Im Alter von 93 Jahren ist der Mendelssohn-Preisträger Marcel Reich-Ranicki am 18. September 2013 gestorben. Sein Leben und seine anrührende Familiengeschichte sind Zeugnis des ungeheuerlichen Geschehens in der Welt des vergangenen Jahrhunderts. Sie sind Vermächtnis bis in unsere Zeit und für folgende Generationen.

Allgemein weniger bekannt ist, dass Marcel Reich-Ranicki in den Tagen des Warschauer Ghettos, in das er zwangsumgesiedelt worden war, in enger Verbindung zur Musik gestanden und dort u.a. Konzerte organisiert hat. Damals hat ihn und die anderen Zuhörer auch die Musik Felix Mendelssohn Bartholdys stark beschäftigt, die Trost und Ermutigung schenkte.

Marcel Reich-Ranicki erhielt den Internationalen Mendelssohn-Preis zu Leipzig 2011, weil ihn seine Erlebnisse zu einer Persönlichkeit formten, die den Austausch zwischen Menschen unterschiedlicher Geschichte und Weltanschauung zu einem vordringlichsten Anliegen gemacht und dies über viele Jahrzehnte hinweg vertreten hat.

Der Stiftungsratsvorsitzende der Felix-Mendelssohn-Bartholdy-Stiftung, der Oberbürgermeister Leipzigs, Burkhard Jung, findet folgende Worte des ehrenden Gedenkens: “Ich habe Marcel Reich-Ranicki sehr verehrt. Als Literaturkritiker hat er mir oft aus dem Herzen gesprochen. Und manchmal habe ich mich auch über ihn geärgert. Aber immer hat mich seine intellektuelle und menschliche Haltung gegenüber der Literatur berührt und meine eigene Liebe zu ihr noch vertieft.

Als Marcel Reich-Ranicki 2011 im Gewandhaus den Mendelssohn-Preis der Stadt Leipzig entgegengenommen hat, überkam nicht nur mich bereits eine Ahnung, dies könnte einer seiner letzten großen öffentlichen Auftritte sein. Vielleicht gingen auch darum damals seine Worte so tief unter die Haut, mit denen er vom Leben im Warschauer Ghetto berichtete. Die Literatur hat einen großen Publizisten verloren. Und wir, die Stadt Leipzig, einen Freund Felix Mendelssohn Bartholdys und seiner Musik.”

Der Internationale Mendelssohn-Preis 2013 wird am 28. September, 19 Uhr, im Leipziger Gewandhaus an Dr. Richard von Weizsäcker (Kategorie “Gesellschaftliches Engagement”), Thomas Hampson (Kategorie “Musik”) und Prof. Markus Lüpertz (Kategorie “Bildende Kunst”) verliehen.

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