Natürlich geraten jetzt immer mehr Menschen in Panik, die von den massiven Gaspreissteigerungen erfahren und auch noch die Gaspreisumlage der Bundesregierung auf sich zukommen sehen. Vor allem jene, die sowieso schon mit knappem Einkommen über die Runden kommen müssen. Jetzt hat auch Sachsens Wirtschaftsminister einen Vorschlag gemacht, wie gerade diese Menschen geschont werden können und gleichzeitig sogar ein echter Anreiz zum Energiesparen gesetzt wird.

Zu den extrem verteuerten Gaspreisen und der von der Bundesregierung angekündigten Senkung der Mehrwertsteuer auf den Gaspreis sagte Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) am Freitag, 19. August: „Ich glaube nicht, dass die geplante Senkung der Mehrwertsteuer den Verbrauchern und Unternehmen ausreichend helfen wird. Bei vielen Unternehmen ist die Mehrwertsteuer ein durchlaufender Posten, weshalb durch eine Senkung der Steuer kein positiver Effekt hängen bleiben wird. Zudem ist unklar, ob die Reduzierung in der angestrebten Höhe die Kosten der Gasumlage bei den Verbrauchern überhaupt ausreichend ausgleicht.“

Ihm ist durchaus bewusst, dass allein schon die Gaspreiserhöhung viele sächsische Normalverdiener überfordern wird.

„Gerade für viele private Verbraucherinnen und Verbraucher stellt sich durch die explodierenden Gaspreise die Frage, ob und wie sie ihre Rechnungen überhaupt noch bezahlen können. Die Mehrwertsteuersenkung mindert nur die Steuerlast auf die verteuernden Kosten. Das hilft vielleicht kurzfristig für ein paar Wochen, aber wir stehen vor möglicherweise langanhaltenden Kostensteigungen. Da stellt sich – gerade für Geringverdiener – die Frage, wie sie sich den Gasverbrauch dauerhaft leisten sollen“, sagte er.

Eine bezahlbare Grundversorgung

Und so befürwortet auch Dulig einen echten Gaspreisdeckel und bekommt postwendend Zustimmung von der sächsischen Linken.

„Ich schlage deshalb einen Gaspreisdeckel für alle Verbraucher vor – gleich ob private Haushalte oder Unternehmen vor. Dieser wird über eine Gasgrundmenge definiert, welche 80 Prozent beträgt. Die Kosten bemessen sich Vorjahresverbrauch und auch am Vorjahrespreis“, beschreibt Dulig ein mögliches Modell für so einen Gaspreisdeckel.

„Die Differenz zum aktuellen Marktpreis muss steuerfinanziert vom Bund getragen werden. Alles, was dann darüber hinaus geht, wird zu aktuellen Marktpreisen abgerechnet, inklusive Gasumlage. Dies schafft einen echten Anreiz zum Energiesparen und ermöglicht eine bezahlbare Grundversorgung für alle.“

Marco Böhme: Wann streitet Sachsen im Bundesrat dafür?

„Unser Druck wirkt“, fand Marco Böhme, Sprecher der Linksfraktion für Klimaschutz und Energie, nach Duligs Wortmeldung. „Unsere Forderung nach einem Gaspreisdeckel, die wir seit vielen Monaten erheben, findet immer mehr Unterstützung. Das ist erfreulich. – Allerdings hat die SPD in der letzten Landtagssitzung gemeinsam mit Grünen und CDU unseren Antrag für einen Inflations-Schutzschirm und damit auch die Forderung nach einem Gaspreisdeckel abgelehnt (Drucksache 7/10142).

Ich bezweifle also, dass Sachsens Regierung zum Beispiel im Bundesrat für den Gaspreisdeckel streiten wird, zumal die CDU dagegen ist. Auch die Pläne für eine Übergewinnsteuer hat der Freistaat im Bundesrat nicht mitgetragen. – Es ist also leider wie so oft bei Martin Dulig: Seine Worte werden kaum Folgen haben. Leere Ankündigungen entlasten allerdings niemanden.“

Im Juli hatte sich Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) noch gegen einen Gaspreisdeckel ausgesprochen. Dabei hatte er freilich noch kein Modell vor Augen, wie es Martin Dulig jetzt vorgeschlagen hat. Weshalb er auch entsprechend flapsig reagierte: „Eine Deckelung der Preise wäre bei einem knappen Gut ein Signal: Energie ist nicht wertvoll, haut raus, was ihr wollt.“

Susanne Schaper, Sprecherin der sächsischen Linksfraktion für Sozialpolitik, hatte darauf entsprechend deutlich reagiert.

„Wer Gerechtigkeit will, muss zielgenau entlasten – das geht am besten mit einem staatlichen Eingriff in die Preisgestaltung, der auch Versorgungsunternehmen und Wohnungsgenossenschaften zugutekäme. Die bevorstehende Nachzahlungswelle und insbesondere das Beispiel der Wohnungsgenossenschaft Dippoldiswalde zeigen den akuten Handlungsbedarf. Ich kann die Argumentation Habecks nicht nachvollziehen, die Leute würden Gas verschwenden, wenn es nicht ganz so teuer wird“, sagte sie.

„Ein solches Menschenbild lehne ich ab! Alle wissen, was auf uns zukommt, und wer wenig Geld hat, spart jetzt schon, wo immer es möglich ist. Will Robert Habeck die sozialen Folgen der Preisexplosion hinnehmen? Die Bundesregierung hätte viele Instrumente zur Verfügung – Appelle an die Energieunternehmen sind jedenfalls ebenso wenig hilfreich wie Habecks Scheinargumente.“

Mögliche Finanzierungsquelle: Übergewinnsteuer

Und sie sagte etwas, was durchaus darüber mitentscheidet, ob die Gaspreisverteuerung zu gesellschaftlichen Unruhen führt oder gerade die gering Entlohnten eine reelle Chance sehen, durch eigenes Verhalten die Kosten im Zaum zu halten: „Entscheidend ist, die extrem gestiegenen Energiepreise gerecht abzufedern – finanziert etwa durch die Übergewinnsteuer für Mineralölkonzerne. Das werden wir auch zum Thema der kommenden Plenarsitzung machen. Unser Zehn-Punkte-Plan liegt auf dem Tisch. Hat die sächsische Koalition eigentlich auch eine Meinung und will sie gegenüber der Bundesregierung aktiv werden?“

Gegen die Übergewinnsteuer hat sich ja Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) schon ausgesprochen. Der Spielraum, tatsächlich sinnvolle Entlastungspakete für die finanziell Schwächeren in der Gesellschaft aufzulegen, ist damit deutlich schmaler geworden.

Martin Duligs Vorschlag könnte ein Weg zur Lösung sein.

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