Mit einem in der Höhe nicht erträumten Heimsieg hat der 1. FC Lok das Festwochenende zum 125-jährigen Jubiläum beendet. Beim 4:1-(1:1) gegen Hertha BSC II brachte vor 3.056 Zuschauern ein strittiges Tor von Matthias Steinborn die Hausherren auf die Siegerstraße. Der Stürmer hatte den Ball an der Mittellinie an die Hand bekommen und startete von dort durch zum zweiten Tor. Auf Nachfrage von Schiedsrichter Kohnert sah Steinborn kein absichtliches Handspiel und sorgte für teilweise unkontrollierte Emotionen beim Gegner. Anschließend brach der bis dahin mindestens ebenbürtige Tabellen-Dritte auseinander. Lok marschierte auf Platz 10.

Die spielentscheidende Szene beim Heimspiel des 1. FC Lok war zunächst harmlos. Nach einem Abschlag von Jonathan Klinsmann stand Matthias Steinborn beim zweiten Ball im Halbfeld, genau im Berliner Passweg. Der kopfhohe Ball sprang an seine Hand. Während die Berliner Handspiel monierten, warf Steinborn einen Super-Zündi ein und sprintete die Außenlinie entlang.

Seine ob der Lok-Unterzahl am Fünfmeter-Raum ungefährliche Flanke lenkte Florian Egerer ins eigene Tor. Anschließend störten ein paar Herthaner den Lok-Jubel, reklamierten Handspiel, gingen den vermeintlichen Übeltäter Matthias Steinborn an. Den protestierenden Hertha-Kapitän Tony Fuchs räumte Lok-Trainer Joppe im Jubelgetümmel prompt ab.

Ronny Surma gerät nach der umstrittenen Lok-Führung mit dem Berliner Nils Blumberg aneinander. Foto: Jan Kaefer
Ronny Surma gerät nach der umstrittenen Lok-Führung mit dem Berliner Nils Blumberg aneinander. Foto: Jan Kaefer

Hertha-Trainer Ante Covic deutete gestenreich Handspiel an und musste schließlich vom eigenen Torhüter zurückgehalten werden, während Fuchs kaum noch zu bremsen war. Schiedsrichter Tim Kohnert aus Ballenstedt fragte noch einmal bei Matthias Steinborn nach und gab schließlich das Tor. Das erregte allerdings die Berliner Gemüter nur noch mehr.

Fuchs und Ernesto de Angelo langten in der Folge deftig gegen Steinborn hin, kassierten Gelb beziehungsweise Gelb-Rot. „Wir bringen unseren Jungs bei, stets die Wahrheit zu sagen“, so Covic nach dem Spiel. Sein Gegenüber konterte: „Wir wollen keinen Fairnesspokal gewinnen, für uns geht es um Punkte.“ Die Lok-Führung nach 66 Minuten war die Vorentscheidung in einem außergewöhnlichen Regionalliga-Spiel.

Sascha Pfeffer befreit sich aus dem Haltegriff. Foto: Jan Kaefer
Sascha Pfeffer befreit sich aus dem Haltegriff. Foto: Jan Kaefer

Nicht nur dass der 1. FC Lok Leipzig „125 Jahre VfB Leipzig” mit blauen und weißen Fahnen feierte, die ersten 30 Minuten boten schon mehr als in manch anderem Ligaspiel. Kirsten parierte nach acht Minuten den zweiten Elfmeter im dritten Spiel und musste nach einem buchstäblichen Sonntagsschuss des Deutsch-Griechen Zografakis nach 14 Minuten dennoch den Ball aus dem Netz holen.

Doch trotz der Konstellation Tabellen-15. gegen Tabellen-Dritter war schon zu diesem Zeitpunkt klar, dass dies für die Hausherren kein Problem war. Wie schon gegen den BAK agierte Lok aus dem Abwehrpressing heraus und versuchte so, die Berliner Angriffsräume eng zu machen. Die jungen Gäste kombinierten sich dennoch mehrmals bis zum Strafraum und waren auch bei Standards gefährlich.

Maximilian Pommer gegen zwei Herthaner. Foto: Jan Kaefer
Maximilian Pommer gegen zwei Herthaner. Foto: Jan Kaefer

Leipzig verlegte sich – ganz in der Probstheidaer Traditionslinie – auf Konter, die entweder über den emsigen und später mit Standing Ovations gefeierten Sascha Pfeffer, über Maximilian Pommer oder die Innenverteidiger-Entdeckung der letzten Wochen, Paul Schinke, eingeleitet wurden. Den Ausgleich besorgte jedoch Nils Gottschick per sehenswertem 24-Meter-Freistoß Richtung Winkel.

Die zweite Halbzeit verlief zunächst ereignislos. Veränderungen in der Spielstatik ergaben sich allerdings, weil Hertha sich nun ebenfalls bei gegnerischem Ballbesitz zurückzog und nicht mehr nur im Angriffspressing vorn draufging. Nach dem 2:1 war Hertha mehr mit sich selbst beschäftigt, die Kombinationslust ging im Kampf und der Spielhektik unter. Lok verteidigte gut, Kirsten musste in der zweiten Halbzeit nur einen Ball parieren.

Teamjubel des 1. FC Lok. Foto: Jan Kaefer
Teamjubel des 1. FC Lok. Foto: Jan Kaefer

Auf der Gegenseite traf Steinborn nach einem toll von Pommer eingeleiteten Durchbruch und Querpass von Gottschick selbst zur Entscheidung und legte in der Schlussminute sogar noch den vierten Treffer nach. Mit Schlusspfiff applaudierten die Herthaner hämisch Richtung Lok-Matchwinner. Die anschließenden Diskussionen blieben aber unter dem Ausmaß in der 66. Minute.

Das 2:1 mag strittig gewesen sein (war aber 50 Meter vor dem Tor immer noch zu verteidigen), der Lok-Erfolg war allerdings in der zweiten Halbzeit vorgezeichnet. Björn Joppe und Ronny Surma ist es seit Ende September gelungen, mit der Mannschaft einen starken Mentalitätswandel zu vollziehen. Bei Rückständen wie in Nordhausen oder gegen Hertha II zerfällt die Mannschaft nicht, es ist eher Ansporn noch mehr zu geben.

Die lange Zeit glücklosen Neuzugänge wie Sindik und Schulze überzeugten spielerisch wie kämpferisch in einer von großer Emotion getragenen Mannschaft. So fiel auch gar nicht weiter ins Gewicht, dass Nicky Adler nach 17 und Kapitän Markus Krug nach 45 Minuten verletzungsbedingt ersetzt werden mussten.

Choreografie an der Lok-Fankurve zum 125-jährigen Jubliäum des VfB Leipzig. Foto: Jan Kaefer
Choreografie an der Lok-Fankurve zum 125-jährigen Jubliäum des VfB Leipzig. Foto: Jan Kaefer

Auch der schmale Kader konnte das am Geburtstagssonntag kompensieren, und das nährt Probstheidaer Hoffnungen auf ein Weiterkommen gegen den VfB Auerbach im Landespokal am kommenden Samstag.

Am gestrigen Samstagabend feierte der Verein mit rund 400 geladenen Gästen den 125. Geburtstag des VfB Leipzig in der Kongreßhalle am Zoo. Sportbürgermeister Heiko Rosenthal, SFV-Präsident Hermann Winkler und ETL-Chef Franz-Joseph Wernze äußerten sich durchweg positiv über die Entwicklung des Vereins, dem es nun auch sportlich wieder besser zu gehen scheint.

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