Es gibt wohl doch Leute, die mit dem Gelände der ehemaligen Bahnstrecke zwischen Großzschocher und Lausen etwas anfangen können. Die Bahn hat das Gelände augenscheinlich verkauft. Und der Käufer ist nicht die Stadt Leipzig, obwohl sie das Vorkaufsrecht hat. Die Bahn hat ihr das Grundstück sogar angedient. Doch die Leipziger Stadtverwaltung begründete lieber, wie nutzlos das Gelände wäre. Für einen Radweg schon gar.

“Perspektivisch ist der Erwerb der stillgelegten Bahnstrecke zwischen Großzschocher und Lausen von größtem Nutzen für eine Entwicklung in der Verlängerung des bestehenden Elster-Saale-Radwegs” sagt Heike König, Stadträtin und stellvertretende Fraktionsvorsitzende Bündnis 90/Die Grünen und wendet sich damit gegen den Verwaltungsstandpunkt, mit dem das Wirtschaftsdezernat begründet hatte, dass die Stadt keinen Sinn darin sieht, das aufgegebene Gleisgelände zu erwerben. “Denn der Elster-Saale-Radweg auf Leipziger Gemarkung würde so an den von Lützen und Markranstädt kommenden touristischen, gut ausgebauten und hoch attraktiven Radweg auf der alten Bahn-Trasse anschließen. Damit wäre die neue Leipziger Trasse sowohl touristisch die deutlich attraktivere, zum anderen wären durch die Verknüpfung des Kulkwitzer Sees mit dem GleisGrünZug Bahnhof Plagwitz und der Anbindung von Kleinzschocher/Schleußig viele Kombinationen auch für Leipziger sehr interessant.”

Die Stadtratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen hatte vor dem Sommer 2014 den Antrag gestellt, dass die Verwaltung schnellstmöglich mit der DB in Verbindung treten soll, um die stillgelegte Bahnstrecke zwischen Großzschocher und Lausen im Sinne der Flächenbevorratung zu erwerben. Die Verwaltung hat sich in ihrem Standpunkt dahingehend geäußert, dass sie aufgrund der Festlegungen im Radverkehrsentwicklungsplan keinen Bedarf für eine Rad-Nachnutzung der Bahnstrecke entlang des Lausner Weges sieht. Vielmehr hält sie an der Trassierung über die Alte Salzstraße durch Grünau fest. Gleichwohl sieht sie einen Instandsetzungsbedarf für den Lausner Weg.

In einer Antrags-Neufassung vom 8. Oktober fordert die Grünen-Fraktion nun, mindestens aber das rund 1,2 km lange Teilstück zwischen Lausner Straße und Lausner Weg / Miltenberger Straße zu kaufen. Damit soll die Verbindung des von Markranstädt kommenden touristisch bedeutsamen Elster-Saale-Radweges über den bestehenden gut geeigneten Weg parallel zur Bahnstrecke zwischen Kulkwitzer See und Lausner Straße bis zum Lausner Weg, Ecke Miltenberger Straße hergestellt werden, um dann über den Lausner Weg Richtung Bahnhof Plagwitz fortgeführt zu werden. Die Begründung der Grünen dafür: “Die Stadt Leipzig sollte im Hinblick auf die jetzt schon bestehenden und derzeit nicht ausreichend zu bedienenden Bedarfe an Wohnraum, Erholungsraum, Kitas, Schule etc. generell immer darauf drängen, geeignete Flächen in dicht besiedelten Stadtgebieten, die zum Verkauf stehen und die im Zuge der zukünftigen Stadtentwicklung vor dem Hintergrund des anhaltenden Bevölkerungswachstums wichtig erscheinen, zu kaufen.”
Die stillgelegte Bahnstrecke ist für einen vergleichsweise geringen finanziellen Aufwand zu kaufen. Sie bietet sich als potenzielle Baufläche für Wohnungsbau, Bildungs-/Sozialeinrichtungen oder Park an. Selbst eine spätere Veräußerung an Dritte zur privaten Bebauung ist vorstellbar und allemal sinnvoller und ggf. auch wirtschaftlicher, als die Fläche direkt und ohne Not in die Hände privater Investoren durch die DB fallen zu lassen.

Auch der involvierte Stadtbezirksbeirat Südwest hat in seiner Sitzung am Mittwoch, 8. Oktober, einstimmig dieser Neufassung seine Zustimmung und Unterstützung erteilt.

“Mit Empörung nehmen wir inzwischen die noch interne Information zur Kenntnis, dass wohl die Bahn die Strecke inzwischen an einen Dritten verkauft hat – an wen und zu welchen Konditionen entzieht sich unserer Kenntnis. Offenbar hat der zuständige Wirtschaftsbürgermeister Albrecht nichts getan, um gegebenenfalls den Stadtratswillen, so denn der Antrag eine Mehrheit findet, zu berücksichtigen und sich eine Option auf die Flächen zu sichern”, sagt Stadträtin Heike König.

Aber noch bestehe eine Möglichkeit, die Flächen für Leipzig zu sichern.

“Zu JEDEM Grundstückskauf muss die Stadt Leipzig eine Vorverkaufs-Verzichtserklärung abgeben. In diesem Moment kann sie bei berechtigtem, öffentlichem Interesse den Vorkauf ausüben (so geschehen z. B. beim Jahrtausendfeld). Damit hat der Gesetzgeber gesichert, dass eine Kommune in jedem Fall Zugriff auf wichtige Flächen hat, die diese für die eigene Infrastrukturentwicklung braucht”, sagt König. “Wir erwarten jetzt vom OBM, dass in dieser Angelegenheit entschlossen und aufmerksam gehandelt wird und die Stadtverwaltung nicht noch diese letzte Möglichkeit verschläft. Solange der Stadtrat sich mit diesem möglichen Ankauf beschäftigt, hat die Verwaltung dafür Sorge zu tragen, dass einem möglichen Willen des Stadtrates Genüge getan werden kann. Zumal u.a. auch die Stadt Markranstädt, Pro Leipzig e.V. und der ADFC seit langem auf die Realisierung dieser Variante drängen.”

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