Sachsen ist stolz auf seine lange Bahntradition. Am 7. April wurde das 175-jährige Bestehen der ersten deutschen Fernbahn Leipzig - Dresden gefeiert. Doch in der Wiege des Eisenbahnwesens hapert es auch im Jahr 25 nach der Wende am Tempo beim Bahnausbau, wie die Antwort auf die Kleine Anfrage (BT-Drs. 18/778) der Grünen Bundestagsfraktion ergab. In Sachen Eisenbahn ist das moderne Sachsen ein Bummelzug.

“Für die Vollendung der laufenden Bahnprojekte fehlt in Sachsen fast eine Milliarde Euro”, stellt Stephan Kühn, sächsischer Bundestagsabgeordneter von Bündnis 90/Die Grünen und Sprecher für Verkehrspolitik der Bundestagsfraktion, fest. “Der erhebliche Rückstand bei der Eisenbahninfrastruktur ist auch ein Ergebnis der einseitigen Landespolitik, die allein auf den Autobahnausbau gesetzt hat. Sachsens unattraktive Fernverkehrsanbindung geht teilweise auf die Defizite bei der Infrastruktur zurück. Wir brauchen ein Fernverkehrsangebot aus einem Guss mit kürzeren Fahrzeiten und neuen Verbindungen, die mit dem Nahverkehr der Region vertaktet sind. So gewinnen wir neue Fahrgäste für die Bahn. Die Vollendung der begonnenen Schienenprojekte ist dafür Voraussetzung. Bis auf den Ausbau der niederschlesischen Gütermagistrale über Hoyerswerda und Horka, die 2017 in Betrieb gehen soll, kann der Bund derzeit für alle übrigen Schienenprojekte des Bundesverkehrswegeplans in Sachsen keinen Fertigstellungstermin nennen.”

Nach wie vor das größte Sorgenkind ist die Ausbaustrecke Berlin – Dresden.

“Von den Reisezeiten der 1930er-Jahre können wir auch 2014 nur träumen”, sagt Kühn. “An der Reisezeit von derzeit zwei Stunden und 17 Minuten wird sich bis 2019 nicht viel ändern können, da erst jetzt konzentriert gebaut werden soll.”

Dabei geht die notwendige Beseitigung der niveaugleichen Bahnübergänge weiterhin schleppend voran. Von geplanten 21 Bahnübergängen, die durch Unter- bzw. Überführungen ersetzt werden müssen, befinden sich gerade ganze zwei im Bau. Der überwiegende Teil der restlichen Ersatzmaßnahmen befindet sich in der frühen Phase der Entwurfsplanung. Die Beseitigung der Bahnübergänge im 80 Kilometer langen Abschnitt für 200 km/h bleibt bei dem Ausbauvorhaben der Risikofaktor für mögliche weitere Verzögerungen.

Um die angestrebte Reisezeit von 74 Minuten zwischen Spree und Elbe zu erreichen, müssen weitere 250 Millionen Euro (2. Baustufe) investiert werden und die Dresdener Bahn in Berlin für mindestens 400 Millionen Euro wiederaufgebaut werden – Finanzierung und Baubeginn unklar. Die Fertigstellung der Dresdener Bahn in Berlin steht jetzt wieder in den Sternen, da in Lichtenrade nun doch ein Tunnel gebaut werden soll. Für die Planung ist dies die Stunde Null. Die Inbetriebnahme dieses auch für die Anbindung des Flughafens BER wichtigen Abschnitts dürfte nun deutlich nach 2020 liegen.

Aber auch bei der Jubiläumstrecke Leipzig – Dresden, immerhin ein Verkehrsprojekt Deutsche Einheit, sind allein für die Vollendung noch Finanzierungsvereinbarungen zwischen dem Bund und der Deutschen Bahn in Höhe von 250 Millionen Euro abzuschließen. Wann die Fahrzeit von etwas mehr als einer Dreiviertelstunde zwischen Leipzig und Dresden erreicht werden soll, kann die Bundesregierung nicht sagen.

Den größten Rückstand gibt es aus finanzieller Sicht bei der Sachsen-Franken-Magistrale: Insgesamt 550 Millionen Euro muss der Bund hier noch investieren. Bisher fehlt dafür eine Finanzierungsvereinbarung zwischen Bund und DB AG, so dass die Bundesregierung bei der Frage nach Terminen hier im Dunkeln tappt. Damit stehen die wesentlichen Schwerpunkte für den kommenden Bundesverkehrswegeplan schon fest: Zügige Fertigstellung aller sächsischen Schienenprojekte.

Website:
http://stephankuehn.com

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