Es ist schon erstaunlich, welche Erwartung Unternehmenschefs immer wieder haben an Politik - und wie verstört sie hinterher sind, wenn sie die Regierung bekamen, die sie wollten. Was auch daran liegt, dass Betriebswirtschaft ein ganz anderes Feld ist als Makroökonomie. Und dass in der Makroökonomie manchmal Dinge getan werden müssten, die aus betriebswirtschaftlicher Sicht keinen Sinn machen. Und trotzdem richtig wären. Solche Dinge wie Marktregulierung und Bankenkontrolle. Den Salat habe wir derzeit.

Denn nicht nur in der Bundesrepublik Deutschland haben sich große Unternehmen seit Jahren immer ganz besondere Regierungen und ganz besondere Vergünstigungen gewünscht. In England, Italien, Griechenland und Frankreich haben sie es auch getan. Die einen haben ihren Bankensektor aufgebläht, die anderen ihren Bausektor, die dritten ihren Rentenmarkt. Viele lauter logisch erscheinende Teilchen ergeben mittlerweile ein wirtschaftlich derart aus den Fugen geratenes Europa, dass es auch den sächsischen Mittelständler graust.

Und so ist das Stimmungsbild in der regionalen gewerblichen Wirtschaft Sachsens im Frühjahr 2013 zweigeteilt. Während die seit Mitte vergangenen Jahres erkennbare konjunkturelle Abkühlung nunmehr zu einer recht deutlichen Verschlechterung der Lagebeurteilungen führt, bleiben die Geschäftserwartungen der Unternehmen weiterhin aufwärts gerichtet. Damit bestätigen sich die moderaten Wachstumsaussichten der gewerblichen Wirtschaft vom Jahresbeginn. Zu diesem Fazit kommt der aktuelle Konjunkturbericht der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Leipzig.

Wolfgang Topf, Präsident der IHK zu Leipzig, kommentiert die Ergebnisse: “Seit dem Herbst des vergangenen Jahres hat die wirtschaftliche Dynamik deutlich an Schwung verloren. Die Folgen sind nunmehr auch bei den Unternehmen im IHK-Bezirk Leipzig zu spüren. Die Geschäftslage wird auch aufgrund saisonaler Ursachen erheblich schwächer eingeschätzt. Trotz der gestiegenen Unsicherheiten bleibt die gewerbliche Wirtschaft dennoch zuversichtlich gestimmt. Die Geschäftserwartungen für 2013 sind nur unwesentlich schlechter als im Frühjahr 2012. Im Ergebnis dürfte sich die Geschäftslage auf dem derzeitigen Niveau stabilisieren. Dies ist jedoch nur möglich, wenn sich die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen nicht verschlechtern.”

An der Konjunkturbefragung im Frühjahr 2013 im IHK-Bezirk Leipzig (Stadt Leipzig, Landkreis Nordsachsen, Landkreis Leipzig) beteiligten sich 655 Unternehmen aller Branchen und Größenklassen mit mehr als 33.000 Beschäftigten. Der ausführliche Ergebnisbericht steht unter www.leipzig.ihk.de als kostenloser Download zur Verfügung.

So langsam bekommen die Unternehmen mit, dass eine dreifache Sparorgie derzeit das Dümmste ist, was Politiker anstellen können. Die leider von Makroökonomie in der Regel auch keine Ahnung haben. Auch wenn sie sich Wirtschaftsminister nennen.

Die erste Sparorgie hat seit 2012 die Mittelmeer-Länder als Exportmarkt fast völlig zum Ausfall gebracht. Verantwortlich dafür ist zwar die bekannte Troika – aber wenn die Bundesrepublik das Spiel der Troika nicht mitspielen würde, gäb’s die rigiden Sparauflagen nicht, die die betroffenen Länder auch daran hindern, die Defizite durch mehr Wirtschaftsleistung zu verringern.

Aber auch der Binnenmarkt kommt nicht in Schwung, gerade in Sachsen nicht, wo das Lohnniveau unterm Eichstrich pendelt. Wenn aber die Einkommen aus Erwerbsarbeit gebremst werden, obwohl die Preise überall steigen, dann fehlt die nötige Konsumkraft, um die heimische Wirtschaft zu stärken.

Die dritte Sparorgie ist die der sächsischen Staatsregierung seit 2010, die nicht nur am Personal streicht und kürzt (was dem Konsum schadet), sondern auch bei Investitionen bremst (was Aufträge insbesondere für die Bauwirtschaft fehlen lässt). Ergebnis: Ein durchwachsenes Bild.

