Vor 70 Jahren, am 20. November 1950, wurde das Bach-Archiv Leipzig anlässlich des 200. Todestages Johann Sebastian Bachs gegründet. Ziel war es, die über die Stadt Leipzig verteilten Quellen und Dokumente zum Leben und Schaffen des Thomaskantors zusammenzuführen und für die Zukunft zu bewahren. In den folgenden Jahrzehnten entwickelte sich die Institution zu einem weltweit renommierten Forschungszentrum und etablierte sich ab 1999 zudem als Veranstalter eines der international bekanntesten Musikfestivals, des Bachfestes Leipzig.

Aufgrund des Lockdowns feiert die Institution ihren Geburtstag in reduzierter Form im Netz: Mit digitalen Einblicken in die bedeutende Sammlung des Hauses und zwei gestreamten Konzerten des Bachfestes Leipzig.

Prof. Dr. Dr. h.c. Peter Wollny, Direktor des Bach-Archivs Leipzig, sagt dazu: „Die ursprünglich geplante Festwoche zum Jubiläum mit einer Sonderschau im Museum, Konzerten und einer wissenschaftlichen Konferenz kann coronabedingt nicht wie ursprünglich geplant stattfinden. Dennoch möchten wir unser Haus zumindest virtuell öffnen und freuen uns über Besucherinnen und Besucher auf unserer Homepage sowie interessierte Follower auf Facebook oder Instagram. Dort werden wir Einblicke in die Sammlung des Hauses geben und zudem unsere aktuellen Projekte vorstellen.“

Anlässlich des Jubiläums am 20. November schaltet das Bach-Archiv Leipzig ein Sammlungsportal frei, das den digitalen Zugang zu den historischen Beständen des Hauses ermöglicht. Unter digitalesammlungen.bach-leipzig.de werden eigene Sammlungsobjekte und bedeutende, im Bach-Archiv Leipzig verwahrte Dauerleihgaben bereitgestellt, darunter Handschriften aus dem Besitz des Thomanerchores, der Musikbibliothek Peters (Leipziger Städtische Bibliotheken) und des Verlages Breitkopf & Härtel.

Die Darstellung der digitalen Objekte erfolgt entlang der Sammlungsstrukturen und unter Beschreibung der Sammlungszusammenhänge. Die Bereitstellung in den Digitalen Sammlungen erfolgt in hochaufgelösten Ansichten. Eine Download-Funktion ermöglicht die Nachnutzung unter einer offenen Lizenz auch außerhalb des Portals. Das Bach-Archiv möchte damit einen Beitrag zur offenen Bereitstellung von Daten des kulturellen Erbes leisten.

Darstellung einer Dichterin, Kupferstich in einem Buch von Christian Friedrich Henrici. Foto: Bach-Archiv Leipzig
Darstellung einer Dichterin, Kupferstich in einem Buch von Christian Friedrich Henrici. Foto: Bach-Archiv Leipzig

Auch in der Schatzkammer des Bach-Museums Leipzig werden Zimelien und ausgewählte Dauerleihgaben der Sammlung im Rahmen einer Sonderausstellung gezeigt: Ab der Wiedereröffnung des Bach-Museums Leipzig im Dezember gibt die Schau einen Einblick, wie und durch wen die Sammlung im Laufe der Jahre kontinuierlich erweitert wurde. Vertreten sind die wichtigsten Schenkungen und Dauerleihgaben und es werden die Ankaufswege beleuchtet.

Ausgestellt sind unter anderem Handschriften Bachs, darunter ein Bogen aus der Partitur der Kantate „O Ewigkeit, du Donnerwort“, BWV 20, der originale Stimmensatz der Kantate „Wo Gott der Herr nicht bei uns hält“, BWV 178, Briefe Johann Sebastian Bachs, seines Sohnes Carl Philipp Emanuel und seiner Enkeltochter Anna Carolina Philippina, die Partitur zu Johann Christian Bachs Oper „Zanaida“ sowie ein Kupferstich nach dem Entwurf des Landschaftsmalers und Bach-Enkels Johann Sebastian Bach des Jüngeren. Gezeigt werden zudem 20 Jahre nach Bachs Tod angefertigte Vokalstimmen mit dem Schlusschor der Matthäus-Passion.

„Die Bach-Forschung lebt von Neuentdeckungen, die oftmals das schon Bekannte in anderem Licht erscheinen lassen. Im November 2019 erwarb das Bach-Archiv acht Vokalstimmen mit dem Schlusschor der Matthäus-Passion. Diese um 1770 in Berlin entstandenen Stimmen erweisen sich als ein ,missing link‘ in der Rezeptionsgeschichte von Bachs ,Großer Passion‘, die die Vorgeschichte von Felix Mendelssohn Bartholdys epochaler Wiederaufführung dieses Werks (1829) beleuchten“, erzählt Peter Wollny.

Ergänzt werden diese Bachiana durch wertvolle Zeitdokumente aus dem Leipzig des Hochbarock wie dem Matrikelverzeichnis der Externen der Thomasschule von 1685 bis 1740, einen Kupferstich der Paulinerkirche sowie dem in Leipzig entstandenen Erstdruck der Goldberg-Variationen.

Zwei digitale Konzertangebote des Bachfestes Leipzig umrahmen den Geburtstag

Anlässlich der Verleihung der Bach-Medaille 2020 der Stadt Leipzig an die kanadische Pianistin Angela Hewitt konzertiert die Künstlerin in einem Geisterkonzert am 17. November, ab 19 Uhr, live in der der Vierung der Thomaskirche, direkt an Bachs Grab. Es erklingen Johann Sebastian Bachs Goldberg-Variationen. Das Konzert wird auf ARTE Concert sowie auf www.facebook.com/bacharchiv live gestreamt und ist im Anschluss für die Dauer von 90 Tagen abrufbar.

Ursprünglich sollte das Konzert im abgesagten Bachfest Leipzig 2020 stattfinden. Es ist Teil von Kanadas Kulturprogramm als Ehrengast der Frankfurter Buchmesse 2020/2021 und wird unterstützt durch das Canada Council for the Arts und die Regierung von Kanada.

Einen Streaming-Rekordversuch wagt Bachfest-Intendant Prof. Dr. Michael Maul in Kooperation mit dem Mitteldeutschen Rundfunk mit der digitalen Premiere der womöglich größten Fassung der Bachschen h-Moll-Messe aller Zeiten. Am 22. November, dem Tag der heiligen Cäcilie – Schutzpatronin aller Musiker und der Kirchenmusik –, feiert im Stream die ergänzte Version der ursprünglich für den Bach-Marathon im Juni 2020 konzipierten Kammermusik-Fassung der Messe Premiere.

Das Konzert mit Johann Sebastian Bachs Messe in h-Moll wird am 22. November ab 16 Uhr auf www.faceboook.com/bacharchiv gestreamt und ist im Anschluss 90 Tage ebenda sowie auf www.youtube.com/bacharchivleipzig verfügbar.

Die extended version wurde in Kooperation mit dem Mitteldeutschen Rundfunk realisiert.

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