck kam: „Wir haben die Eintracht im Endspiel gesehen. Herzlichen Glückwunsch Eintracht Frankfurt“. Andere Banner zeugten von der sympathisch subversiven Haltung in Leutzsch wie zum Beispiel: „EM 2024? Kümmert euch erstmal um den Amateursport!“

DFB-Präsident Reinhard Grindel war in Leutzsch vor Ort. Foto: Jan Kaefer
DFB-Präsident Reinhard Grindel war in Leutzsch vor Ort. Foto: Jan Kaefer

Ob diese Botschaft ihren Adressaten, den anwesenden DFB-Präsidenten Reinhard Grindel, erreichte, blieb offen. Dieser sagte aber der L-IZ: „Die Leutzscher haben aus meiner Sicht ihre Mannschaft toll unterstützt, das war voll in Ordnung.“ Was nicht so klang, als hätten die in die Choreographie eingebauten Bengalofackeln ein allzu großes Nachspiel.

Auch für das Anliegen der BSG, mehr Transparenz in die Verfahren der Sportgerichtsbarkeit zu bringen (siehe Link „Offener Brief“), nahm sich Grindel laut Verantwortlichen des Vereins Zeit. Es seien auch konstruktive Gespräche mit Vertretern des Nordostdeutschen Fußballverbandes (NOFV) und des Sächsischen Fußballverbandes (SFV) geführt worden, die beide Seiten über den Sommer fortsetzen möchten. Der Verein nutzte somit nicht nur auf dem Feld das Wochenende optimal.

Alexander Bury im Kopfball-Duell mit dem Neugersdorfer Pedro Belini Fagan. Foto: Jan Kaefer
Alexander Bury im Kopfball-Duell mit dem Neugersdorfer Pedro Belini Fagan. Foto: Jan Kaefer

Für die Fans stand natürlich das Geschehen direkt auf dem Rasen im Vordergrund. Sie sahen, dass in der zweiten Halbzeit Neugersdorf mehr und mehr das Ruder übernahm, was ein Stück weit zum Plan von Dietmar Demuth gehörte: „Mit der Führung im Rücken haben wir auf unsere schnellen Außen gesetzt. Ich hätte damals, als ich den Job hier annahm, nie gedacht, dass mich der Weg in den DFB-Pokal führt. Das ist in Sachsen nicht so leicht, den Landespokal zu gewinnen, da spielen andere Kaliber als wir mit. Umso glücklicher bin ich, dass wir die Chance nutzen konnten.“

Der Trainer hatte spaßeshalber sogar das richtige Ergebnis vorausgesagt. Nach einem 0:1 und 0:0 in der Liga müsse doch ein 1:0 folgen, waren seine Worte unter der Vorwoche. Damit hätte er beinahe nicht richtig gelegen, denn in der 85. Minute liefen drei Grün-Weiße auf den Torwart und zwei Abwehrspieler zu. Beide Außen waren gut besetzt, wobei Nicolas Ludwig drei Meter vor dem Ball lief und somit nicht anspielbar war.

Im AKS war ordentlich Feuer unterm Dach. Foto: Jan Kaefer
Im AKS war ordentlich Feuer unterm Dach. Foto: Jan Kaefer

Marko Troglic entschied sich daher richtigerweise nach rechts abzuspielen, der Ball landete auch im Tor, doch der Schütze hatte ebenfalls im Abseits gestanden. „Ich bin schon zum Jubel auf den Platz gerannt, dann habe ich die Fahne gesehen und mich geärgert“, so Daniel Heinze, der schon zu FC Sachsen-Zeiten im AKS spielte. „Ich habe mir immer gewünscht, mal im DFB-Pokal aufzulaufen, dass es jetzt dazu kommen wird, ist gigantisch.“

Die Auslosung wird in Leutzsch nun sicher mit Spannung verfolgt, vielleicht lautet das Los ja sogar Eintracht Frankfurt.

Die Statistik zum Finale:
http://www.fussball.de/spiel/bsg-chemie-leipzig-fc-oberlausitz-neugersdorf/…

Sekunden nach dem Abpfiff war die Mannschaft von grün-weißen Fans umringt. Foto: Jan Kaefer
Sekunden nach dem Abpfiff war die Mannschaft von grün-weißen Fans umringt. Foto: Jan Kaefer

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