Pech für den 1. FC Lok: Nach einer anständigen Leistung und zweimaliger Führung trennten sich die Wolf-Schützlinge nur 2:2 (1:1) vom SC Verl. Im Geister-Aufstiegshinspiel trafen Patrick Wolf und Matthias Steinborn für Lok, Verl glich in jeder Halbzeit spät aus. Der bis dahin gut haltende Fabian Guderitz legte sich das 2:2 in der 88. Minute selbst ins Netz. Im Rückspiel ist dennoch alles möglich.

Uwe Zötzsche ist ein Held in Probstheida. Im größten Spiel der Vereinsgeschichte verschoss der sonst so sichere Elfmeterschütze zwar einen Elfer in der Verlängerung, verwandelte seinen im Elfmeterschießen dennoch sicher. Bei Fabian Guderitz ist die Reihenfolge der Taten anders und der Ausgang noch unklar. Guderitz, der erst im Winter die neue Nummer 1 des 1. FC Lok geworden war, hielt seiner Mannschaft mehrmals das Ergebnis, um sich kurz vor Schluss doch noch den Ball ins eigene Tor zu legen.

Eine Kopfballbogenlampe von Urban wollte, ja musste Guderitz auffangen. Aber er schien sich nicht entscheiden zu können, ob er den Ball über dem Kopf oder vor dem Körper fangen soll. Die Mischung aus beidem ermöglichte ein kurioses Tor. Ob es am Ende das entscheidende im Rennen um die 3. Liga sein wird, steht erst am Dienstag fest. „Ich werde ihn auf jeden Fall erstmal in Ruhe lassen“, kündigte Lok-Trainer Wolfgang Wolf nach dem Spiel an.

Der 62-Jährige hatte vor dem Geisterspiel eine kontrollierte Spielweise angekündigt und das setzte seine Mannschaft auch um. Statt Torjäger Matthias Steinborn begann Kevin Schulze. Bei sommerlichen Temperaturen erwischte die Lok den besseren Start. Schon nach sechs Minuten schob Patrick Wolf eine Salewski-Flanke frei über die Linie. Doch die frühe Führung sorgte dafür, dass sich Leipzig wohl etwas weiter zurückzog als geplant. Verl hatte im Spielaufbau mehr Zeit als recht war, vor allem Kapitän und Innenverteidiger Stöckner nutzte dies immer wieder für tiefe Bälle.

Beide Teams knieten sich voll rein. Foto: Jan Kaefer
Beide Teams knieten sich voll rein. Foto: Jan Kaefer

Verl versuchte, Lok in der Defensive vor Entscheidungen zu stellen. Der 34-jährige Janjic ließ sich gelegentlich fallen, die Innenverteidiger Zickert und Urban mussten sich situativ entscheiden, ob sie die Kette verlassen oder nicht. Außerdem versuchten Yildirim und Schikowski auf außen vor dem Außenverteidiger in die Tiefe zu starten, um die langen Bälle von Stöckner zu erlaufen. Damit war Verl immer wieder in Ansätzen gefährlich, aber die erste dicke Möglichkeit hatte Schikowski nach einem zu kurz geratenen Fehlpass von Schulze. Guderitz vereilte gegen den durchgebrochenen Verler.

Das Spiel lebte über weite Teile der ersten Halbzeit aber auch von Fouls und Freistößen. „Wir haben uns anfangs von der Hektik anstecken lassen“, kritisierte Guerino Capretti seine Mannschaft nach dem Spiel. Er selbst haderte immer wieder mit Schiedsrichter-Entscheidungen. Maik Salewski setzte nach 16 Minuten einen Freistoß an den Außenpfosten.

Als die erste Halbzeit ohne weiteres Tor zu Ende zu gehen schien, traf der Gast dann doch noch. Stöckner und Schikowski hatten vorher schon ein paarmal geübt, nun kam der Ball punktgenau. Weil wohl Zickert im Zentrum das Abseits aufhob, konnte Schikowski frei vor Guderitz einnetzen. Schiedsrichter Florian Badstübner aus Bayern pfiff nach dem Tor gar nicht wieder an. Verl hatte nach der Lok-Führung den spielerisch besseren Eindruck hinterlassen, Lok gewann kaum erste oder zweite Bälle, schenkte den Ballbesitz zeitig her.

Schon zur Pause wechselte Wolf Steinborn für Berger ein, und mit dem Berliner zog mehr Fahrt ins Spiel ein. Schon nach 48 Minuten hatte der Stürmer, der nun auf links spielte, seinen ersten Abschluss. Steinborn kam mit viel Wut und Willen von der Bank, die sich diesmal auf dem Dammsitz des Plache-Stadions befand. „Dort stand ich mehr auf meinem Stuhl, als dass ich saß und jubelte über das 1:0 wie ein Fan.“ Beim 2:1, was Steinborn mit einem sehenswerten Schuss aus 17 Metern selbst markierte, jubelte er wie immer: mit Seilspringen.

