Außenwirtschaft und Internationalisierung sind für die Wettbewerbsfähigkeit und Krisenfestigkeit der sächsischen Wirtschaft von strategischer Bedeutung. Im Vorfeld der Außenwirtschaftstour Sachsen hat sich Wirtschaftsminister Martin Dulig deshalb heute in Leipzig mit Spitzenvertretern der Außenwirtschaftsinitiative Sachsen (AWIS) zu den außenwirtschaftlichen Rahmenbedingungen und Unterstützungsangeboten für sächsische Unternehmen verständigt.

Am „Spitzengespräch Außenwirtschaft“ nahmen u.a. die Präsidenten der Industrie- und Handelskammern, der Handwerkskammern und des VDMA Ost sowie die Wirtschaftsförderung Sachsen GmbH (WFS) teil. Zur Umsetzung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes tauschten sich die Teilnehmer mit dem Präsidenten des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), Torsten Safarik, aus.

Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG): Sachstand und Erwartungen

Das im Juli 2021 beschlossene deutsche Lieferkettengesetz stärkt die Menschenrechte und den Umweltschutz in globalen Lieferketten. Es gilt seit dem 1. Januar 2023 für Unternehmen mit mindestens 3.000 Beschäftigten und ab dem 1. Januar 2024 auch für Unternehmen mit mindestens 1.000 Beschäftigten.

„Weltweiter Handel und internationale Arbeitsteilung machen uns stärker – gerade, wenn der heimische Markt nicht wächst. Deshalb stehen wir zu Export und Internationalisierung, aber mit Augenmaß. Das gilt auch für unsere Verantwortung für Menschenrechte und Umweltschutz in globalen Lieferketten“, so Martin Dulig in Leipzig.

„Das Lieferkettengesetz schafft Wettbewerbsgleichheit und Rechtssicherheit. Den Verbraucherinnen und Verbrauchern bringt es die Sicherheit, dass insbesondere große Unternehmen nun einen noch stärkeren Fokus auf faire Herstellung legen müssen. Ihre Verantwortung endet nicht am eigenen Werkstor, sondern besteht entlang der gesamten Lieferkette.“

Kritik der Unternehmen, etwa an einer bürokratischen Überlastung durch das Lieferkettengesetz, nehme man sehr ernst. Das BAFA, das in Borna (Landkreis Leipzig) eine neue Außenstelle unterhält, stehe als Ansprechpartner zur Verfügung. Das Bundesamt stellt den Unternehmen zum Beispiel Handreichungen und Checklisten für die Risikoanalyse und die Berichtspflichten zur Verfügung.

Worauf die Wirtschaft bei der Umsetzung des LkSG Wert legt, fasste Kristian Kirpal, Präsident der Industrie- und Handelskammer zu Leipzig, zusammen: »Der weltweite Schutz der Menschenrechte ist eine Aufgabe von großer Tragweite. Die Wirtschaft ist sich ihrer Mitverantwortung bewusst.

Wir gehen davon aus, dass die Politik und die zuständigen Behörden die sächsischen Unternehmen – gerade im Bereich der Außenwirtschaft – bei der Umsetzung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes unterstützen. Angesichts der zunehmenden Einschränkungen durch internationale Sanktionen, Protektionismus und erhöhte Sicherheitsanforderungen muss überbordende Bürokratie unbedingt vermieden werden, um im Wettbewerb weiterhin gut bestehen zu können.“

BAFA-Präsident Torsten Safarik reagierte auf die Erwartungen der Wirtschaftsvertreter: „Wir verstehen uns als Partner aller Unternehmen, die ihre Lieferketten fair und nachhaltig gestalten wollen. Für uns geht es darum, das Lieferkettengesetz bürokratiearm und effizient umzusetzen. Daher sind wir im ständigen Austausch mit relevanten Stakeholdern aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft und bieten den Unternehmen ein umfangreiches Informationsangebot zu praktischen Umsetzungsfragen. Alle Unternehmen, die das Gesetz erfüllen wollen, werden das auch können.“

Exportbilanz 2022 und außenwirtschaftliche Angebote 2023

Sachsen hat seine Ausfuhren im vergangenen Jahr auch unter Berücksichtigung gestiegener Exportpreise nochmals gesteigert. Insgesamt wurden Waren im Gesamtwert von 52,7 Milliarden Euro exportiert (2021: 44,8 Mrd. Euro) – vor allem nach China, die USA und die Nachbarländer Tschechien und Polen. Mit einer Exportquote von gut 33 Prozent (Verhältnis der Ausfuhren zum Bruttoinlandsprodukt) wird mittlerweile mehr als jeder dritte Euro im Ausland verdient.

„Die vergangenen drei Jahre haben schmerzlich gezeigt, wie verletzlich unsere Handelsbeziehungen und Lieferketten sind. Dennoch behauptet sich Sachsens Exportwirtschaft erfolgreich im globalen Wettbewerb“, so Martin Dulig weiter.

