Bühnen-Events mit eingängigen Sprüchen zu bewerben, ist so in Mode, wie englische Verklausulierungen deutscher Redewendungen. Wenn an dem Abend auch noch Stücke und Autoren gemixt werden, darf der Cocktail seinen eigenen Namen führen: "Keine alltägliche Übung oder Zwischen den Beinen eines Mädchens".

Klartext: Es geht um Georg Büchners “Leonce und Lena” und Hansjörg Schneiders “Die Theaterfalle”. Theater-fact-Prinzipalin Ev Schreiber hat den Abend inszeniert. Ein Text von einschüchternder Klassik, einer von heute. Robert Wilson tauchte das Büchner-Drama in moderne Mystik, was auf jede andere Sicht wieder neugierig macht, Schneiders Text ist erst zum zweiten Mal in deutschen Landen aufgeführt worden. Deswegen reisen schon mal Theaterfachleute extra nach Leipzig.

Alles fließt

Im Theaterkeller unter Barthels Hof pulsiert das Leben, wo anderswo Patina ansetzt, läuft hier das Wasser – vom Regen an Kanalisationen vorbei in Treppenhaus und Foyer. Wie künstlich. Nur leider real-unberechenbar. Wieder einmal zeigt sich der Theaterraum in bisher unbekannter Form, begrenzt von Stoff, Lichtkegeln und Raum-Projektionen. Sabine Becker eilt als Lena ihrem Leonce zu, wie vor einander geflohen sie sich zufällig finden. Doch der Müßiggang-Prinz Leonce kommt seinem Diener Valerio schaukelnd-allzu-männlich plötzlich sehr nahe. Thomas Deubels Kopfstimme pulsiert im Gefühl, der Diener, von Sascha Kiesewetter gezeigt, hat mit dem Hemd seine Scheu verloren.

Alarm im Schutzraum

Doch da bringen Sirene, Rundumleuchten und Durchsagen alles zu Ende. Alarm im Theater. Im Schutzraum begegnen sich ein selbstbewusster Regisseur und ein Verwaltungsratsmitglied. Es begegnen sich unterschiedliche Blickwinkel und Lebensauffassungen zur gemeinsamen Aufgabe, gutes, erfolgreiches, ausverkauftes, zukunftsfähiges Stadttheater zu machen. Und das in der Zelle scheinbarer Gefangenschaft. Wortwechsel enden in Erpressungen. Bis eine Schauspielerin auftaucht, die jenseits der Textbücher mit beiden Männern spielt und gegeneinander ausspielt.
Andere Charaktere, dieselben Schauspieler wie bei Leonce und Lena, dazu Sabine Becker als Biest. Erstaunlich, löblich und pointiert, wenn sich im Stück das freie Theater fact um Strukturen von kommunalen und staatlichen Betrieben sorgt, und in persona ein Verwaltungsratsmitglied und einen Regisseur miteinander in die Krise schickt.

Festanstellung für alle

In diesem Theater auf dem Theater gibt’s noch eine einfache, aber wirkungsvolle und wirkungstolle Ebene: Schauspieler in mehreren Rollen, Status-Kämpfe. Na klar, haben die auch eine Vision, aber von der Losung auf dem Spruchband “Festanstellung für alle” kann ja das Theater fact mit seiner geringen Förderung aus städtischen Finanzen nur träumen, doch dieser Traum hält den Laden von Ev Schreiber nun seit Jahren, über viele Stücke, Spieler, kommende, gehende und zurückkehrende Theaterenthusiasten zusammen. So dass sich hier schon lange auch andere Wissen, Rat und Training holen, ob nun Zeitungsschreiber oder Hochschulstudierende bei Kommunikation und Rhetorik.

Meinungen:”Ganz anders, als Theater sonst so ist. Und gut!” – “Toll, wie die mehrere Rollen in zwei Stücken spielen. Ein prickelndes Lehrstück.” – “Die anderen Szenen dieser `Leonce-und-Lena’-Sicht hätte man nun auch gerne gesehen!”

Nächste Vorstellungen: 22., 23., 25.03..2013, 20:00 Uhr, Tel. 0341 9614080, Tickets auch unter: 0341 141414.

www.theater-fact.de

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar