„Das Gesetz stärkt den sächsischen Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz entscheidend. Für mich ist es bundesweit eines der modernsten in diesem Bereich“, so Innenminister Armin Schuster zur heute vom Kabinett zur Einbringung in den Landtag beschlossenen Gesetzesnovelle.

Über 60 der insgesamt 74 Paragraphen werden mit dem „Vierten Gesetz zur Änderung des Sächsischen Gesetzes über den Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz“ – so der vollständige Name des Artikelgesetzes – geändert, davon viele deutlich überarbeitet, weitere neue ergänzt.

„Wir stärken die kommunale Zusammenarbeit u. a. mit Stützpunktfeuerwehren, schaffen wesentliche Regelungen, die Helfer bei Notfalleinsätzen gleichstellen, ergänzen unterhalb des Katastrophenfalls mit der Einsatzkategorie Großschadensereignis klare Führungstrukturen und legen zugleich den Rahmen fest, wie sich der Freistaat zukünftig an Kosten solcher Großschadensereignisse finanziell beteiligt“, erklärt der Staatsminister und ergänzt:

„Das Gesetz ist auch die Grundlage für ein Ersthelfersystem im Rettungsdienst und die Erprobung innovativer Konzepte zur Verbesserung der rettungsdienstlichen Versorgung. Schlussendlich werden viele Mitbürger von den Anpassungen profitieren, von denen viele noch im bereits laufenden Verfahren entwickelt wurden, um zeitnah aktuelle Erkenntnisse etwa aus der Katastrophe im Ahrtal 2021 und den Waldbränden in Sachsen 2022 noch mit einfließen zu lassen. Diese Dynamik muss das Gesetz auch weiter prägen, um stets auf aktuelle Herausforderungen reagieren zu können.“

Kostenbeteiligung des Freistaats bei Großbränden | Kreisbrandmeister übernimmt bei erstmals umfassend definierten „Großschadensereignis“

Erstmals im Gesetz verankert ist, dass der Freistaat den kreisangehörigen Städten und Gemeinde Hilfen gewähren kann, die durch einen Einsatz ihrer Feuerwehr entstehen. Voraussetzung ist u. a., dass zur Bewältigung des Schadensereignisses mindestens eine Führungsgruppe eingesetzt war (Führungsstufe C) und der Einsatz über mehrere Tage erfolgte.

Zudem wird der Begriff des „Großschadensereignisses“ erstmals umfassend definiert – als Geschehen, das u. a. eine große Anzahl von Menschen gefährdet und zu dessen Bekämpfung die Kräfte des örtlichen Brandschutzes nicht ausreichen. Bei einem solchen Ereignis, das die untere Brandschutz-, Rettungsdienst- und Katastrophenschutzbehörde feststellt, übernimmt der Kreisbrandmeister für die betroffenen Gemeinden die Einsatzleitung.

Zugleich besteht die Möglichkeit, zusätzlich Führungsunterstützung auch durch den Freistaat in Anspruch zu nehmen. Hier stehen nicht nur Bezirksbrandmeister und der Landesbranddirektor, sondern auch die Landesfeuerwehr- und Katastrophenschutzschule mit ihrem Fachpersonal für Großlagen zur Unterstützung zur Verfügung.

„Dass diese Passagen im Gesetz stehen, ist auch ein Ergebnis der verheerenden Waldbrände im vergangenen Jahr und ein deutliches Signal, dass wir die rechtlichen Grundlagen für eine noch bessere Krisenbewältigung justieren und dass der Freistaat auch finanziell stets an der Seite der Kommunen steht“, so Innenminister Armin Schuster.

Stützpunktfeuerwehren als neues Instrument der kommunalen Zusammenarbeit

Den Kommunen soll es künftig möglich sein – in Zusammenarbeit mit einer oder mehreren Partnergemeinden – eine Stützpunktfeuerwehr einzurichten. Insbesondere mit dem Ziel, die dauerhafte Absicherung der Tageseinsatzbereitschaft zu gewährleisten.

Stützpunktfeuerwehren ergänzen die kommunal jeweils „eigenen“ Gemeindefeuerwehren. Ein denkbares praktisches Szenario wäre, wenn bspw. Kameraden einer besonders leistungsfähigen Feuerwehr in einer großen Gemeinde umliegende kleine Gemeinden bei der Absicherung Tageseinsatzbereitschaft unterstützen, im Rahmen verbindlicher Vereinbarungen. Auch eine Zweckverbandsfeuerwehr wäre rechtlich nun möglich. Das unterstreicht das neue, breitere Spektrum der Möglichkeiten zur interkommunalen Zusammenarbeit.

Helfer werden gleichgestellt: Bergwacht und Wasserrettungsdienste ins Gesetz integriert

Für Angehörige der Bergwacht und der Wasserrettungsdienste gab es in Sachsen bisher bei Einsätzen in der Notfallrettung keine Regelungen bzgl. der Freistellungs- und Lohnfortzahlungs- bzw. Verdienstausfallansprüche – das ändert sich mit dieser Gesetzesnovelle. „Damit ist die einheitliche Anwendung der Freistellungsregelung für alle ehrenamtlich Tätigen im Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz sichergestellt“, erklärt Schuster.