„Gemeinsam unterstützen wir die sächsischen Unternehmen dabei, sich international breiter aufzustellen und Kräfte zu bündeln. Die außenwirtschaftliche Jahresplanung sieht im laufenden Jahr mehr als 100 Angebote für rund 40 Länder vor, beispielsweise Information und Beratung, Unternehmer- und Delegationsreisen sowie Gemeinschaftsbeteiligungen auf internationalen Messen. Damit können Kontakte einfacher und schneller aufgebaut werden als im Alleingang.“

Thomas Horn, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Sachsen GmbH (WFS), sagte zu den diesjährigen Außenwirtschaftsaktivitäten: „Die gestiegenen Exportzahlen und damit die wachsende Bedeutung der Nachbarmärkte spiegeln sich auch in den außenwirtschaftlichen Angeboten wider. So werden wir im Rahmen unseres „SAXONY!visit“-Programms verschiedenen europäischen Delegationen den Standort Sachsen und spezielle Branchen- und Technologiekompetenzen vor Ort vorstellen.

Genannt seien der Besuch polnischer Vertreter bei der sächsischen Luft- und Raumfahrtbranche sowie der Austausch mit Unternehmen aus Tschechien und Polen zu Gamingtechnologien für die Industrie. Auch unsere Unternehmerreisen, die u.a. zur Bahntechnik in die Schweiz und zum Thema flexible Elektronik nach Österreich führen, widmen sich europäischen Nachbarmärkten.

Ebenso bilden sich aktuelle Wirtschafts- und Branchenentwicklungen im Messeprogramm ab. Gemeinsam mit unseren Partnern in der AWIS bieten wir Alternativen für Märkte, die aufgrund politischer Schwierigkeiten oder globaler Veränderungen an Relevanz verloren haben. Dazu wollen wir u.a. die Kontakte nach Japan, Südkorea und Zentralasien sowie Nordamerika weiter vertiefen.“

Die Handwerkskammer zu Leipzig koordiniert in diesem Jahr die Außenwirtschaftsinitiative Sachsen und die Außenwirtschaftstour. Präsident Matthias Forßbohm: „Immer mehr Handwerksunternehmen, rund sechs Prozent der sächsischen Handwerksbetriebe sind im Ausland aktiv, die überwiegende Mehrzahl in den Nachbarländern.

In der Zulieferung von Materialien und Produktelementen sind auch weit entfernte Märkte nicht mehr wegzudenken. Deshalb ist die Außenwirtschaftsinitiative Sachsen und Veranstaltungen wie die Außenwirtschaftstour für die meist kleinen und mittleren Unternehmen des Wirtschaftsbereichs eine notwendige Unterstützung.“

Außenwirtschaftstour Sachsen vom 25. bis 27. April 2023

Das bislang als „Außenwirtschaftswoche Sachsen“ etablierte Format wird in diesem Jahr erstmals als „Außenwirtschaftstour Sachsen“ durchgeführt. Sie thematisiert die Chancen und Herausforderungen für sächsische Betriebe in weltweiten und benachbarten Märkten. Unter dem Motto „Globalisierung vs. Nearshoring“ sind die Akteure der Außenwirtschaftsinitiative Sachsen (AWIS) an drei Tagen in:

25. April, 9 bis 14 Uhr: Haus des Handwerks Leipzig

26. April, 9 bis 14 Uhr: Sächsisches Industriemuseum Chemnitz

27. April, 9 bis 14 Uhr: Njumii – Bildungszentrum des Handwerks Dresden

Ist die Skepsis gegenüber der Globalisierung berechtigt? Wie müssen sich kleine und mittlere Unternehmen aufstellen, um künftig im internationalen Wettbewerb zu bestehen? Bietet der EU-Binnenmarkt mehr Vorteile oder eher Hürden und welche entfernteren Märkte stellen sinnvolle Alternativen dar? Die Außenwirtschaftstour Sachsen setzt sich mit diesen Fragen auseinander und bietet eine Plattform, um mit Experten aus verschiedenen Ländern Ideen auszutauschen und sich über die aktuellen Entwicklungen zu informieren.

Zwei Experten der Germany Trade and Invest (GTAI) – Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing mbH – werden sich in Leipzig, Chemnitz und Dresden ein Rededuell „Globalisierung vs. Nearshoring“ liefern. Darüber hinaus sind Experten-Workshops zu den Themen „Europa_meister(n)“, „Ferne Märkte mit Chancen« und »Erfolgsfaktor Beschaffung“ geplant.

Auslandsreisen des Wirtschaftsministeriums

Der sächsische Wirtschaftsminister plant in diesem Jahr Auslandsreisen nach Afrika und Asien. Der pandemiebedingt mehrfach verschobene Besuch in Japan und Südkorea ist im September geplant, um die Zusammenarbeit in Hochtechnologie-Bereichen wie Wasserstoff, Life Sciences, Mikroelektronik, Robotik und Automotive auszubauen.

