Leipzig darf sich 2012 über 18 Millionen Euro zusätzliche Steuereinnahmen freuen. Und selbst Josef Rahmen, Geschäftsführer der Leipziger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft (LVV) freut sich darüber. "Mit einem lachenden und einem weinenden Auge", sagt er am Montag, 11. Juni. Da ist LVV-Bilanzpressekonferenz im Neuen Rathaus und die LVV hat ein Minus im Konzernergebnis: - 14 Millionen Euro.

Der Grund ist simpel und ging im April durch die Medien. Die Finanzaufsicht hatte zu einem Steuerposten der Leipziger Wasserwerke (KWL) für die Jahre 2001 bis 2004 eine geänderte Rechtsauffassung und forderte 21 Millionen Euro rückwirkend. Da die KWL ihr Ergebnis aber über die LVV steuermindernd verrechnet, tauchten auch dort Steuernachforderungen auf. 18 Millionen Euro insgesamt.

Während die Wasserwerke mit dem Finanzamt Leipzig einen Deal aushandeln konnten und die Nachzahlungen über die nächsten sechs Jahre in Raten abstottern dürfen, hat die LVV ihren Part gleich mit der Bilanz 2011 beglichen. Das sind die 18 Millionen, die das ansonsten positive Konzernergebnis von + 4,7 Millionen Euro auf das Minus von 14 Millionen Euro senken. Und das lachende Auge: Da das Gewerbesteuern sind, landet das Geld fast komplett bei dem, der es am dringendsten braucht – der Stadt Leipzig.

Die Bilanzpressekonferenz zeigte auch: Um die LVV steht es nicht so schlecht, wie oft beschworen. Erstmals konnte, so Josef Rahmen, der Verkehrsleistungsfinanzierungsvertrag aus eigener Kraft komplett geleistet werden. Mit diesem Konstrukt wird – aus den Gewinnen von Stadtwerken und Wasserwerken – der öffentliche Nahverkehr in Leipzig finanziert. Und finanziert werden konnte er auch, weil die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) die Summe, die sie aus dieser Querfinanzierung brauchten, auch noch unter die vereinbarten 50 Millionen Euro gedrückt hat. Auf 48 Millionen Euro.

Was nach Adam Ries 2 Millionen Euro bedeutet, die sie weniger abrufen musste.Die Stadtwerke Leipzig steuerten einen Jahresgewinn von 60,3 Millionen Euro bei. Und die Wasserwerke lieferten 18,3 Millionen Euro, 1,6 Millionen mehr als im Vorjahr. Eine Ausschüttung, die auch deshalb möglich war, so KWL-Geschäftsführer Mathias Leutert, weil der Deal mit dem Finanzamt ausgehandelt werden konnte. Die Steuernachzahlungen machen sich erst in den nächsten Bilanzen bemerkbar.

Weitergekommen sei man auch, so bestätigten alle vier antwortgebenden Geschäftsführer zur Pressekonferenz, mit dem Umbau der LVV zu einem zentral gesteuerten Konzern. “Das kostet wirklich viel Kraft”, sagte Stadtwerke-Geschäftsführer Thomas Prauße. “Aber wir wollen das auch.”

Was man sich erhofft, sind Synergien. Und natürlich Einsparungen im Gesamtkonzern von 10 Millionen Euro jährlich bis 2015. Dabei will man nicht nur Synergien finden, sondern gerade im administrativen Bereich bündeln. “Schlanke Strukturen”, nennt es Josef Rahmen. Und betont einmal mehr die Fokussierung aufs Kerngeschäft. Das sei zwar im weiteren Sinn die Daseinsvorsorge, im engeren Sinn aber eben nur Energie, Wasser, öffentlicher Verkehr. Und Leipzig.So betrachtet ist der Verkauf der beiden Stadtwerke-Töchter Perdata (die im Januar für 18 Millionen Euro verkauft wurde) und Hl komm (deren Verkauf am 20. Juni im Stadtrat zur Entscheidung steht) eine Fokussierung aufs Kerngeschäft. Und auch kein Verlust für Leipzig, wie Josef Rahmen erklärt: “Wir haben Partner gefunden, die uns strategisch weiterbringen.”

Ob der Konzern das Ergebnis 2012 wieder so hinlegt – dann sogar mit Plus, bleibt abzuwarten. Die LVB sind zwar gerade dabei, die Potenziale zu erkunden, den Bedarf aus dem Verkehrsleistungsfinanzierungsvertrag weiter zu senken auf die als Zielmarke benannten 45 Millionen Euro.

Dafür müssen die Stadtwerke ihr Ziel von 60 Millionen Euro dann ohne Beiträge der beiden Töchter Perdata und (was ja noch offen ist in der Entscheidung) HL komm schaffen. Die beiden Tochterunternehmen steuerten 2,7 und 2,8 Millionen Euro zum Jahresergebnis der Stadtwerke bei. Und mit 6,8 Millionen Euro schlug auch das Ergebnis der polnischen Beteiligung erstmals in erstaunlicher Höhe nieder – das war doppelt so viel wie im Vorjahr. Dabei war es sogar “nur” das Ergebnis von 2010, das in der 2011er-Bilanz auftauchte. “Das nächste Jahr wird noch besser”, sagt Stadtwerke-Geschäftsführer Thomas Prauße. Er ließ aber auch deutlich anklingen, dass im Energiegroßhandel die Zeiten der bedeutenden Geschäftsgewinne vorbei sind. Der Markt ist inzwischen heiß umkämpft. Die starken Preisanstiege 2011 bedeuteten nicht, dass nun auch die Händler höhere Renditen einstrichen.

Viel gewinnbringender sind eigentlich knochenkalte Winter – so wie 2010, als der eisige Dezember dazu beitrug, den Unternehmensgewinn auf über 63 Millionen Euro zu steigern. “2011 war dann wieder ein normaler Winter”, sagt Prauße. Und ist trotzdem stolz auf die 60 Millionen, denn das energiepolitische Umfeld, in dem sich Stadtwerke mittlerweile bewegen, ist schwierig. Damit sind auch wichtige Investitionen, die die Stadtwerke schon seit Jahren planen, weiter blockiert. “Unklare politische Rahmenbedingungen” nennt es Prauße.

Man darf gespannt sein, wie die LVV es schaffen wird, zum zentral gesteuerten Konzern zu werden. Das Projekt der Neuausrichtung läge im Plan, sagt Josef Rahmen, die notwendigen Umbauprozesse seien gestartet.

Termintipp: Bürgerforum zum geplanten Anteilsverkauf der HL komm GmbH

Die Sicherung der Finanz- und Investitionsfähigkeit des LVV-Konzerns war mehrfach Thema der Leipziger Ratsversammlung. Im Ergebnis der Beratungen stimmte der Stadtrat mehrheitlich für den Vorschlag, das Bieterverfahren für die Veräußerung von Geschäftsanteilen an den LVV-Enkelgesellschaften perdata GmbH und HL komm GmbH einzuleiten. In diesem Zusammenhang wurde auch beschlossen, dass im Vorfeld entsprechender Entscheidungen der Ratsversammlung die Leipziger Bürgerinnen und Bürger über die wesentlichsten Entscheidungsgrundlagen und deren Folgen unter anderem im Rahmen von öffentlichen Bürgerforen zu informieren sind.

Das Bürgerforum findet am Mittwoch, 13. Juni, um 19 Uhr in der Alten Börse statt.

www.lvv.de

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