Vor gut einem Jahr schockierte der Fund von Leichenteilen im Elsterbecken die Leipziger. Nun stellten die Verteidiger des Angeklagten Benjamin H. einen Befangenheitsantrag gegen seine Richter. Am Landgericht Leipzig war es gestern erst der dritte Verhandlungstag und gleich zu Anfang lehnten die Anwälte den Richter Johann Jagenlauf, welcher der Kammer vorsizt, ab.

Der Grund: Abschriften von mündlichen Beschlüssen der Kammer, die in den bisherigen Verhandlungstagen gefasst wurden, seien den Anwälten nicht zugesandt sondern erst gestern kurz vor Beginn des fortgesetzten Prozesses übergeben worden. Sie könnten somit nicht unverzüglich reagieren, begründeten die Anwälte Mario Seydel und Jens Mader ihr Vorgehen. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Richter weiterhin versuche, ihre Arbeit zu erschweren.

Das Vertrauen von Benjamin H. in die Unvoreingenommenheit von Richter Jagenlauf sei erschüttert. Dieser erwiderte, das Gesetz sehe keine Fristen für die Übersendung von Abschriften vor. Zudem seien die Beschlüsse alle in der Verhandlung getroffen worden. Die Anwälte wüssten also um den Inhalt.

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Nach einer mehrstündigen Pause befanden Jagenlaufs Kammerkollegen und ein hinzugezogener dritter Richter Jagenlauf für nicht befangen. Die Entscheidung war gerade erst verlesen, da schoben die Anwälte den nächsten Antrag nach: Dieses Mal lehnten sie nicht nur Jagenlauf sondern auch dessen Kammerkolleginnen Alexandra Kraske und Katharina Peters ab. Sie berufen sich auf die Beschlagnahme von Benjamin H.s Wohnung in der Spittastraße in Lindenau. Diese stützt sich auf Aussagen von H. in seiner ersten Vernehmung und bisher hat die Kammer noch nicht entschieden, ob diese überhaupt vor Gericht zugelassen werden.

Die Entscheidung über den Ablehnungsantrag obliegt nun einer anderen Kammer des Landgerichts. Fortgesetzt wird der Prozess am 15. November. Mit einem Urteil kann in diesem Jahr wohl nicht mehr gerechnet werden – das Landgericht will drei weitere Verhandlungstage für Anfang 2013 ansetzen.

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