Es sind beeindruckende Zahlen, welche die Universität Leipzig heute vermeldet: 41.000 Studenten haben sich für das im Oktober begonnene Wintersemester 2013/2014 beworben. Die endgültigen Zahlen derer, die auch eingeschrieben werden, stehen erst in ein paar Wochen fest. Doch die Leipziger Uni hat damit einen neuen Rekord erlebt. Noch im vergangenen Jahr hatte sie nur 29.000 Bewerbungen erhalten.

“Die Gründe liegen in den doppelten Abitur-Jahrgängen in Hessen und Nordrhein-Westfalen sowie im Trend zur Mehrfachbewerbung”, konstatiert Claus Altmayer, Prorektor für Bildung und Internationales. Auch die Attraktivität der Uni und der Stadt dürften ihren Teil dazu beitragen, dass vor allem Studieninteressierte aus den alten Ländern nach Leipzig strömen möchten. “Mit 56 Prozent stammt mehr als die Hälfte aller Bewerber aus den alten Bundesländern”, so Altmayer. An dieser Zahl lässt sich deutlich ablesen, dass Leipzig als Studienort in Mode gekommen ist: Waren es im vergangenen Jahr noch 15.000 Bewerber von dort gewesen, so sind es in diesem Jahr bereits 21.000. “Die demografische Delle ist bei uns nicht wahrzunehmen”, sagt der Prorektor.

All den Bewerbern gerecht zu werden, das steht für die Universitätsleitung jedoch auf einem anderen Blatt. Denn sie muss mit immer weniger Stellen zurecht kommen. Zurück geht dies auf einen Beschluss des sächsischen Landtages vom Juli 2010, welcher besagt, dass bis zum Jahr 2020 die Hochschulen in Sachsen 1042 Stellen kürzen müssen. Bis 2015 sind es 715 – worauf die Situation erneut geprüft und über den Abbau weiterer 327 Stellen entschieden werden wird. Für die Uni Leipzig heißt es bis dahin: Jedes Jahr 24 Stellen weniger. “Wir haben das zum Beispiel im Jahr 2011 schweren Herzens mit der Pharmazie getan, wo wir gekürzt haben”, beschreibt Uni-Rektorin Beate Schücking. “Bislang hat die Landesregierung am Sparbeschluss festgehalten.”

Und dabei hat sich die Rektorin um 40 Prozent mehr Studenten zu kümmern, als es die Kultusministerkonferenz (KMK) im Jahr 2009 prognostizierte. “Und nur an deren Prognosen kann sich die Landesregierung ausrichten”, erklärt Schücking. Immerhin korrigierte die KMK ihre Vorausschau im Jahr 2011 nach oben, so dass die Uni Leipzig nur noch 20 Prozent über der Prognose liegt. Und einen Geldzuschuss, zumindest für die Lehrerausbildung, erlebte sie im Mai vergangenen Jahres. “Der drohende Lehrermangel, welchen man dann bemerkt hat, führte zum Bildungsprogramm”, so Schücking. Doch Überlast-Programme wie dieses finanzieren zumeist zeitlich befristete Stellen.
Die Quadratur des Kreises gelingt nur, indem kleinere Fächer nicht mehr angeboten oder umstrukturiert werden. Ein Sorgenkind bleibt die Pharmazie. In diesem Jahr werden Neu-Studenten noch eingeschrieben. Ob es im nächsten Jahr auch passiert? “Das werden wir sehen”, so Schücking.

Seit Jahren ausgesetzt ist zum Beispiel die Namenkunde. “Die Kapazitäten sind nicht mehr da und die Namenkunde ist ein Beispiel für einen sehr spezialisierten Masterstudiengang, der bundesweit einzigartig ist, aber ohne eine Berufsperspektive für eine Masse an Studierenden”, sagt Schücking. Der Studiengang bleibt jedoch als Wahlfach erhalten und erfreut sich so einiger Beliebtheit: “Für diesen hatten sich 200 Studenten beworben und 50 wurden eingeschrieben”, so Prorektor Claus Altmayer. Die Quadratur gelingt also schon – mit einer Umgestaltung des Studienangebots. So kommt es, dass die Uni in diesem Jahr weniger Studiengänge anbietet als zuvor. Waren es im Jahr 2012 noch rund 170 gewesen, so sind es aktuell noch 154 Studiengänge. “Diese sind im Prinzip volatil. Viele ließen sich zusammenlegen”, sagt Altmayer.

Und die Bachelor- und Master-Abschlüsse sorgen dafür, dass es keine Einheitsliste der beliebtesten Studiengänge gibt. Jeder hat seine eigene. Bei den Bachelor-Gängen belegen die Psychologie, mit 64 Bewerbern pro Platz, die Kommunikationswissenschaft, mit 31 Bewerbern pro Platz, und die Politik- und Kulturwissenschaften mit je 24 Bewerbern pro Platz, die vordersten Ränge. Bei den Master-Gängen sind Betriebswirtschaft und Psychologie ungeschlagen, mit je über 800 Bewerbern pro Studienplatz.

In absoluten Zahlen zählen jedoch die Rechtswissenschaften, mit 465 Bewerbern, das Lehramt, mit über 400, und die Medizin, mit über 300 , zu den gefragtesten Fächern. Die Rechtswissenschaften sind seit jeher gefragt. “Im vergangenen Jahr hatten wir 700 Bewerbungen, so dass wir im diesem Jahr einen Numerus Clausus einführen mussten”, erklärt Prorektor Altmayer. Wer also Jura studieren wollte, musste mindestens einen Abitur-Schnitt von 2,0 haben. “Wir befürchteten, dass sich weit weniger bewerben würden, doch mit 465 haben wir eine Punktlandung geschafft, was die Kapazitäten anbetrifft.”

Die Freude über das hohe Interesse trübt das anhaltende Sparpaket. Die Universität hofft auf mehr Mittel, um den Ansturm weiter schultern zu können. “In den Hochschulen steckt ein großer Teil des Zukunftspotentials Sachsens und ganz Mitteldeutschlands. Hier lohnen sich Investitionen”, sagt Uni-Rektorin Beate Schücking. “Wenn wir wie geplant bis 2020 viele Stellen abbauen müssen und im Zuge dessen sicher einzelne Studiengänge nicht mehr anbieten werden können, dann geht das zu Lasten der künftigen Entwicklung der Region.” Schücking ist auch Vorsitzender der sächsischen Landesrektorenkonferenz.
Der Vergleich der Zahl der Bewerbungen als PDF zum download.

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