Im Juni stellten Baubürgermeisterin Dorothee Dubrau und Reinhard Wölpert, Abteilungsleiter generelle Planung/Projekte im Stadtplanungsamt, den neuen Flächennutzungsplan der Stadt Leipzig vor. Der beinhaltet auch ein gut Teil endgültige Veränderungen am einstigen Lorbeer-Projekt "Mittlerer Ring". Nicht nur der Südteil des Ringes wurde komplett gestrichen. Wenn auch unter vorsichtigem Protest der Nachbarstadt Markkleeberg.

Tatsächlich waren die Planungen für den Mittleren Ring von Anfang an reine Utopie. Da, wo er auf Bundesautobahnstandard ausgebaut wird, wird er so teuer, dass er das Straßenbauprogramm der Stadt Leipzig auf Jahre hinaus lahm legt – wie es beim Ausbau zwischen Linkelstraße und Louise-Otto-Peters-Allee als neue B6 der Fall war. Allein das 2 ,2 Kilometer lange Teilstück zwischen Pittlerstraße und Slevogtstraße verschlang 53,9 Millionen Euro. Weitere 13 Millionen Euro kostete bis 2012 die Verlängerung in der Max-Liebermann-Straße.

Schon 2006 stellte der damalige Baudezernent Martin zur Nedden fest, dass Leipzig das Geld für einen Bau des ganzen Mittleren Ringes gar nicht locker hatte. Und OBM Burkhard Jung merkte damals an, dass man die Pläne einer Südtrasse durch den Auenwald gar nicht umsetzen konnte. Auch wenn er vorsichtig erst mal nur von einer Vertagung um zehn Jahre sprach. Die sind zwar noch nicht rum. Aber das war nun eine der wichtigsten Nachrichten, als die Stadtverwaltung den neuen Flächennutzungsplan (FNP) vorstellte: Die Trasse durch den Auwald war raus. Begründung wie zu erwarten: Leipzig würde nie und nimmer eine Baugenehmigung durchs Landschaftsschutzgebiet bekommen. Gegen europäisches Umweltrecht kommt Leipzig nicht an.

Nur im benachbarten Markkleeberg hängt man den alten Träumen noch nach. Dort hatte man ja jahrelang um den Bau eines neuen Teilstücks der S46 durch die Weinteichsenke gerungen, das auch direkten Anschluss an den Mittleren Ring bekommen hätte. Auch das scheiterte am Ende aus dem selben Grund: Auch die Weinteichsenke ist Landschaftsschutzgebiet. Nicht das einzige Thema, bei dem Markkleeberg in Sachen Autoverkehr mit Leipzig hadert. Einige Anmerkungen zum FNP deuten darauf hin, dass es um die Parkplätze am Cospudener See noch richtig Zoff geben wird. Aber das ist ein anderes Thema. Hat aber indirekt mit der Sicht Markkleebergs auf den Mittleren Ring zu tun.In ihrer Stellungsnahme zum Flächennutzungsplan merkte die Stadt Markkleeberg 2012 an: “Im Bereich des Auwaldes zwischen Großzschocher und der B 2 wird der Mittlere Ring nicht mehr geschlossen. Als geplante Umgehungsstraße für die Ortslage Großzschocher, die den Verkehr von der Brückenstraße aufnimmt und in Richtung S 46 führt, ist die Verlängerung der Gerhardt-Ellrodt-Straße in östliche Richtung über die Dieskaustraße hinaus als geplante Hauptnetzstraße dargestellt. Durch die Aufgabe des Mittleren Ringes im Südwestteil der Stadt Leipzig werden die Verkehrsströme in Ost-West-Richtung dauerhaft auf die S 46 verlagert. Der abgeschlossene Neubau der Brücke im Zuge der S 46, über das Elsterhochflutbett, ist bereits eine Maßnahme zur Sicherung einer hohen Leistungsfähigkeit dieser Trasse. Mit der geplanten Änderung wird das Problem der völlig unzureichenden Anbindung der S 46 an den innerstädtischen Verlauf dieser Trasse in der Stadt Markkleeberg verfestigt. Sie ist im Abschnitt Equipagenweg bis Kirschallee schmal, kurvenreich und beidseitig weder mit Fußwegen noch Radwegen ausgestattet. Dieser Straßenquerschnitt wird im hohen Maße von Fußgängern und Radfahrern genutzt und gequert. Deshalb bitten wir um eine Zusammenarbeit und eine ganzheitliche Betrachtung der Führung dieses Straßenabschnittes.”