Umstrittene Szene: War dieser Ball nicht doch schon hinter der Linie des Verler Tores? Foto: Jan Kaefer
Umstrittene Szene: War dieser Ball nicht doch schon hinter der Linie des Verler Tores? Foto: Jan Kaefer

Verl hatte zuvor schon Glück. Ein doppelter Unterkanten-Boden-Ball war einmal wohl hinter der Linie. Schiedsrichter-Assistent Potemkin erkannte allerdings das Tor nicht an. Verl war Anfang der zweiten Hälfte zweimal gefährlich, beide Chancen vereitelte Guderitz. Mit dem Steinborn-Tor zog immer mehr Ruhe auf dem Feld ein. Lok lief Verl eher und aggressiver an, stellte Mehmet Kurt im Zentrum zu, eroberte einige Bälle im Mittelfeld und hielt das Geschehen so vom eigenen Strafraum fern. Bis, ja bis Urban eine Bogenlampe aus einer Flanke machte und Guderitz danebengriff.

„Mein Bauchgefühl sagt, dass es extrem unnötig war“, so Patrick Wolf anschließend im MDR. „Das hatten wir in der Phase nicht kommen sehen.“ Verl, aber auch Lok waren kaputt, Lok dem 3:1 vielleicht sogar näher als Verl dem Ausgleich. Wolf hatte konservativ gewechselt, Hajrulla für Pfeffer gebracht, den pfeilschnellen Schubert-Abubakari auf der Bank gelassen. „Wir sind eine Mannschaft und werden das in Verl wieder gutmachen, auch wenn es grausam für uns ist. Aber die Mannschaft hat Moral und sie wird wieder aufstehen.“

Im Rückspiel muss Lok aufgrund der eigentlich unter diesen Umständen sinnlosen Auswärtstorregelung entweder gewinnen oder ein 3:3 holen. „Wir können immer Tore machen“, so Wolf. Bei einem 2:1 hätte Leipzig wohl ebenfalls mindestens ein Tor machen müssen, wenn man nicht bis in die Schlussminute zittern hätte wollen. Die Lok-Leistung, gerade in der zweiten Halbzeit, macht Hoffnung auf einen Erfolg.

Die Abwehr war gut organisiert, im Mittelfeld spielte der junge , aber enorm abgeklärte Heynke souverän neben Wolf und Schinke. Und sollten die Offensivkräfte Schulze, Pfeffer und Ziane zahnlos bleiben, hätte Wolf genügend Optionen auf der Bank. Sein Gegenüber Capretti sah eine sehr zielstrebige und kampfbetonte Lok. „Ich denke wir haben uns das Remis erarbeitet und verdient.“

Die Tribüne war gut gefüllt - mit Lok-Glücksschweinchen. Foto: Jan Kaefer
Die Tribüne war gut gefüllt – mit Lok-Glücksschweinchen. Foto: Jan Kaefer

Marcel Hensgen, Aufstiegsheld 2008, hat das Spiel notgedrungen vor dem Fernseher verfolgen müssen und fieberte dort mit seinem Ex-Verein. Die L-IZ bat ihn um eine Einschätzung des Gesehenen:

Herr Hensgen, wie schätzen Sie das Hinspiel ein?

Verl wollte es wie erwartet spielerisch lösen. Lok hat mich dagegen an die Truppe vor 12 Jahren erinnern. Es gibt einige, die können richtig gut kicken. Das Wichtigste aber war heute, dass sie zeigen, dass sie eklig sind und dagegenhalten. Immer dann kam Verl nicht zur Entfaltung. Wenn Lok ein Mü nachließ, wurde es gefährlich. Etwa wenn der Gegner mehrere Sekunden den Ball führen und auf die Bewegung in die Tiefe warten konnte. Auch die Rückpässe in der 1. Halbzeit waren ungewohnt.

Wie schätzen Sie die Ausgangsituation vor dem Rückspiel nach dem 2:2 ein?

Eigentlich gut. Ich bin positiv überrascht von dem Spiel. Ich hätte Verl die Favoritenrolle zugeschoben, obwohl man sie nur vom Punkteschnitt und vom DFB-Pokal kennt. Ich bin jetzt jedenfalls nicht pessimistisch. Ich hab mich gefreut, dass Lok das so offen gestaltet hat. Verl will einen anderen Fußball spielen, Lok kämpft dagegen. Das kenne ich aus Freundschaftsspielen gegen West-Teams, unter anderem gegen Germania Windeck. Da haben wir immer gut ausgesehen.

Wie würden Sie das Rückspiel angehen?

Genauso wie heute. Vor allem wie zu Beginn der beiden Halbzeiten. Lok hat Verl mit der Körperlichkeit und Griffigkeit beeindruckt.

SC Verl ist in Leipzig, Lok wird nicht in Verl sein – wer wird bald in der 3. Liga sein?

SC Verl ist in Leipzig, Lok wird nicht in Verl sein – wer wird bald in der 3. Liga sein?

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