Wer in Leipzig sein Auto an- oder ummelden will, kennt das Prozedere: Termin bei der Zulassungsstelle, Wartezeiten, Nummer ziehen, Unterlagen – oh leider nicht vollständig, na okay, dann nächste Woche auf ein Neues – und die Schilder nicht vergessen! Dass dieser Ablauf nicht nur aus der Zeit gefallen wirkt, sondern schlichtweg auch total unpraktisch und zeitraubend ist, überrascht kaum. Doch langsam bewegt sich auch da etwas: Die Digitalisierung der Fahrzeugzulassung kommt voran – zumindest auf dem Papier.

Leipzigs Verwaltung per Mausklick

In Städten wie Leipzig lässt sich inzwischen vieles online erledigen. Wunschkennzeichen reservieren, i-Kfz-Anträge stellen, Zulassungen digital abwickeln – der bürokratische Marathon könnte sich künftig in einen Spaziergang verwandeln. Doch wie gut funktioniert das in der Praxis? Und erreichen die digitalen Lösungen wirklich alle?

Die Idee klingt verlockend: Statt auf einen Behördentermin zu hoffen, kann man sein Kennzeichen online bestellen und die passenden Schilder bekommt man inzwischen auch schon online angeboten. So wäre eine Fahrzeugzulassung komplett digital abschließbar. Möglich macht das das sogenannte i-Kfz-Verfahren, das in seiner aktuellen Ausbaustufe Privatpersonen eine vollständige Online-Zulassung erlaubt – ohne Gang zur Behörde, ohne Papierformulare.

Seit 2023 ist die Stufe 4 freigeschaltet: Anmelden, ummelden, abmelden – alles soll digital gehen. Voraussetzung: ein Personalausweis mit aktivierter eID-Funktion, ein Bankkonto für die Kfz-Steuer, eine gültige eVB-Nummer von der Versicherung – und idealerweise etwas technisches Verständnis.

Denn so reibungslos, wie es auf dem Infoportal des Bundesverkehrsministeriums klingt, läuft es in der Realität meist doch nicht. Leipzig ist offiziell Teil der bundesweiten Digitalisierungsstrategie. Doch die Praxis zeigt, viele nutzen die neuen Möglichkeiten nicht. Gründe sind vielfältig – von fehlendem Wissen über digitale Angebote bis hin zu Misstrauen oder Überforderung. Vor allem ältere Menschen oder Personen ohne regelmäßigen Internetzugang bleiben außen vor.

Dabei sind die Vorteile klar: weniger Lauferei, kürzere Wartezeiten, kein Schlangestehen. Besonders für Berufstätige oder Menschen in ländlichen Regionen kann die digitale Anmeldung ein echter Zugewinn sein. Doch der Zugang entscheidet – nicht das Angebot allein.

Mehr als nur Zulassung: E-Government wächst – aber ungleich

Die Fahrzeugzulassung ist nur ein Beispiel dafür, wie sich viele verwaltende Prozesse ins Digitale verschieben. Auch andere Bereiche gehen diesen Weg: Melderegister-Anfragen, Elterngeldanträge, Führerscheinumtausch oder digitale Meldebescheinigungen – vieles lässt sich heute in einigen Städten online beantragen. Doch der Zugang dazu variiert stark.

Was in einer Kommune längst Standard ist, fehlt anderswo völlig. Die Nutzerfreundlichkeit und Auffindbarkeit digitaler Angebote bleibt eine Herausforderung. Ohne zentrale Plattform und mit vielen verschiedenen Portalen ist E-Government für viele Menschen noch immer ein Suchspiel – mit unterschiedlichen Regeln je nach Wohnort.

E-Government. Foto: pexels via pixabay

Auf Bundes- und EU-Ebene ist die Richtung klar: Bis 2026 sollen zentrale Verwaltungsleistungen digital verfügbar sein – für alle Bürger. Das sogenannte Onlinezugangsgesetz (OZG) verpflichtet Behörden, über 575 Dienstleistungen in digitaler Form bereitzustellen. In der Theorie bedeutet das: keine Behördengänge mehr, keine Papierformulare, keine Öffnungszeiten. Die Realität sieht jedoch anders aus.

Viele Kommunen kämpfen mit veralteten IT-Systemen, Personalmangel oder rechtlichen Unsicherheiten. Während in einer Stadt das digitale Führerscheinportal bereits läuft, braucht man in der Nachbargemeinde immer noch einen Ausdruck in dreifacher Ausführung. Die Geschwindigkeit des digitalen Wandels hängt damit oft vom Engagement einzelner Behörden und der politischen Unterstützung vor Ort ab – nicht vom Bedarf der Bevölkerung.

Was der digitale Weg leisten kann – und wo nicht

Der eigentliche Gewinn liegt nicht im eingesparten Gang zum Schilderladen. Es geht um Teilhabe. Um die Frage, wie Verwaltung gestaltet sein muss, damit möglichst viele davon profitieren. Die Digitalisierung darf kein Elitenprojekt bleiben, das nur denen offensteht, die sich ohnehin gut im Netz bewegen.

Was fehlt, sind klare Strukturen, einfache Sprache und Hilfsangebote – vielleicht sogar digitale Lotsen, die Menschen durch die Prozesse begleiten. Denn wer kein Online-Banking nutzt, wird auch mit E-Government zu kämpfen haben. Und wer keinen Internetzugang hat, bleibt schlicht außen vor.

Es reicht nicht, digitale Optionen bereitzustellen. Sie müssen niedrigschwellig, verständlich und inklusiv gestaltet sein. Gerade Großstädte wie Leipzig, in denen viele soziale Realitäten aufeinandertreffen, brauchen Angebote, die alle erreichen – nicht nur die Technikaffinen. Solange digitale Verwaltung als Bonus verstanden wird, nicht als Grundversorgung, bleibt sie lückenhaft.

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