Oder mit den Worten der IHK zu Leipzig: “Die schwache Konjunktur in den vergangenen Monaten macht sich nunmehr auch bei den Unternehmen im IHK-Bezirk Leipzig bemerkbar. Rückläufige Auftragseingänge führten zu sinkenden Umsätzen und dies wiederum drückt auf die Stimmung. Der Saldo der Geschäftslage fällt gegenüber dem Jahresbeginn um 11 auf aktuell + 21 Punkte. Von dieser Entwicklung sind durchweg alle der befragten Wirtschaftsbereiche betroffen, wobei das Ausmaß der Verschlechterung stark variiert und in einigen Branchen (Baugewerbe/Tourismus/Verkehr) saisonale Ursachen noch zusätzlich die Lagebeurteilung der Unternehmen belasten.”

Klare Aussage zum Export: “Probleme bereitet dagegen derzeit der Export. Hier macht sich vor allem die ungünstige wirtschaftliche Situation in den europäischen Krisenländern bemerkbar, die zu einem spürbaren Nachfragerückgang führte. Da das Ausweichen auf andere, prosperierende Absatzmärkte, wie z. B. China und die USA, nicht in jedem Fall möglich ist, haben die Industrieunternehmen ihre Exporterwartungen zumindest aktuell zurückgeschraubt.”

Was dann zuallererst auf das verarbeitende Gewerbe zurückwirkt: “Die Situation in der Industrie hat sich im ersten Quartal 2013 recht deutlich eingetrübt. Insbesondere wirken sich die Auftragsrückgänge zum Jahresende 2012 nunmehr negativ auf die Geschäftslage aus. Deren Saldo hat sich gegenüber dem Jahresbeginn nahezu halbiert. Im Gegensatz zur Lage sind die Geschäftsaussichten weiterhin aufwärts gerichtet. Mit einem Saldo von +17 Punkten bestätigen die Unternehmen ihre zuversichtliche Prognose vom Jahresbeginn. Vom Optimismus des Vorjahreszeitpunktes (+31 Punkte) sind die Unternehmen jedoch weit entfernt. Vor allem ihre Exporterwartungen haben die Firmen deutlich zurückgenommen.”

Das bekommt auch das Verkehrsgewerbe zu spüren. Die IHK dazu: “Die Auftragsentwicklung im Verkehrsgewerbe blieb auch im 1. Quartal verhalten. Im Ergebnis sinkt der Lage-Saldo nochmals kräftig um 10 Punkte und notiert mit +2 Punkten nur noch knapp im positiven Bereich. Trotz des wenig erfreulichen Starts ins neue Jahr, bleiben die Unternehmen durchaus zuversichtlich, ihre geschäftliche Situation wieder zu verbessern. Der Saldo der Geschäftserwartungen klettert auf +13 Punkte und liegt sogar über dem Vorjahreswert von +11 Punkten.”

Aber auch den Großhandel beeinträchtigt der gedämpfte Export: “Der seit dem Jahresbeginn 2012 erkennbare Abwärtstrend der Lagebeurteilung wurde, entgegen der zuletzt recht vielversprechenden Erwartungen, noch nicht gestoppt. Im Gegenteil, der Saldo der Geschäftslage ist nochmals kräftig eingebrochen und liegt nunmehr bei -5 Punkten. Dennoch halten die Unternehmen an ihren verbesserten Prognosen vom Jahresbeginn fest und bleiben verhalten optimistisch. Der Saldo liegt wieder bei +5 Punkten und lässt auf eine kleine Verbesserung der Geschäftsentwicklung hoffen.”Weniger Hoffnung zeigen die Einzelhändler. Sie merken sehr wohl, dass die Leipziger nicht wirklich mehr Geld als vor Jahresfrist in den Börsen haben. Und wenn sie es haben, wird es von der Preisentwicklung aufgefressen. Oder von der Konkurrenz.

“Erwartungsgemäß schätzen die Einzelhändler ihre aktuelle Geschäftslage im Vergleich zum Jahresbeginn, als die Beurteilung vielfach noch durch das gute Weihnachtsgeschäft geprägt wurde, etwas schwächer ein. Der Saldo liegt mit + 13 Punkten jedoch auch unter dem vergleichbaren Vorjahresstand”, so die IHK. “Im Gegensatz zum vergangenen Jahr konnte der diesjährige Frühjahrsaufschwung noch nicht zur Konsumbelebung beitragen. Mit einem Saldo von -7 Punkten sind die Unternehmen deutlich skeptischer als zum Jahresbeginn. Die Einzelhändler befürchten steigende Ausgaben der privaten Haushalte zu Lasten der handelsrelevanten Kaufkraft als auch einen steigenden Wettbewerb zwischen Online-Handel und stationärem Handel.”

Im Baugewerbe zeigte ja bekanntlich der Winter, wie er alle Pläne über den Haufen werfen kann. Aufgrund des langen Winters kamen die Bauaktivitäten nahezu zum Erliegen. Dementsprechend gaben auch die Einschätzungen zur Geschäftslage nach. “Der Saldo ist zwar mit +32 Punkten weiterhin positiv, liegt aber um 9 Punkte unter dem Vorjahresergebnis. Vielversprechend fallen dagegen die Geschäftsprognosen für 2013 aus, die sogar über dem vergleichbaren Vorjahresstand notieren. Der Saldo steigt gegenüber dem Jahresbeginn um 27 auf nunmehr +26 Punkte. Neben den witterungsbedingten Nachholeffekten rechnen die Unternehmen nunmehr wieder mit anziehenden Auftragseingängen”, so die IHK.

Auch im Dienstleistungsgewerbe machte sich die Konjunkturschwäche der vergangenen Monate zwar auch durch rückläufige Auftragseingänge bemerkbar, die Situation bleibt aber immer noch komfortabel, so die IHK. Gegenüber dem Jahresbeginn ist der Anteil der Unternehmen mit einer guten Geschäftslage nur leicht gesunken. Die Geschäftserwartungen der Dienstleister erholen sich weiter von ihrem kleinen Stimmungstief im vergangenen Herbst. Gegenüber der Umfrage zu Jahresbeginn hat sich insbesondere der Anteil der Pessimisten verringert. Im Ergebnis steigt der Saldo um weitere 3 auf +19 Punkte.

Bleibt noch der Tourismus. “Der umsatzschwächeren Winterzeit geschuldet, haben die befragten Unternehmen zwar ihre Lagebeurteilungen nach unten korrigiert. Der Saldo der Geschäftslage sinkt um 21 auf +20 Punkte und liegt damit wieder auf Vorjahresniveau. Die Geschäftserwartungen im Tourismusgewerbe verharren auf dem Niveau der vorherigen Umfrage. Mit +6 Punkten ist der Saldo immerhin doppelt so hoch wie im Frühjahr 2012. Insbesondere die Beherbergungsunternehmen haben ihre pessimistische Erwartungshaltung vom Jahresbeginn aufgegeben und sind wieder deutlich optimistischer”, so die IHK.

Aber verblüffen dürfte die Analytiker die Einschätzung, welcher Faktor nun eigentlich das größte Risiko für die Wirtschaft darstellt. In den letzten Jahren waren es immer die Energiepreise – doch im Frühjahr 2013 haben sie die Position erstaunlicherweise abgegeben – an die Inlandsnachfrage. Sagten im Frühjahr 2012 noch 40 Prozent der Unternehmen, die Binnennachfrage sei ein Risiko, waren es jetzt 49 Prozent. Was auch einiges korrigiert. Denn mit 61 Prozent der Nennungen lagen die Energiepreise 2012 noch vorn, weil gleichzeitig die Kraftstoffpreise mit abgefragt wurden. Das wurde jetzt säuberlich getrennt. 47 Prozent der Unternehmen nennen direkt die Energiepreise als Problem, 41 Prozent die Kraftstoffpreise. 40 Prozent nennen die Arbeitskosten.

Was die befragten Unternehmen nicht daran hindert, recht zuversichtlich in die Zukunft zu schauen. Der Saldo ist sogar noch leicht um 3 auf +14 Punkte gestiegen und erreicht damit wieder annähernd das Vorjahresniveau. In Anbetracht des unverändert schwierigen Umfeldes sind die Aussichten der Unternehmen durchaus vielversprechend, schätzt die IHK ein. Im Ergebnis sollte sich die Geschäftslage auf bestehendem Niveau stabilisieren und nicht weiter verschlechtern. Der robuste Arbeitsmarkt und die hohe Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Volkswirtschaft stützen diese Erwartungshaltung.

Die Investitionsaktivitäten bleiben ebenfalls verhalten und machen die bestehende Unsicherheit hinsichtlich des weiteren Konjunkturverlaufes sichtbar. Viele Betriebe tätigen zwar notwendige Ersatzinvestitionen, haben jedoch Erweiterungsinvestitionen trotz der günstigen Finanzierungsbedingungen gestrichen oder aufgeschoben.

Dagegen bleiben die Beschäftigungsperspektiven insgesamt zwar positiv. In den meisten Branchen dürften sich 2013 die Beschäftigungszahlen auf Vorjahresniveau halten. Zuwächse sind aber eher die Ausnahme.

www.leipzig.ihk.de

Die Konjunkturumfrage: www.leipzig.ihk.de/Portaldata/1/Resources/dokumente/01_sop/wipo/konjunktur/konjunkturberichte/Konjunkturbericht_FJ2013.pdf

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