Bereits vom 4. bis 10. Juni wird Dulig nach Mosambik reisen, um an die langjährige Zusammenarbeit anzuknüpfen und insbesondere die Themen Bergbau und Rohstoffe zu vertiefen. Gleichzeitig möchte er in Namibia bestehende Kontakte ausbauen, wobei ebenso der Bergbausektor, aber auch Wasserstoff und nachhaltige Energiesysteme im Fokus stehen werden.

Im September 2022 hatte Wirtschaftsminister Dulig die kanadischen Provinzen Québec, Alberta und British Columbia besucht. Die Reise hatte vor allem den Zweck, die Potenziale der Wasserstoffwirtschaft in Sachsen in Kanada bekannt zu machen und für Kooperationen zwischen sächsischen und kanadischen Partnern zu werben.

Wasserstoff spielt in Kanada eine enorme Rolle. Der Freistaat Sachsen war das erste Bundesland, das Kanada nach dem Abschluss des Wasserstoffabkommens zwischen der Bundesregierung und der kanadischen Regierung im August 2022 besucht hat. Dies hat auch in Deutschland in der „Wasserstoff-Community“ für Anerkennung gesorgt.

Die Rückmeldungen aus dem Netzwerk HZwo und aus Unternehmen wie XENON, Move Consulting oder dem Fraunhofer IKTS haben gezeigt, dass die Reise die Bekanntheit und Sichtbarkeit der sächsischen Wasserstoffwirtschaft und -wissenschaft in Kanada signifikant erhöht und Kooperationen und Geschäftsbeziehungen für sächsische Forschungseinrichtungen und Unternehmen eröffnet hat. Hier gibt es konkrete Projektansätze, die auf die Reise zurückzuführen sind.

So gab es schon unmittelbar nach der Reise weitere Treffen mit Vertretern kanadischen Unternehmen und Forschungseinrichtungen auf internationalen Messen oder Kongressen und einen weiterführenden Austausch zu gemeinsamen Projekten. Ein wichtiger Meilenstein wird die Messe „Clean Hydrogen Convention“ von HZwo am 25./26. Oktober 2023 in Dresden werden.

Dort wollen internationale Unternehmen und Experten, so auch aus Kanada, die weitere Zusammenarbeit mit sächsischen Unternehmen abstimmen. Auch Unternehmen, die nicht mitgereist sind, können so von den in Kanada geknüpften Kontakten profitieren.

Ein weiteres gutes Beispiel ist die Viaduct Technologies GmbH mit Geschäftsführer Lars Bergmann, der schon seit vielen Jahren in Kanada aktiv ist. Im Anschluss der Reise schloss das Unternehmen einen weiteren Vertrag in Kanada ab.

Unternehmen EDL Anlagenbau

Das Spitzengespräch fand bei der EDL Anlagenbau Gesellschaft mbH in Leipzig statt, das an der Delegationsreise nach Kanada teilgenommen hatte. Der Anlagenbauer ist vor allem in der chemischen und petrochemischen Industrie und für Raffinerien tätig und entwickelt derzeit neue Lösungen zur Produktion von nachhaltigen Energieträgern, wie Flugkraftstoffen und Wasserstoff. Hierfür hat das Unternehmen zwei Vorhaben im Rahmen des europäischen Gemeinschaftsprojekts „IPCEI-Wasserstoff“ angemeldet.

Dr.-Ing. Michael Haid, Vorsitzender der Geschäftsführung, unterstrich die Bedeutung internationaler Kooperationen für sein Unternehmen: „Ein rascher Markthochlauf für die industrielle Herstellung von nachhaltigen Kraftstoffen ist von essentieller Bedeutung für die Verringerung der Treibhausgasemissionen. Unser HyKero-Projekt in Sachsen zur Herstellung von 50.000 Jahrestonnen an nachhaltigem Flugturbinenkraftstoff ist hierfür ein wichtiges Leuchtturmprojekt in Deutschland und die Grundlage für Folgeanlagen.

So haben wir beispielsweise mit Partnern in Brasilien entsprechende LOIs für zwei industrielle Anlagen mit jeweils mindestens 100.000 Jahrestonnen abgeschlossen. Jetzt ist es an der Zeit, ins „doing“ zu kommen.“

Hintergrundinformationen

Die Außenwirtschaftsinitiative Sachsen (AWIS) bündelt die außenwirtschaftlichen Aktivitäten der Staatsregierung, der Wirtschaftsförderung Sachsen GmbH, der Industrie- und Handelskammern, der Handwerkskammern sowie der Wirtschaftsverbände VDMA Ost und VSW. Mit ihren jeweiligen Kompetenzen und Angeboten unterstützen die in AWIS zusammengeschlossenen Partner die überwiegend kleinen und mittleren Unternehmen in Sachsen auf ihrem Weg ins Ausland.

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