Darüber hinaus wird eine weitere Regelungslücke geschlossen: Für ärztliche Eignungsuntersuchungen werden ehrenamtlich tätige Angehörige der Freiwilligen Feuerwehr sowie ehrenamtliche Helfer im Katastrophenschutz zukünftig unter Lohnfortzahlung freigestellt.

Schutz Kritischer Infrastrukturen ausdrücklich im Gesetz erwähnt

Der Schutz „Kritischer Infrastrukturen“ wird erstmals ausdrücklich ins Gesetz aufgenommen. Dem Sächsischen Staatsministerium des Innern als oberste Brandschutz-, Rettungsdienst- und Katastrophenschutzbehörde obliegt dabei eine Koordinierungsfunktion. Zudem wird die Staatsregierung – insbesondere zur Zusammenarbeit der zuständigen Behörden miteinander und mit den Betreibern von Kritischen Infrastrukturen – eine Rechtsverordnung erlassen.

„Der russische Angriffskrieg hat uns ziemlich deutlich gemacht, wie wichtig der Schutz unserer Infrastruktur ist. Sachsen ist mit eines der ersten Bundesländer, das explizite Regelungen hierzu in einem Gesetz festhält“, erklärt Staatsminister Schuster.

„Spontanhelfer“ explizit im Gesetz erwähnt

Erstmals im Gesetz festgelegt ist der Einsatz von Spontanhelfern – die Koordination und Organisation obliegt den Landkreisen und Kreisfreien Städten. Die organisatorische Vorbereitung der Einbindung von Spontanhelfern gehört bereits bisher zu den Aufgaben, wird nunmehr aber ausdrücklich aufgenommen, um die Wichtigkeit des spontanen Engagements während der Katastrophe zu unterstreichen.

Kriseninterventionsteams in Strukturen des Katastrophenschutzes integriert

Kriseninterventionsteams, die in der Regel u. a. bei schweren Unfällen zur psychischen Unterstützung der Betroffenen zum Einsatz kommen, werden in die Strukturen des Katastrophenschutzes integriert – damit gehören sie als Katastrophenschutzeinheit zukünftig einem kommunalen Träger an und stehen im Katastrophenfall ebenso unter einheitlicher Führung.

Rechtliche Grundlage für organisierte Erste Hilfe bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes

Organisierte Erste Hilfe dient der qualifizierten Erstversorgung eines Patienten bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes – erstmals ist eine rechtliche Grundlage hierzu im Gesetz verankert. Den Trägern des Rettungsdienstes wird die Möglichkeit eröffnet, Vereinbarungen zu schließen, die darauf abzielen, bei einem Notfall Helfer mit einer über die Grundkenntnisse in der Ersten Hilfe hinausgehenden medizinischen Qualifikation zu alarmieren und einzusetzen.

Experimentierklausel für innovative Ansätze im Rettungsdienst – etwa bei der Telemedizin

Mit einer neu im Gesetz verankerten Experimentierklausel werden Modellprojekte ermöglicht, um innovative Konzepte zur Verbesserung der rettungsdienstlichen Versorgung testen zu können – bspw. im Bereich der Telemedizin.

Optionale Bereichsausnahme lässt Aufgabenträgern bei Ausschreibungen der Rettungswachen mehr Spielraum

Den Aufgabenträgern des Rettungsdienstes in Sachsen soll damit ermöglicht werden – unter Beachtung der sonstigen rechtlichen Rahmenbedingungen – selbst über die Art des Verfahrens zu entscheiden, das zur Auswahl der jeweiligen Leistungserbringer führt.

Weitere Anpassungen und Ergänzungen im neuen BRK-Gesetz

  • Kinder- und Jugendfeuerwehren erhalten erstmals einen „eigenen“ Paragraphen, können zudem kombiniert betrieben werden – das unterstreicht die Wichtigkeit der Jugendarbeit.
  • Landeseinheitliche Stundensätze für die Berechnung des Kostenersatzes bei Einsätzen der Feuerwehr werden eingeführt – das erleichtert den Verwaltungsaufwand für die Kostenkalkulation der Kommunen deutlich.
  • Neue Kostentatbestände, u. a. bei Einsätzen wegen ungeprüfter Falschalarme im Rahmen bestimmter E-Call-Funktionalitäten von Kfz und ungeprüfter Weiterleitung von Falschalarmen automatischer Brandmeldeanlagen werden aufgenommen.
  • Integration der Kriseninterventionsteams in die Strukturen des Katastrophenschutzes.
  • Straffung der Vorschriften zu den Gefahren- und Risikoanalysen und zur Erstellung der Katastrophenschutzpläne einschließlich der landesweiten Katastrophenschutzplanung.
  • Die oberste Brandschutz-, Rettungsdienst- und Katastrophenschutzbehörde kann eine landesweite Materialvorhaltung für Katastrophen einrichten und unterhalten – damit hält die Erfahrung aus der Corona-Pandemie Einzug ins Gesetz.
  • Das Erfordernis der neutralen Dienstausübung der Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehren wird durch die Konkretisierung des Begriffs »Eignung« unterstrichen – eine präventive Maßnahme, um bei möglichem Fehlverhalten besser reagieren zu können
  • Die Landesfeuerwehrschule unterstützt die Aus-und Fortbildung, die die Kreisbrandmeister wahrnehmen, mit der Erstellung von einheitlichen Aus- und Fortbildungsunterlagen.

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