Das sei zwar nicht Gegenstand des Planverfahrens, kommentiert Leipzig. Aber eine Lösung für diese Gefahrenstelle muss gefunden werden. “Auf der Grundlage der Fortschreibung des FNP kann hier keine Lösung angeboten werden. Hier müssen in Kooperation zwischen der Stadt Leipzig und der Stadt Markkleeberg Vorschläge für die Lenkung der Verkehrsströme auf der S 46 gefunden werden.”

Stimmt zwar auch nicht ganz, weil es keine Alternativen zur Brückenstraße gibt. Aber eine ganze Reihe Akteure haben vergeblich versucht, das Thema regionaler Radverkehrstrassen im FNP anzumahnen. Das gehöre hier nicht her, heißt es in den Begründungen zur Ablehnung immer wieder.

Vielleicht aber ist es höchste Zeit für Leipzigs Verkehrsplaner, genau hier umzudenken. Radverkehr kann man nicht wirklich einfach auf niedrigem Level kochen – schon gar nicht im Bezugssystem Neuseenland.Aber der Naturschutz hat auch verhindert, dass der Mittlere Ring auch noch an anderer Stelle ein grünes Kleinod zerstört: im Abtnaundorfer Park.

Das ließ die Landesdirektion stutzen, die im Mittleren Ring Nordost noch eine Querung der Partheaue in den Stadtteilen Mockau und Thekla erwartet hatte. “Weder der Teilplan Ost
noch der Beiplan 5 sehen hier Trassenkorridore vor”, stellte sie dann nach Lesen der Unterlagen fest. “Im Interesse einer plausiblen Planung und der ausdrücklichen Betonung des Ausbaus des 1992 beschlossenen Tangenten-Ring-Systems wäre auch für diesen Teil des Mittleren Ringes eine Kommentierung in der Planbegründung zu erwarten. Infolge der Nähe zur fast komplett sechsspurig ausgebauten BAB 14 (Fertigstellung im Jahr 2012) steht die Frage nach der verkehrlichen Planrechtfertigung für einige Abschnitte des Mittleren Ringes (Nordost und Südost) unausgesprochen im Raum mit der Anschlussfrage zur Notwendigkeit der Vervollständigung des ‘Mittleren Ringes’ als Ring überhaupt.”

Aber seit 2006 ist klar, dass es nie einen kompletten Mittleren Ring geben wird, drückt sich Leipzig vor der Beantwortung der Frage, nimmt nur stückweise aus den Plänen, was tatsächlich nicht umsetzbar ist. Zumindest für den Nordosten gibt die Stadt nun zu, dass die Landesdirektion Recht hat.

“Folgende Textpassage wird in die Begründung zum FNP im Punkt III/3. Verkehr ergänzt: Die geplante Trasse durch den Abtnaundorfer Park ist eine direkte Querung des Landschaftsschutzgebietes sowie des FFH-Gebietes Partheaue und liegt darüber hinaus im Überschwemmungsgebiet der Parthe. Die Trasse würde unnötigen zusätzlichen Durchgangsverkehr in den Nordosten der Stadt bringen. Die stadtnah verlaufende BAB 14 kann den Durchgangsverkehr im Bereich Nordost aufnehmen. Für den Anliegerverkehr wird die neue Trasse nicht benötigt. Eine Schließung des Mittleren Ringes in diesem Bereich ist daher grundsätzlich entbehrlich.”

Eigentlich ist der Mittlere Ring damit tot. Aber welcher Verwalter wird den Mumm haben, so ein gigantisches Großprojekt in aller Öffentlichkeit für tot zu erklären? Lieber wurschtelt man an anderer Stelle unbeirrt weiter. Fügt zumindest auch nachträglich noch ein, dass aus der Prüfung des Mittleren Ringes Süd nun ein “Nitschewo” geworden ist.

“In der Begründung zum FNP wurde der entsprechende Absatz korrigiert. Im Beiplan Nr. 17 waren bis zum Entwurf , der erneut öffentlich ausgelegt wurde, alle Vorhaben enthalten, die in der Umweltprüfung geprüft wurden, egal ob sie noch als Zielstellung im FNP enthalten waren. Nach Abschluss der erneuten öffentlichen Auslegung wird dieser Beiplan jetzt angepasst, da definitiv geklärt ist, dass diese Zielstellung nicht mehr weiter verfolgt wird.” Dieser Beiplan befasst sich mit dem einst geplanten Mittleren Ring im südlichen Auwald.

Nur zur Erinnerung: Die kompletten westlichen Teile des Mittleren Ringes blieben diesmal ausgeblendet, weil im Wesentlichen die östlichen und nördlichen Flächenpläne neu definiert wurden.

Ein brennendes Thema aber soll – so will es die Verwaltung – weiter vor sich hin schwelen.

Gleich mehr dazu an dieser Stelle.

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