Irgendwie kennen die Leipziger das Spiel: Da kämpft man einige Jahre lang für die Erkenntnis, dass ein Leipziger Basis-Projekt besser finanziert werden muss, dann akzeptieren das auch irgendwann Stadtrat und Verwaltung, beschließen 5 Prozent und klammheimlich wird das Ziel erst einmal wieder vertagt. Nach der freien Kulturszene erlebt jetzt die Radfahrerwelt, wie das geht.

Im Juni beschloss der Stadtrat den “Radverkehrsentwicklungsplan 2010 – 2020”. Schon die Jahreszahlen verraten: Man war um drei Jahre überfällig, hatte das heiße Thema immer wieder zurückgestellt, wohl wissend: Das hätte Konsequenzen. Konsequenzen, die die Leipziger eigentlich erwarten. Wer Jahr für Jahr davon schwatzt, den “Modal Split” binnen weniger Jahre deutlich hin zu umweltfreundlichen Verkehrsarten zu verschieben, der muss etwas dafür tun. Der muss die Bedingungen für Fußgänger, ÖPNV und Radfahrer verbessern. Der muss auch Gelder anders verteilen und kann nicht jedes Mal den Kopf einziehen, wenn es Gegenwind gibt.

Und die Erkenntnis ist simpel: Wenn Leipzig irgendwann so um 2020 ein sinnvoll strukturiertes Radwegenetz haben will, muss es seine Investitionen in die Radanlagen auf den Wert ungefähr erhöhen, den der Stadtrat im Juni beschloss – ungefähr 2,5 Millionen Euro im Jahr. Im Haushaltsentwurf für 2013 hat Alexander John, Vorsitzender des ADFC Leipzig, aber nur 500.000 gefunden.

“Der aktuelle Entwurf bleibt im Bereich Radverkehrsförderung weit hinter dem Stadtratsbeschluss vom Juni 2012 zurück”, kritisiert Alexander John. Der Beschluss geht von einer jährlichen Finanzausstattung für den Radverkehr von jährlich 5 Euro je Einwohner aus. Bei aktuell rund 530.000 Einwohnern müssten demnach rund 2,5 Millionen Euro eingestellt werden.”
Ein Hauptproblem des Leipziger Radwegenetzes ist sein Flickencharakter. Ein Extra-Kapitel im “Radverkehrsentwicklungsplan” widmet sich diesen Fehlstellen im bestehenden Radwegenetzes. Teilweise reichen die Radwegeführungen um zwei, drei Stufen vom geforderten Standard ab. Aber Leipziger, die solche Strecken schon aus Sicherheitsgründen meiden, kann man nur zum Umsteigen aufs Rad bewegen, wenn diese Wege in den nächsten Jahren konsequent ausgebaut werden.

Alexander John listet eine ganze Reihe von Projekten auf, die aus Sicht der Radverkehrsförderung und der eigenen Zielstellung der Stadt noch 2013 mit Geldern zu untersetzen sind, sonst kommt man auch 2013 nicht wirklich voran mit der Herstellung eines funktionsfähigen Radwegenetzes.

So ist ein Radfahrstreifen in der Kurt-Eisner-Straße für 360.000 Euro herzustellen – das Teilstück in der Südvorstadt fehlt komplett. Ein Radweg zwischen Georgiring und Universitätsstraße für 119.000 Euro sei zu bauen, ein Radweg am Tröndlinring (82.000 Euro) und eine Öffnung der Einbahnstraße “Querstraße” für den Radverkehr herzustellen (50.000 Euro).

Der Radweg in der Rödelstraße sei zu sanieren (160.000 Euro), ebenso der Elsterradweg zwischen Teilungswehr und Brückenstraße (280.000 Euro). Ein Stück Radweg fehlt in der Industriestraße zwischen Könneritzstraße und Nonnenweg Richtung Park, hier fehlt der Belag (100.000 Euro). Außerdem müssten Bike and Ride-Anlagen für 100.000 Euro gebaut werden und weitere – besonders in der Innenstadt fehlende – Fahrrad-Abstellanlagen (rund 400 Bügel, 70.000). Und für die Radwegweisung fehlten 25.000 Euro im Etat.

Im vom Stadtrat beschlossenen “Radverkehrsentwicklungsplan 2010 – 2020” werden zahlreiche Maßnahmen der Radverkehrsförderung mit Kosten und nach Prioritäten aufgelistet. 250.000 Euro hat die Stadt übrigens 2013 schon allein für einen neuen Rad-Gehweg in Liebertwolkwitz eingeplant, weitere 250.000 Euro für einen Rad-Gehweg von Lützschena nach Lindenthal. Man setzt überall ein paar Puzzle-Stücken ein – lässt aber gerade im Zentrum, auf das auch die Radhaupttrassen zuführen, den Flickencharakter weiter bestehen. So kann es noch lange dauern, bis Leipzig auch eine fahrradsichere Stadt wird.

www.adfc-leipzig.de

Der Radverkehrsentwicklungsplan:
www.leipzig.de/de/buerger/stadtentw/verkehr/rad/index.shtml

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