Die Landestalsperrenverwaltung Sachsen (LTV) plant die Sanierung und den Ausbau des Nahleauslassbauwerkes. Nach eigener Auskunft hat sie sogar schon mit den Bauarbeiten begonnen. Kostenpunkt: 3,5 Millionen Euro. Das alte Wehr soll komplett abgerissen werden. Beim anschließenden Neubau will die LTV auf über hundert Metern Länge bis zu 10 Meter tiefe Spundwände in den Auenboden treiben und die alte Wehrschwellenhöhe wieder einbauen. Ein Unding, findet der Ökolöwe.

Ursprünglich beabsichtigten die Wasserbehörden gemäß dem Hochwasserschutzkonzept 2004 “Weiße Elster”, die Wehrschwelle des Nahleauslassbauwerkes abzusenken, um durch Entlastungsflutungen in die Burgaue den Rückstau in die Parthe zu vermeiden. Dadurch wären auch zyklisch verlaufende Flutungen des angrenzenden Naturschutzgebietes in ein teilweise schon vorhandenes Grabensystem und andere tief liegende Auenbereiche möglich gewesen. Eben das, was die Stadt mit ihrem Projekt “Lebendige Luppe” gern wiederherstellen möchte.

Doch statt der LTV im Sommer auf deren Anfrage hin einen negativen Bescheid zu schicken und mit ihr gemeinsam die natürliche Wiedervernässung der Burgaue zu beginnen, hat das zuständige Umweltamt der Stadt Leipzig den opulenten Neubau des Nahleauslasswerks genehmigt. Die Stellungnahme des Ökolöwen hat es dabei völlig vom Tisch gefegt.

Doch das aktuelle Festhalten der LTV an der alten Wehrhöhe ruft seit Jahren den Widerstand der Leipziger Umweltverbände hervor. Der Ökolöwe tritt besonders energisch gegen die sehr kostspielige und künstliche Trockenhaltung des Auwaldes auf.Dazu sagt Holger Seidemann, Vorstand des Ökolöwen: “Der Ausbau ist eine ökologische Katastrophe. Wenn die alte Lösung mit der starren und hohen Wehrschwelle erst einmal ausgeführt ist, wird das Naturschutzgebiet ‘Burgaue’ weiter austrocknen. Wir regen zur Gesundung der deutschlandweit einzigartigen Hartholzaue im Leipziger Auwald seit Jahren natürliche Vernässungen an.”

Dass die Burgaue eine natürliche Auendynamik mit häufigen Flutungen und Sedimenten braucht, sei selbst im Sächsischen Umweltministerium unbestritten.

“Die Landestalsperrenverwaltung untersteht direkt dem Umweltministerium von Frank Kupfer. Dieses Ministerium weist in seinem ‘Handbuch über die Naturschutzgebiete in Sachsen’ auf die Austrocknung der Burgaue hin und fordert deren Wiedervernässung ein!”, betont Seidemann. “Auch im Hinterland des Nahleauslassbauwerkes sind in einem ordentlichen Verwaltungsverfahren alle Probleme lösbar. Die wenigen wasserempfindlichen Einzelgebäude in der Nordwestaue können, wie im Hochwasserschutzkonzept 2004 beschrieben, direkt per Ringdeich gesichert werden, sofern sie überhaupt bei den kleinen Flutungen betroffen sind. Auf jeden Fall würden sie bei den unvermeidlichen großen Hochwässern wie 2011 und 2013 davon profitieren.”

Doch unbeirrt setzt die Landestalsperrenverwaltung mit Rückendeckung des Leipziger Umweltamtes seine Abschottungsstrategie im Leipziger Auwald fort. Und das auf teure Weise. Eine Umwandlung der Burgaue in ein natürliches Retensionsgebiet würde nur einen Bruchteil der 3,5 Millionen Euro kosten, die jetzt der Neubau verschlingen soll. Übrigens ein typisches Projekt innerhalb der sächsischen Hochwasserschutzstrategie, die seit dem Hochwasser von 2002 zu 96 aus reinen technischen Baumaßnahmen besteht, während die Öffnung natürlicher Überschwemmungsflächen sträflichst vernachlässigt wurde.

Die Staatsregierung rühmte sich zwar im Juni 2013, wie gut ihre Wasserbollwerke sich bewährt hätten. Dass der Wasserdruck mit den noch 2003 angedachten Deichrückverlegungen aber deutlich geringer gewesen wäre, das wird dabei gern verschwiegen.

Und dass im Bereich von Luppe und Weißer Elster mit den millionenteuren Deichen die Austrocknung des Auenwaldes weiter zementiert wird, ist nach den Hochwassern 2011 und 2013 nicht mehr erklärbar. Denn das sind genau die Wasser, die der Auenwald braucht.

“Die Geländehöhe hinter dem Wehr lässt die Absenkung der Wehrschwelle mindestens auf Höhe der Grabensohlen (zirka einen Meter tiefer) zu. Das können sich alle Leipziger selbst ansehen”, stellt Seidemann fest. Denn die hohe Wehrschwelle sorgt auch dafür, dass auch kleine Hochwasser nicht in den Auenwald fließen können, selbst wenn das Auslasswerk geöffnet wäre. Im Fall großer Hochwasser wie 2011 und 2013 muss es sogar geöffnet werden, denn diese Wasserlasten richten vor allem im flussabwärts gelegenen Halle Schäden an. Ein Alarmismus, der nicht einmal nötig wäre, wenn die Burgaue von vornherein als Überschwemmungsraum zur Verfügung stünde.

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar