Es sind die üblichen Jubel-PR-Nachrichten, welche die Stadt Leipzig verkündet: Heute wurde feierlich die 8.888te Baby-Begrüßungsbox übergeben. Diese erhalten frischgebackene Eltern im Familieninfobüro. "Den Gutschein dafür bekommen sie auf dem Standesamt, wenn sie die Geburtsurkunde für ihr Kind abholen", erklärt Thomas Fabian, Bürgermeister für Familie, Jugend und Soziales.

“Willkommen im Leben”, steht auf dem bunten Pappköfferchen, welches Muttis und Vatis im Stadthaus am Burgplatz abholen können. Das 8.888te nahmen Katharina Kosova und ihr Mann für das neun Wochen alte Söhnchen Kaja entgegen.

Wer die Box aufklappt, entdeckt allerlei Nützliches: Badethermometer, Lätzchen, Badetuch, und Schwimmente – gesponsert von den Kommunalen Wasserwerken. Dazu ein Nachtlicht, passenderweise beigelegt von den Stadtwerken Leipzig. Des Weiteren ein Gutschein für die Babycard der Leipziger Verkehrsbetriebe. Mit dieser können das Kind und ein Elternteil oder eine andere Begleitperson kostenlos Bus und Straßenbahn fahren, bis zum ersten Geburtstag des Knirpses.
Alle Artikel sind mit den jeweiligen Firmenlogos bedruckt. Und Josef Rahmen, der vorsitzende Geschäftsführer der “Leipziger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft” (LVV) macht keinen Hehl aus der Bedeutung der Aktion für jene kommunalen Unternehmen, die immerhin Tochtergesellschaften der LVV sind: “Es ist ein sehr erfolgreiches Marketing.” Und damit ein wichtiges Werbeinstrument, um die Neu-Leipziger von Geburt an mit den kommunalen Firmen bekannt zu machen. “Wenn wir zum Beispiel an die Stadtwerke denken, die gehören nicht immer zu den billigsten. Das können sie auch gar nicht. Aber die kommunalen Unternehmen gehören der Stadt und damit den Leipzigern”, unterstreicht Rahmen. Eine frühe Markenbindung schaffen und nutzen, das ist ein Sinn, welcher hinter der Babybox steckt.

Die Konzentration auf kommunale Firmen ist jedoch nicht konsequent durchgehalten worden: Auch die Sparkasse Leipzig und die Leipziger Volkszeitung (LVZ) sind in der Babybox vertreten. Erstere mit Söckchen, die das Emblem der Bank tragen, und einem Gutschein. Letztere mit einer Ausgabe ihres Familienmagazins, welches auch im Familieninfobüro zur Mitnahme ausliegt. Wie das zusammenpasst, erklärt Rahmen so: “Als wir die Box ins Leben riefen, haben wir händeringend nach Partnern gesucht, die mitmachen. Schließlich entstehen auch Kosten für die Produktion der Box. Andere Firmen haben wir damals nicht gefunden.” Und nun will er keine anderen Firmen mehr in der Box zulassen. “Jetzt auf den fahrenden Zug aufspringen, das fände ich nicht gut”, sagt er. Angaben zu den Kosten kann er auf Nachfrage nicht machen.
Wenigstens erfüllt die Begrüßungsbox mehr als nur Marketing-Zwecke für Unternehmen: Das Familieninfobüro profitiert von der Ausgabe der bunten Pakete. “90 Prozent aller frischgebackenen Eltern holen sie auch bei uns ab”, sagt Büroleiterin Cornelia Pauschek. Das Familieninfobüro ist eine zentrale Anlaufstelle für alle Fragen rund um Kind und Kegel. “Die Besucherzahl ist in den anderthalb Jahren, seit es die Box gibt, gestiegen”, bilanziert Familienbürgermeister Fabian. Eröffnet im Dezember 2008, haben bis August diesen Jahres rund 32.000 Familien das Büro aufgesucht.

Es entstand in Zusammenarbeit mit dem Bündnis “Familienstadt Leipzig”, welches Lobbyarbeit für Eltern und Kinder auf allen Ebenen leistet. Das Familieninfobüro gibt Formulare für Kindergeld-, Elterngeld oder Betreuungsgeld aus. Die Mitarbeiter helfen auch bei der Antragsstellung, beantworten Fragen auch am Telefon oder per E-Mail. “Wir werden von vielen Seiten unterstützt”, sagt Leiterin Pauschke. Die kommunale IT-Firma Lecos zum Beispiel sponserte die Computer, das Berufsbildungswerk Leipzig stellt einen Mitarbeiter ein paar Stunden pro Woche frei, in denen er hier tätig ist. Im Büro arbeiten feste und ehrenamtliche Mitarbeiter zusammen. Pro Jahr werden hier im Schnitt 800 Stunden freiwillige Arbeit geleistet.

Kommen, das kann die ganze Familie, auch wenn diese noch in der Entstehung begriffen ist. “Wir bieten auch Thementage zu Schwangerschaft und Geburt”, so Pauschke. Und das Büro koordiniert die strickenden Seniorinnen, welche Babyschuhe anfertigen, die kostenlos mit der Babybox ausgeteilt werden. “Und auch unser Wickelraum wird gerne genutzt”, sagt Pauschke. Zudem wird die Broschüre “Leipzig für Familien” ausgegeben – ein Handbuch, welches wichtige Adressen zu Geburtshilfe, Notfällen und Bürokratie, aber auch Bildung und Mitgestaltung versammelt. Insgesamt bietet das Familieninfobüro Hilfe und Orientierung in der Großstadt. Besonders die Zugezogenen unter den jungen Familien profitieren von diesem wichtigen Angebot.

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