Ist Leipzigs Fernwärme zu teuer? Das muss nicht sein, auch wenn das Bundeskartellamt jetzt Verfahren gegen mehrere deutsche Fernwärmeversorger eingeleitet hat. Neben der Dalkia GmbH (Hamburg), der Danpower Energie Service GmbH (Potsdam), der Energie SaarLor Lux AG (Saarbrücken), der E.ON Hanse Wärme GmbH (Hamburg), der RWE Energiedienstleistungen GmbH (Dortmund, früher: ExxonMobil/Favorit Fernwärme GmbH) und der Stadtwerke Rostock AG (Rostock) gehören auch die Stadtwerke Leipzig dazu.

Im Rahmen der im August 2012 abgeschlossenen Sektoruntersuchung Fernwärme hatte das Bundeskartellamt Daten von Fernwärmeversorgern für die Jahre 2007 und 2008 erhoben und einen Erlösvergleich durchgeführt. Dabei lagen die durchschnittlichen Fernwärmeerlöse einiger Unternehmen deutlich über dem Durchschnitt der Vergleichsgruppe. Dem dadurch begründeten Anfangsverdacht auf Preishöhenmissbrauch geht das Bundeskartellamt nun nach. Betont aber auch: “Naturgemäß wird im Rahmen einer Sektoruntersuchung nicht dieselbe Ermittlungstiefe wie bei konkreten Missbrauchsverfahren erreicht. Es kann daher auch bei denjenigen Netzgebieten, in denen die Erlöse stark überdurchschnittlich ausfallen, nicht automatisch von missbräuchlich überhöhten Preisen ausgegangen werden.”

Die Stadtwerke Leipzig GmbH sieht keinen Grund zur Beunruhigung. Und teilt auf die Ankündigung vom 7. März hin mit: “Die Ankündigung des Bundeskartellamtes, das Verhalten von Fernwärmeversorgern, unter ihnen auch die Stadtwerke Leipzig, bei der Preisgestaltung zu untersuchen, bietet eine gute Gelegenheit, die eigene Preispolitik zu verdeutlichen. Das Bundeskartellamt hatte bereits für die Jahre 2007 und 2008 eine im vergangenen Jahr abgeschlossene Sektorenuntersuchung veröffentlicht, in der erstmalig eine branchenweite Auswertung über den Fernwärmesektor vorgenommen wurde. Dabei wurde festgestellt, dass die einzelnen Fernwärmeunternehmen aufgrund der individuellen Verhältnisse vor Ort sehr unterschiedliche Kosten- und Preisstrukturen aufweisen.”Das Bundeskartellamt erhebt nunmehr die weitere Entwicklung der Kosten und Erlöse einzelner Fernwärmeunternehmen für die Jahre 2010 bis 2012 vor dem Hintergrund inzwischen eingetretener Umstände insbesondere in der Erzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplung (KWK). Diese KWK-Anlagen haben besonders unter den aktuellen Auswirkungen der Energiewende zu leiden.

Das Bundeskartellamt weist selbst darauf hin, wie sehr die desaströse Energiepolitik der Bundesregierung insbesondere die eigentlich wichtige Energiegewinnung in Kraft-Wärme-Kopplung, wie sie im Kraftwerk der Stadtwerke Leipzig in der Eutritzscher Straße praktiziert wird, in Mitleidenschaft zieht: “Zudem wird zu bewerten sein, in wie weit die Wirtschaftlichkeit von Wärmeerzeugungsanlagen, die auch Strom durch Kraft-Wärme-Kopplung produzieren, in den letzten Jahren gelitten hat, da die Strompreise an der Börse (aufgrund der zunehmenden subventionierten Einspeisung Erneuerbarer Energien) gesunken sind.”

Das Bundeskartellamt will deshalb einen umfangreichen Fragenkatalog an die ausgewählten Erzeuger versenden. Sobald der konkrete Fragenkatalog der Behörde vorläge, wollen die Stadtwerke Leipzig dem Bundeskartellamt die konkrete Fernwärme-Situation in Leipzig aufbereiten und vermitteln.

Die Situation der Jahre 2010 bis 2012 unterscheidet sich von der des Zeitraums 2007/2008.

Die Stadtwerke hätten die Veränderungen im Wärmemarkt ausgewertet und böten ihren Kunden mit dem aktuellen Wärme21.komfort-Produkt eine attraktive und moderne Fernwärmeversorgung aus umweltschonender Kraft-Wärme-Kopplung an, heißt es aus dem Unternehmen. Im Versorgungsgebiet der Stadtwerke Leipzig bestehe auch kein Anschluss- und Benutzungszwang für Fernwärme. Hauseigentümer könnten sich auch für andere Wärmeversorgungskonzepte entscheiden. Erfreulich sei es für die Stadtwerke Leipzig, dass sie in den letzten drei Jahren Neuanschlüsse an die Fernwärme in Höhe von rund 55 MW verzeichnen konnten, was die Wettbewerbsfähigkeit der Fernwärme der Stadtwerke Leipzig unterstreiche.

Am Donnerstag, 7. März, klinkte sich auch das Sächsische Staatsministerium für Wirtschaft ein.

“Alle sächsischen Fernwärmeversorgungsunternehmen erhalten in den nächsten Tagen Post von der Landeskartellbehörde, die dem Sächsischen Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr untersteht. Ziel der Anfrage bei 49 Unternehmen ist es, einen Vergleich der Preishöhe durchzuführen. Dazu werden die für typische Abnahmefälle gebildeten Fernwärmepreise erfragt sowie Daten zu Wärmelieferungen, Produktion, Mengen und Erlösen sowie der Kosten- und Versorgungsstruktur abgefordert”, teilte es mit.

Zum Anlass der Überprüfung führte der Staatssekretär für Wirtschaft und Arbeit, Hartmut Fiedler, aus: “Die Fernwärmeversorgung ist grundsätzlich durch eine sehr geringe Wettbewerbsintensität geprägt. Uns liegen Beschwerden von Endkunden vor. Wir müssen daher prüfen, ob hier eine marktbeherrschende Stellung zu Lasten der Verbraucher ausgenutzt wird.”

Es handelt sich hierbei um die erste Untersuchung des Fernwärmemarktes in Sachsen. Erste Ergebnisse sollen im Herbst 2013 vorliegen.

Die Zuständigkeit und Befugnisse der Landeskartellbehörde ergeben sich aus dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB). Die sächsische Behörde ist dann zuständig, wenn die Wirkung einer Marktbeeinflussung oder eines wettbewerbsbeschränkenden Verhaltens auf das Gebiet des Freistaates Sachsen begrenzt ist.

Im vorliegenden Fall sei die Missbrauchsaufsicht über die Preisgestaltung marktbeherrschender Unternehmer gemäß § 19 GWB angesprochen, so das SMWA.

Die Mitteilung des Bundeskartellamtes: www.bundeskartellamt.de/wDeutsch/aktuelles/presse/2013_03_07.php

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